Die Drachenreiter von Pern 13 - Ankunft
Julie?«
Torene leckte sich die Finger ab, die vom Obstschälen klebrig waren, und hielt mit Mihall Schritt.
»Wieso habe ich nicht gemerkt, daß sie in Hitze kam?« regte sie sich auf. Dabei hatte sie Alaranth mit größter Aufmerksamkeit beobachtet – glaubte sie jedenfalls.
»Es passierte so schnell, weil sie lange in der Sonne gesessen hat«, erklärte Mihall und drehte sie in die Richtung, in der ihr Drache auf dem Felssims hockte. »Siehst du, sie glänzt in einem unbeschreiblichen Gold.«
Torene sog scharf den Atem ein. Alaranth streckte Beine und Schwingen in offenkundig sinnlicher Weise. Ihre goldene Haut leuchtete und strahlte wie von innen heraus. Mihall wandte ruckartig den Kopf, als Jean, Uloa und Julie aus der Kavernenöffnung geeilt kamen, mit hastig übergestreiften, viel zu großen Reitjacken und schlecht sitzenden Helmen, die sie sich blindlings in aller Eile ausgeborgt hatten. Um in die eigenen Reitmonturen zu steigen, fehlte die Zeit. Die drei Reiterinnen schwangen sich auf ihre Drachen, während sie ängstliche und besorgte Blicke auf die im goldenen Glanz schillernde Alaranth warfen.
»Schau!« Abermals drehte Mihall Torene herum, so daß sie sehen konnte, wie sich die männlichen Drachen auf dem Felssims versammelten; ihre Augen glühten in dem lebhaften Orange, das ihre sexuelle Erregung verriet. Ihre Reiter drängten sich um Mihall und Torene, die plötzlich zum Ziel der allgemein erwachten Sinnlichkeit wurde. Unwillkürlich prallte sie zurück und befreite ihre Hand aus Mihalls Griff. Seine Augen blitzten tiefblau. »Denk daran«, ermahnte er Torene, »Alaranth darf nicht…«
»Ich weiß, ich weiß, ich weiß!« schrie sie. Auf einmal verabscheute sie die Art und Weise, in der die jungen Männer sie musterten. Keiner hatte sie auf diesen Aspekt des Paarungsrituals vorbereitet – und dieser Flug war besonders wichtig, weil der Sieger um Alaranths Gunst die Führung über den Weyr erhielt. Sie wich den Bewerbern aus, bis sie mit dem Rücken an der Felswand stand. Ihr Mund war trocken, obwohl ihr der Schweiß ausbrach und ein eigenartiges Gefühl sich tief in ihrem Innern breitmachte.
Bei Torenes letztem Aufschrei erwachte Alaranth aus ihrem Dämmerzustand, und die mentale Verbindung zwischen der Drachenkönigin und ihrer Reiterin wurde hergestellt. Schwer stützte sich Torene gegen das Gestein. Sorkas sachliche, detaillierte Schilderung des Vorgangs beschrieb nicht annähernd den Ausbruch an Emotionen, den Alaranth empfand, geschweige denn Torenes widerstrebende aber gleichwohl nicht zu unterdrückende Reaktion auf das lustvolle Begehren der Königin. Es begann mit einer Gier nach Blut, als Alaranth einen unbändigen Hunger verspürte.
Im sommerlichen Sonnenglast funkelnd, spreizte Alaranth die Schwingen und ließ einen herausfordernden Ruf ertönen. In dem Wissen, daß die männlichen Drachen sie beobachteten, drehte und wendete sie sich, ihren stolzen, kraftvollen Körper zur Schau stellend. Anmutig warf sie den Kopf zurück und streckte den langen Hals.
Urplötzlich spannte sich der mächtige Leib, und mit einem geschmeidigen, kraftvollen Satz schnellte sie in die Höhe. Drei kräftige Schläge ihrer glänzenden Schwingen ließen sie Tempo gewinnen, und dann glitt sie zum See hinunter, mit ihren angriffslustigen, hungrigen Schreien die Rinder – ihre Beute – in helle Panik versetzend.
Nur das Blut trinken, Alaranth. Nur das Blut! Du darfst nicht fressen! Die Anweisungen, die man Torene eingebleut hatte, fielen ihr in dem Moment wieder ein, als Alaranth auf dem Rücken des Ochsen landete. Nur das Blut trinken! Torene erteilte den Befehl mit ernstem, unerbittlichem Nachdruck, während sie ihre ganze Autorität mitschwingen ließ.
Mit einem wütenden Fauchen wandte sich Alaranth an das dicht beieinander stehende Grüppchen Menschen auf dem Felsband, ehe sie dem Ochsen die Halsschlagader aufriß und gierig das Blut schlürfte.
Nur das Blut! Hör mir gut zu, Alaranth! Torene durfte um keinen Preis nachgeben. Das Blut verschaffte der paarungsbereiten Königin die Energie, die sie für ihren strapaziösen Flug brauchte. Das Fleisch hingegen hätte ihr Gewicht vergrößert, und niemals hätte sie die enorme Höhe erreicht, die einen erfolgreichen Paarungsflug gewährleistete. Höhe verlieh Sicherheit, denn miteinander kopulierende Drachen konnten noch vor dem beendeten Vollzug des Akts zu Boden stürzen, wenn der Weg in die Tiefe nicht lang genug war.
Nur das Blut, Alaranth!
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