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Die Drachenreiter von Pern 14 - Drachenauge

Die Drachenreiter von Pern 14 - Drachenauge

Titel: Die Drachenreiter von Pern 14 - Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
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zu lassen – vor allen Dingen, wenn es dabei nicht um Kunst ging.
    »Bitte, Lord Chalkin, könnten Sie wohl noch einen Moment länger stillhalten? Ich möchte die günstigen Lichtverhältnisse gern nutzen«, bat Iantine, dem die Zuckungen in Lord Chalkins feisten Wangen lästig wurden. Der Mann litt nicht etwa an einem nervösen Tic oder etwas Ähnlichem, doch er vermochte genauso wenig ruhig auf seinem thronartigen Sessel zu sitzen wie seine Kinder.
    In einem Anflug von Boshaftigkeit überlegte Iantine, ob er das Zucken im Bild festhalten sollte – als Muskelkontraktion – aber auch ohne derlei Faxen fiel es ihm schon schwer genug, Chalkin halbwegs passabel aussehen zu lassen. Die schlammbraunen, eng beieinander stehenden Augen schielten schräg über die fleischige Knollennase hinweg, die Iantine geschickt verkleinert hatte.
    Meister Domaize hatte seinen Studenten eingebläut, dass ein Porträtmaler rücksichtsvoll sein müsse, und Iantine pflegte ihm rigoros zu widersprechen. Er vertrat die Meinung, Realismus sei erforderlich, wenn der Kunde ein naturgetreues Bildnis wünsche.
    »Ein lebensnahes Porträt kann niemals realistisch sein«, dozierte der Meister in dem riesigen scheunenartigen Bau, wo der Unterricht stattfand. »Sparen Sie sich die Wirklichkeitstreue für Landschaften und historische Wandgemälde auf, nur nicht für Porträts. Keiner will sich so sehen, wie die anderen ihn wahrnehmen. Wer als Porträtist Erfolg verbuchen will, braucht Takt und Feingefühl.«
    Iantine erinnerte sich an die Diskussionen über Heuchelei, und dass man der Eitelkeit der Menschen nicht noch Vorschub leisten sollte. Meister Domaize hatte über seine Halbbrille hinweggepeilt und nachsichtig gelächelt.
    »Diejenigen von uns, die begreifen, dass ein Porträtmaler ein guter Diplomat sein muss, finden ihr Auskommen. Die anderen, die die Wahrheit im Bild festhalten wollen, enden in einer Gildehalle und pinseln dekorative Muster an die Wände.«
    Als Lord Chalkins Angebot, Miniaturen seiner Kinder anzufertigen, im Institut Domaize eintraf, wollte so recht niemand anbeißen.
    »Was ist daran auszusetzen?«, wunderte sich Iantine, als die Nachricht drei Wochen lang am schwarzen Brett hing, ohne dass sich jemand dafür interessierte. Bald würde er im Institut Domaize sein Abschlussexamen absolvieren, und er hoffte auf gute Noten.
    »Chalkin ist ein ausgemachtes Ekel«, erklärte Ussie zynisch.
    »Ach, ich kenne seinen Ruf«, erwiderte Iantine, lässig mit einer farbbespritzten Hand wedelnd. »Was mit Lord Chalkin los ist, weiß doch jeder. Aber hier stehen seine Bedingungen«, er tippte auf das Dokument, »und sie entsprechen unseren Maßgaben.«
    Ussie grinste hinter vorgehaltener Hand und musterte ihn auf seine herablassende Art, die Iantine immer wieder aufs Neue fuchste. Er wusste, dass er ein besserer Zeichner und Farbenkünstler war, als Ussie es je sein würde, trotzdem mimte Ussie dauernd den Überlegenen. Iantine wusste, dass er begabter war und sich ständig vervollkommnete, denn im Atelier erhielt jeder die Gelegenheit, die Arbeiten der Kommilitonen zu studieren.
    Ussies anatomische Skizzen sahen aus, als hätte ein Mutant Modell gestanden … und sein Geschmack bezüglich Farben war bestenfalls bizarr. Ussies Talente lagen auf dem Gebiet der Landschaftsmalerei, und er tat sich hervor, wenn es um das Entwerfen von Wappen, Statuen und anderer eher kunsthandwerklicher Dinge ging.
    »Ja, aber während der Arbeit wirst du in Burg Bitra wohnen müssen; und wenn es auf den Winter zugeht, kann es dort sehr ungemütlich werden.«
    »Aber es handelt sich doch nur um vier Miniaturen. Wie lange kann das schon dauern!« Iantine rechnete mit einer Siebenspanne. Selbst für sehr junge und lebhafte Kinder musste die Zeit reichen.
    »Na schön, na schön, vielleicht ist es dir immer gelungen, Kinder zum Stillsitzen zu bewegen. Aber diese Rotznasen gehören zu Chalkins Brut, und wenn sie nur ein bisschen auf ihn herauskommen, wirst du alle Hände voll zu tun haben, damit sie nicht dauernd herumhampeln. Denn wenn sie keine Sekunde ruhig halten, wirst du kaum ein akkurates Abbild von ihnen hinkriegen. Obwohl ich ernsthaft bezweifle, ob ein ›akkurates‹ Bild von diesen Bälgern überhaupt erwünscht ist. Und wie ich dich kenne, Ian …« – Ussie wackelte mit dem Zeigefinger vor seiner Nase herum und grinste breit –, »wirst du es nicht über dich bringen, die kleinen Lieblinge so zu glorifizieren, dass der in sie vernarrte Papa

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