Die Drachenreiter von Pern 11 - Die Weyr von Pern
Autokrinologie, medizinische Biochemie und viele weitere Kategorien wie etwa Immunologie und Neuropathologie - die heute, wenn die Vermutung erlaubt ist, vielleicht nicht mehr bekannt sind.«
»Ganz recht. Uns sind so viele Kenntnisse, so viele Heilverfahren abhanden gekommen.« Oldive war sich seiner Wissenslücken noch nie so schmerzlich bewußt gewesen.
»Sie machen sich ganz unnötige Sorgen, Meister Oldive, denn alle Personen, die ich bisher kennengelernt habe, sind gesundheitlich in ausgezeichneter Verfassung und überschreiten nach den medizinischen Maßstäben Ihrer Vorfahren bei weitem die Normwerte für Gewicht und Größe. Eine nichtindustrialisierte Zivilisation hat doch einiges für sich.«
»Industrialisiert? Der Begriff ist mir nicht geläufig, ich erkenne nur den Wortstamm.«
»Industrialisieren«, begann Akki sofort. »Transitives Verb: die Einführung industrieller Produktionsmethoden, wie in: einen Betrieb industrialisieren; die Einführung des Wirtschaftssystems des Industrialismus, wie in: eine Nation industrialisieren. Eine industrialisierte Gesellschaft stünde im Gegensatz zu einer agrarisch geprägten wie der Ihren.«
»Vielen Dank. Warum sollte eine industrialisierte Gesellschaft Menschen hervorbingen, die weniger gesund sind?«
»Verschmutzung der Atmosphäre und der Umwelt durch Industrieabfälle, schädliche Dämpfe, chemische Abwässer, Verseuchung der Agrarprodukte, um nur einige Probleme zu nennen.«
Meister Oldive war sprachlos.
»Die ersten Siedler auf Pern wollten eine agrarisch geprägte Gesellschaft gründen. Aus diesem Grund waren sie aufgeschlossen für viele industriefeindliche Kulturformen wie die der alten Zigeuner, aber auch für pensionierte Militaristen. In Ihrer, der heutigen Zeit wurde das Ziel erreicht«, fuhr Akki fort.
»Tatsächlich?« Meister Oldive konnte gar nicht glauben, daß Pern noch andere Leistungen vollbracht haben sollte, als neun Phasen von Fädeneinfällen zu überleben.
»Und zwar in mehr als einer Hinsicht, Meister Oldive, nur sind Sie zu eng mit dieser Gesellschaft verbunden, um sie objektiv beurteilen zu können. In Anbetracht der Belastungen durch diesen Organismus, die Fäden, haben Sie viel erreicht.«
»Im Gespräch mit dir, Akki, wird mir klar, daß wir auch viel verloren haben.«
»Weniger vielleicht, als Sie glauben, Meisterheiler.«
»Ich weiß, daß wir in meiner Gilde in vielen Fällen nicht mehr die Mittel haben, um Schmerzen zu lindern, und daß wir keine Vorsorge treffen konnten gegen die Seuchen, die unsere Bevölkerung immer wieder einmal fast ausgelöscht hätten…«
»Die Starken haben überlebt, und die Bevölkerung hat sich erneuert.«
»Aber dabei ging, vor allem in meiner Gilde, sehr viel Wissen unwiederbringlich verloren.«
»Dagegen ist ein Kraut gewachsen.«
Das klang für Meister Oldive so sehr nach einem Wortspiel, daß er verwundert innehielt. Aber eine Maschine konnte doch wohl nicht… Er räusperte sich, aber Akki sprach bereits weiter.
»Würde es Sie beruhigen, wenn Sie wüßten, daß auch in der Zeit Ihrer Vorfahren selbst die besten Mediziner so mancher Seuche hilflos gegenüberstanden? Daß sie ständig nach neuen Methoden suchten, um Schmerzen zu lindern und Gebrechen zu beheben?«
»Vielleicht sollte es mich beruhigen, aber dem ist nicht so. Darf ich zu wichtigeren Dingen übergehen, Akki?«
»Gewiß, Meister Oldive.«
»Es handelt sich um mehrere Patienten, drei leiden unter starken Schmerzen, die wir nicht lindern können, sie siechen zusehends dahin. Könntest du eine Diagnose stellen, wenn ich dir die Symptome schildere?«
»Schildern Sie die Symptome. Wenn sich im Speicher entsprechende Fälle befinden, ist eine Diagnose möglich.
Da diese Anlage auf drei Komma zwei Milliarden Krankengeschichten zurückgreifen kann, läßt sich mit einiger Wahrscheinlichkeit auch ein adäquater Therapievorschlag ausfindig machen.«
Mit vor Hoffnung zitternden Fingern schlug Meister Oldive sein Patientenbuch auf, um Akki den ersten von Sharras Patienten vorzustellen. Das war er Jaxom schuldig.
***
»Was macht ihr da eigentlich?« fragte Jaxom. Er verstand nicht, warum die anderen so angestrengt auf ihre kleinen, grauen Monitore starrten. Akkis großer Bildschirm sah ganz anders aus. Benelek schnaubte ungeduldig, beugte sich tiefer über die Tasten und hackte, völlig wahllos, wie es Jaxom schien, mit beiden Zeigefingern darauf herum.
»Wir finden uns allmählich mit der Keyboard-Konfiguration
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