Die Drachenreiter von Pern 10 - Der Renegaten von Pern
kleines Boot mit den Farben der Harfnerhalle am Heck lag im Hafen, und Sharra erkannte es sofort.
Nicht zum ersten Mal war Menolly persönlich von der Heilerhalle von Fort gekommen, um Meister Oldives Anteil an Sharras medizinischem Sammeleifer abzuholen. Menolly mochte aus einer Meeresburg stammen, aber sie hatte die Reise noch nie alleine gemacht. Ob Sebell sie wohl begleitet hatte? Toric stand am Steinkai, die Hände in die Hüften gestemmt, sie würden also wohl erst die Ladung löschen müssen, ehe sie Menolly und ihren derzeit noch unbekannten Segelkameraden zu Gesicht bekam.
Dummkopf auszuschiffen und die Stufen hinaufzuführen, bereitete weniger Schwierigkeiten, als Sharra befürchtet hatte. Ramala half ihr, Toric abzulenken - Piemur konnte man auch später noch vorstellen, nachdem ihr Bruder Gelegenheit gehabt hatte, die gefüllten Wannen zu zählen und den Fleiß der Sammler zu würdigen. Doch als Sharra den Jungen glücklich an den Höhleneingang gebracht hatte, hätte der fast seine Traglast fallen lassen.
»Eine Trommel!« Er strich liebevoll über den Rand.
»Die ist mir neu«, sagte Sharra. Sie war überrascht, nicht nur von der Trommel - sie war aus einem der riesigen Mandamo-Bäume herausgeschnitten, in denen ein ganzer Schwarm Feuerechsen Platz fand -, sondern auch von den gemischten Gefühlen, die über Piemurs eigenwilliges Gesicht zuckten: Freude, Sehnsucht und Berechnung.
Er blickte auf und schaute nach Nordwesten über das Meer. Plötzlich, ehe sie ihm Einhalt gebieten konnte, schlug er einen komplizierten Kode auf der Trommel.
Dann hob er die Federfarne auf, die ihm hinuntergefallen waren, und wartete höflich darauf, daß sie ihm den Weg wies.
Die beiden hatten eben Sharras Arbeitsraum erreicht, als ein Schrei durch den Höhlengang hallte.
»Piemur, wo bist du?«
»Sebell?«
Einen winzigen Moment lang war der Junge starr vor Staunen. Dann rannte er aus der Tür, dicht gefolgt von Sharra. Ihr kleiner Streuner kannte Meister Robintons Boten? Als sie in den großen Saal der Burg kam, wurde Piemur bereits abwechselnd von Menolly und Sebell umarmt. Erst als Toric alle niederschrie und eine Erklärung verlangte, bekam Sharra einen genauen Bericht über Piemurs Abenteuer zu hören.
Piemur hatte Sebell nach Nabol begleitet, wo die beiden herausfinden sollten, aus welcher Quelle die vielen Feuerechseneier stammten. Man hatte den inzwischen verstorbenen Baron Meron in Verdacht gehabt, widerrechtlich Handel mit den Alten zu treiben. Piemur hatte die Unverfrorenheit besessen - Sebell warf seinem Lehrling einen vorwurfsvollen Blick zu, weil er der Harfnerhalle so viel Kummer bereitet hatte -, in die Burg einzudringen und eines der Eier zu stehlen, die an Baron Merons Kamin heranreiften. Um nicht entdeckt zu werden, war er in einen Sack gekrochen und eingeschlafen. Auf dem Südkontinent war er wieder aufgewacht, als er Stimmen hörte, und hatte sich in Panik abermals aus dem Staub gemacht.
»Ich werde Mardra, Loranths Reiterin, um nichts in der Welt eingestehen, daß sich in ihrem verdammten Sack tatsächlich jemand versteckt hatte!« erklärte Toric und sah Sebell abweisend an. Dann musterte er Piemur mit so finsterer Miene, daß der Junge unruhig wurde.
»Sie hat die Sache bestimmt schon längst vergessen«, bemerkte Ramala ruhig. »Ich glaube, wir sollten uns lieber mit diesem unternehmungslustigen jungen Mann hier befassen.«
»Er ist der geborene Südländer«, sagte Sharra.
Lemos und Telgar, Südkontinent
12. Planetenumlauf
Thella und ihre siebzehn Banditen brauchten sieben Tage, um ihr Ziel zu erreichen, das Kadross-Anwesen in den Bergwäldern von Lemos. Vier Tage waren sie auf Rennern unterwegs, dann ließen sie ihre Tiere mit einem Wächter in einer gut versteckten Höhle zurück und gingen das letzte Stück des Weges zu einem engen Loch im Berghang eine Stunde oberhalb von Kadross zu Fuß.
Während sie ihren kalten Reiseproviant verzehrten - der Rauch eines Feuers hätte von Baron Asgenars aufmerksamen Waldhütern bemerkt werden können - ging Thella ihren Plan noch einmal durch. Ein paar von den neuen Männern waren mißtrauisch, aber das würde sich legen, wenn sie erlebten, daß gute Planung auch zu guten Ergebnissen führte. Sie zog ihren Dolch und säbelte sich eine Scheibe Rauchfleisch ab, steckte ihn aber nicht wieder ein, sondern warf ihn beim Auf- und Abgehen mit der rechten Hand mehrmals in die Luft und fing ihn auf. Es konnte nicht schaden, alle daran zu erinnern, wie
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