Die Drachenreiter von Pern 14 - Drachenauge
ihr euch schon eingelebt? Braucht ihr vielleicht etwas aus dem Magazin? Eure Eltern haben euch die besten Sachen zum Anziehen mitgegeben, aber was ihr benötigt, ist grobe Arbeitskleidung«, erklärte sie mit ihrer tiefen, vergnügten Stimme. »Schmeckt euch das Frühstück? Das Brot kommt frisch aus dem Ofen, und ihr dürft euch davon nehmen, so viel ihr wollt.« Ihre wohlgeformten kräftigen Hände ruhten auf Deberas Schultern, wie wenn sie ihr mit dieser Geste eine ganz besondere Botschaft übermitteln wollte. »Wenn du irgendeinen Wunsch hast, wende dich an mich oder sag T'dam Bescheid. Ihr Weyrlinge solltet außer der Pflege eurer Drachen keine zusätzlichen Sorgen haben. Die Arbeit mit den Tieren ist schwer genug, das weiß ich, habt also keine Hemmungen, eure Anliegen vorzutragen.« Ehe sie ihre Hände zurückzog, tätschelte sie noch einmal Deberas Schultern.
»Ich hab ganz vergessen, das Kleid mitzubringen, das Sie mir gestern geborgt haben«, sagte Debera, die argwöhnte, sie bekäme einen Wink mit dem Zaunpfahl.
»Um Himmels willen, Kind«, legte Tisha los, »das Kleid war eigens für dich angefertigt worden, obwohl wir noch keine Ahnung von deinem Erscheinen hatten.« Ihr üppiger Busen wogte vor unterdrücktem Gelächter.
»Aber das Kleid ist viel zu schade …«, setzte Debera protestierend an.
Abermals tätschelte Tisha ihre Schultern. »Es steht dir hervorragend. Ich liebe es, schöne Kleider zu nähen. Es ist meine große Leidenschaft, und ich arbeite ständig an einem neuen Stück.« Wieder ein Schulterklopfen. »Dieses Kleid passt dir wie angegossen, als hätte ich es wirklich nach deinen Maßen entworfen. Selbstverständlich gehört es dir. Am Siebenten Tag möchten wir uns alle gern ein bisschen herausputzen. Kannst du nähen?«, erkundigte sie sich hoffnungsvoll.
»Leider nein.« Beschämt senkte Debera den Blick, als sie sich daran erinnerte, wie ihre Mutter an den Abenden handarbeitete, Gewänder bestickte oder anderweitig verzierte. Gisa brachte es kaum zuwege, zerrissene Kleidung zu flicken, und keine ihrer Töchter lernte die Kunst der Schneiderei.
»Ich frage mich, was man den jungen Leuten heutzutage beibringt. Schon im Alter von drei Jahren konnte ich mit einer Nähnadel umgehen …«, fuhr Tisha fort.
Die Blicke der Buben richteten sich ins Leere bei der Wende, die das Gespräch nahm.
»Und ihr, meine Bürschchen, werdet lernen, wie man Reitgeschirre flickt.« Schalkhaft drohte Tisha ihnen mit dem Zeigefinger. »Außerdem bringt man euch bei, Stiefel und Jacken anzufertigen, damit ihr eure eigenen Reitmonturen näht.«
»Wie?«, fragte M'rak verblüfft. »Nähen ist was für Mädchen.«
»Nicht im Weyr«, stellte Tisha resolut fest. »Das werdet ihr schnell genug spitzkriegen. Handwerkliches Rüstzeug gehört mit dazu, wenn man ein Drachenreiter sein will. Aber man kann alles lernen. Und hier kommen das Brot, die Butter und ein Topf Marmelade.«
Eine Frau, die genauso pummelig war wie Tisha, stellte freundlich lächelnd ein voll beladenes Tablett auf den Tisch.
»Das dürfte wohl reichen. Danke, Allie«, sagte Tisha, während Debera ein paar anerkennende Worte murmelte und S'mon sich gleichfalls an seine guten Manieren erinnerte. M'rak hielt sich mit derlei Finessen nicht auf, sondern grapschte nach einer Scheibe des dampfenden Brotes und stopfte sie sich in den Mund.
»Toll!«, stöhnte er verzückt.
»Nicht, dass es dir wieder hochkommt, wenn du die nächste Mahlzeit für deinen Drachen zubereitest«, bemerkte Tisha und ging fort, ehe der verblüffte Bronzereiter ihren Ausspruch begriffen hatte.
»Was meint sie damit?«, fragte er in die Runde.
Debera grinste. »Du kommst nicht vom Lande, was?«
»Nein, meine Familie handelt mit Textilien«, antwortete M'rak. »Ich stamme aus Keroon.«
»Wir müssen das Fleisch klein schneiden, das wir an unsere Drachen verfüttern, nicht wahr?«, vergewisserte sich S'mon ein bisschen ängstlich. »Müssen wir es auch von den toten Tieren absäbeln, die an den Gestellen hängen?«
»Ach du meine Güte!« M'rak wurde blass und schluckte verdächtig.
»Genau das ist unsere Aufgabe«, erklärte Debera. »Wenn du willst, entferne ich das Fleisch von den Knochen und du brauchst es dann nur klein zu hacken. Abgemacht?«
»Abgemacht!«, entgegnete M'rak hastig. Der Appetit auf das Brot, das er immer noch in der Faust hielt, schien ihm vergangen zu sein. Er legte die Scheibe wieder hin. »Ich hatte ja keine Ahnung, dass das mit
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