Die Drachenreiter von Pern 10 - Der Renegaten von Pern
sie sich Feuerechsen zulegen sollte, die ja angeblich hören konnten, was die Drachen sagten. Unvermutet auftauchende Patrouillenreiter, die eine größere Anzahl von Berittenen und Packtieren auf verlassenen Wegen bemerken würden, waren eine ständige Gefahr. Wenn sie rechtzeitig gewarnt würde, sobald ein Drache sich näherte, hätte sie noch Zeit, in Deckung zu gehen. Aber als sie auf einem Fest in Bitra zum ersten Mal Feuerechsen gesehen hatte, war ihr klar geworden, daß diese Tiere für ihre Zwecke viel zu viel Lärm machten. Sehr oft hatten ihre Überfälle nur Erfolg, weil sie völlig lautlos vonstatten gingen.
Sie tat sich viel darauf zugute, daß sie wahrscheinlich mehr über die Burgen und ihr Herrschaftsgebiet wußte als die Barone selbst, Asgenar von Lemos vielleicht ausgenommen. Inzwischen hatte sie erfahren, daß er die scheinbar zusammenhanglosen Diebstähle allmählich als ernstzunehmendes Problem erkannte. Sie konnte es nicht wagen, einen ihrer Männer in seine Burg einzuschleusen, aber Sifer von Bitra besaß bei weitem nicht so viel Übersicht. Hier bot sich eine Chance, und so hatte sie Keita losgeschickt, damit sie sich an einen der Verwalter heranmachte. Es wurde ohnehin höchste Zeit, das kokette Frauenzimmer loszuwerden, das es nicht lassen konnte, die weibstollen Männer zu reizen. In Bitra kam sie auf ihre Kosten und konnte außerdem für Thella die Ohren offenhalten.
Dushik begann wieder zu schnarchen, aber ehe sie ihn treten konnte, war ihr der Mann auf der anderen Seite schon zuvorgekommen. Endlich schlief sie ein.
Readis weckte die Banditen am nächsten Morgen, ehe es hell wurde. Man holte Wasser von einem nahegelegenen Bach, um die trockene Verpflegung hinunterzuspülen. Als die Männer hinausschlüpften, um ihre Notdurft zu verrichten, ermahnte Thella Dushik noch einmal, Felleck im Auge zu behalten. Sie trauten dem Mann, der ständig klagte und jammerte, alle beide nicht, aber er hatte sich als geschickter Wher-Fänger erwiesen und kannte die eßbarsten Tunnel- und Felsschlangenarten, außerdem hatte man ihn aufgenommen, weil er sehr stark war.
Perschar würde Giron nicht von der Seite weichen.
Thella war immer noch nicht dahintergekommen, warum sich der ehemalige Drachenreiter für diesen Raubzug gemeldet hatte. In den letzten Monaten war er munterer geworden und starrte nicht mehr so erschreckend ins Leere. Readis hatte ihn in den Höhlen von Igen entdeckt, wo so viele Heimatlose Zuflucht suchten, und er hatte angenommen, Thella könne einen ehemaligen Weyrbewohner gut gebrauchen. Perschar, der sich auf Wundversorgung und das Einrichten von Knochenbrüchen verstand, führte Girons Verwirrtheit auf seine tiefe Kopfwunde zurück. Und natürlich wäre Thella niemals so grausam oder so dumm gewesen, ihn wieder wegzuschicken, nachdem er ihre Festung einmal betreten hatte. Seither hatte sich sein Zustand langsam aber stetig gebessert. Nun, da sein Mienenspiel lebhafter wurde, wirkte er sogar recht anziehend und intelligent, auch wenn er nur selten von sich aus den Mund auf tat. Als ehemaliger Drachenreiter genoß er bei den anderen einen gewissen Respekt. Das hatte Thella anfangs gestört, aber inzwischen hielt sie es eher für einen Vorteil.
Der klare Himmel verdüsterte sich, das erste Anzeichen für das Herannahen der Fädenfront. Alles drängte in den hinteren Teil der engen Höhle. Readis machte seinen Flammenwerfer bereit und stellte sich vor den Eingang. Gleichmütig und unerschrocken kauerte sich der ehemalige Drachenreiter hinter ihm auf den Boden.
Obwohl jeder sehen konnte, daß die letzten Sporen weit jenseits des Tales herabschwebten, mußte Thella Felleck und drei andere mit der Peitsche aus der Höhle treiben. Readis hatte signalisiert, daß sie beim Abstieg keine Fäden zu befürchten hatten, und war mit Giron bereits unterwegs. Thella war wütend, weil die anderen nicht aufs Wort gehorcht hatten. Es hing so viel davon ab, daß sie an Ort und Stelle waren, ehe die Bodentrupps Kadross verließen.
Zu guter Letzt hatte jeder seinen Posten hinter dem Felsgrat eingenommen. Sie selbst suchte sich eine Stelle, wo sie das Gebäude, die Stallungen und den Pfad ins Tal hinab, auf dem die Pächter bald abziehen würden, gut überblicken konnte.
Was trödelten diese elenden Bauern nur so lange herum? Die Fädenfront war längst vorübergezogen.
Am Himmel war kein Drachenfeuer mehr zu sehen.
Endlich hörte sie ein metallisches Knirschen, sah die Tür aufschwingen und keuchte
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