Die Drachenreiter von Pern 14 - Drachenauge
Membran zerstört ist …«
Hier fuhr T'dam mit der Hand über die Kante von Ormonths Schwinge. »Allerdings …« T'dam blickte zu Ormonth hoch. »Würdest du bitte so gut sein, den Flügel ein wenig anzuwinkeln, Ormonth?« Der Blaue gehorchte. »Danke …« T'dam musste sich auf die Zehenspitzen stellen, um einen bestimmten Bereich am Flügel zu berühren. »Verletzungen, die dicht am Körper erfolgen, sind viel schwerwiegender, da die Fäden sich je nach ihrem Aufprallwinkel durch die Membran in den Rumpf brennen können. An dieser Stelle«, er duckte sich unter den Flügel und klopfte gegen die Flanke des Tieres, »sitzt die Lunge, und hier kann eine Verwundung sogar tödlich sein.«
Die im Halbkreis aufgestellten Schüler stießen erschrocken den Atem aus.
»Deshalb darf während eines Einsatzes eure Aufmerksamkeit nicht einen Augenblick lang nachlassen. Geht ins Dazwischen, sowie ihr den leisesten Verdacht habt, ihr könntet getroffen worden sein.«
»Und wie merken wir, dass etwas nicht stimmt?«, erkundigte sich jemand.
»Ha!« T'dam stemmte seine Fäuste auf den derben Ledergürtel und legte eine Kunstpause ein. »Drachen besitzen ungeheuren Mut, vor allem, wenn man bedenkt, was wir von ihnen verlangen. Aber …« – abbittend streichelte er Ormonth – »… sie haben extrem schnelle Reflexe, besonders in Bezug auf Schmerzen. Doch das werdet ihr noch früh genug erfahren.« Erneut hielt er inne. »Einige von euch waren dabei, als Missath ihren Segelknochen brach, oder?« Er blickte in die Runde, bis sich mehrere Arme hoben. »Wisst ihr noch, wie sie kreischte?«
»Es ging mir durch und durch, es klang wie eine Kettensäge«, erwiderte ein hoch gewachsener Bursche und schüttelte sich.
»Sie fing an zu schreien, sowie sie die Balance verlor und noch ehe der Knochen brach. Sie wusste , sie würde sich noch während des freien Falls verletzen. Nun, bei einem Kampfeinsatz gegen die Fäden gelten etwas andere Voraussetzungen, denn die Reiter sind vollgepumpt mit Adrenalin und werden nicht sofort merken, wenn etwas passiert. Trotzdem weiß man rasch genug Bescheid. Deshalb hämmern wir den Drachenreitern bei jedem Training ein, dass sie immer – immer! – in Gedanken einen Bezugspunkt anpeilen, an den sie sich notfalls flüchten können. Während eines Fädenschauers behaltet ihr am besten den Weyr gedanklich im Visier, weil dort am ehesten Hilfe zu erwarten ist.« Mit der Hand deutete er auf ein paar Leute, die Iantine als Nichtreiter erkannte. »Begeht aber nicht den Fehler, den Einflugswinkel zu niedrig anzusetzen. Indem ihr ins Dazwischen geht, hindert ihr die Fäden daran, sich tiefer in euren Drachen hineinzufressen …«
Ein gedämpftes Murmeln erklang, als die jungen Leute ihren Abscheu bekundeten. »So weit es die Verletzungen zulassen, richtet euch auf eine ordnungsgemäße Landung ein. Das Schlimmste wäre ein zu heftiger Aufprall, der für den bereits verwundeten Drachen eine zusätzliche Belastung darstellt. Sprecht eurem Reittier Trost zu, sowie ihr spürt, dass es getroffen wurde. Natürlich kann es einen Menschen genauso erwischen, aber ihr Reiter müsst eure Schmerzen unterdrücken und euch ganz eurem Drachen widmen. Der Drache ist bei jedem Team der wichtigere Partner, merkt euch das gut. Ohne ihn seid ihr ein Nichts.«
Abermals blickte er die Schüler der Reihe nach an.
»Und was macht ihr, wenn ihr mit einem verletzten Drachen im Weyr gelandet seid? Ihr tragt Taubkraut auf, und zwar in rauen Mengen.« Er nahm den Pinsel, der in einem Eimer zu seinen Füßen steckte, und begann damit Ormonths Schwinge zu bestreichen. Das Demonstrationsmaterial war Wasser, man sah es daran, wie es herabrann.
Der Blaue betrachtete die Operation mit leicht kreisenden Augen. »Streichen, streichen, streichen!« Jedes Wort betonte T'dam mit einem schwungvollen Strich mit der weichen Bürste. »Man kann mit dem Zeug gar nicht verschwenderisch genug umgehen, und in genau drei Sekunden sind die Schmerzen betäubt … jedenfalls im äußeren Bereich. Es dauert ein Weilchen, bis das Mittel durch die Epidermis in die Keimschicht vorgedrungen ist. Deshalb müsst ihr eurem Drachen versichern, dass er nicht so schwer verletzt ist, wie er vielleicht befürchten mag. Euer verwundetes Tier braucht viel Zuspruch. Egal, wie böse die Blessur auch aussieht, sperrt eure eigenen Ängste aus euren Gedanken aus. Erzählt eurem Freund nur, was für ein großer, tapferer Drache er ist, dass das Taubkraut wirkt und die
Weitere Kostenlose Bücher