Die Drachenreiter von Pern 16 - Der Himmel ueber Pern
steht in der Charta, falls jemand nachschauen möchte. Wenn ein Urteil ergeht, muss dies vor Zeugen geschehen.«
»Es sind genug Zeugen vorhanden!«
»Ich habe alles mitangesehen, ich war dabei!«
»Ertränken geht schneller!«
»Ab ins Exil mit ihnen!«
»Schickt das Gesocks auf die Inseln!«
Mit hoch erhobenen Armen stellte sich Jaxom vor die Menge. »Jeder, der nicht als Zeuge fungieren will, soll zurücktreten. Aus seiner Weigerung darf ihm kein Nachteil erwachsen!«
Zufrieden bemerkte Tagetarl, dass sich kein Einziger davonstahl.
»Hiermit verkünde ich, dass die Verurteilten verbannt werden«, erklärte der Burgherr von Ruatha förmlich. »Weyr-Führer N'ton, fordere Unterstützung an.«
»Setzt ihr sie einfach auf einer einsamen Insel ab und überlasst sie dann ihrem Schicksal?«, erkundigte sich Venabil, sichtlich beeindruckt von der Härte des Urteils.
»Nein, das wäre unmenschlich«, klärte N'ton ihn auf. »Sie erhalten genügend Proviant, Trinkwasser und andere Dinge, die ihnen das Überleben ermöglichen, bis sie sich in der neuen Umgebung eingerichtet haben.«
»Aber … aber …«
N'ton warf Venabil einen Blick zu, der ihn verstummen ließ. »Ich«, er deutete mit dem Daumen auf seine Brust, »bin der Einzige, der die Koordinaten der Insel kennt. In Perns Ozeanen gibt es genug Eilande, um alle aufzunehmen, die mutwillig dem Allgemeinwohl schaden.«
»Sie hätten eine viel härtere Strafe verdient, Weyr-Führer. Wenn es nach mir ginge …« Venabil trat einen Schritt zurück und verbeugte sich vor den drei Männern, durch die das Urteil rechtskräftig wurde. Dem Kapitän imponierte deren souveräne Haltung. Entscheidungen zu fällen, bei denen es um Menschenleben ging, war keine leichte Angelegenheit.
Die Zuschauer hatten sich ein wenig beruhigt, das Geschrei legte sich, und nun wurde in normaler Lautstärke weiterdiskutiert. Pinch schickte zwei seiner Leute in den Keller, um den Kerl zu holen, den Rosheen bewusstlos geschlagen hatte. Man band ihm die Hände hinter dem Rücken zusammen und reihte ihn in die Schlange der Rebellen ein.
Tagetarl merkte, wie Rosheen erschauerte und zog sie fest an sich.
»Der Vorgang ist vollkommen legal«, wisperte er ihr zu.
»Ich weiß. Ich kenne die Charta. Ich hätte nur nie gedacht, dass ausgerechnet bei uns einmal ein solches Urteil gesprochen würde.«
»Man muss solche Typen vom Rest der Menschheit isolieren«, murmelte Tagetarl. Trotz seines gerechten Zorns verspürte er eine Anwandlung von Mitleid. »Aus den Minen könnten sie entkommen und erneut irgendwelchen Schaden anrichten. Ich für meinen Teil fühle mich sicherer, wenn ich weiß, dass diese Vandalen uns nichts mehr anhaben können.«
Rosheen klammerte sich wie Halt suchend an ihn. Er verschwieg ihr, dass zwei wichtige Mitglieder der Rebellengruppe, mit deren Erscheinen Pinch fest gerechnet hatte, nicht unter den Exilanten waren. Es handelte sich um das Narbengesicht und um die seltsam aussehende Frau aus Tillek, die scheinbar keiner Burg oder Siedlung angehörte. Das bedeutete, dass der Ärger noch lange nicht vorbei war.
***
Ein halbes Drachengeschwader tauchte am Himmel auf und kreiste majestätisch über dem Hof. Die Facettenaugen der Drachen funkelten heiter. Wie aus dem Nichts erschienen Schwärme von Feuerechsen, tollten in ausgelassenen Kapriolen durch die Luft und trillerten dabei ungewohnt harmonische Melodien.
»Sie landen im Hafen«, erklärte N'ton und deutete in diese Richtung.
Von der Druckerhalle bis zu den Kaianlagen war es nicht weit, und viele kräftige Männer und Frauen halfen nur zu gern, die sich sträubenden Rebellen zum Hafen zu befördern. Rutil folgte hinterdrein und bezog Posten auf einem riesigen Poller, derweil man die Exilanten auf die Drachen hievte und Packsäcke mit der notwendigsten Überlebensausrüstung an die Reitgeschirre band.
N'ton schwang sich auf den Rücken seines Drachen. »Reiter, lasst euch von Lioth den Bestimmungsort zeigen!«, befahl er mit vernehmlicher Stimme. Dann hob er den Arm und gab das Signal zum Aufbruch.
Tagetarl fand, er habe noch nie ein so imposantes Schauspiel gesehen, als zwölf Drachen vollkommen synchron in den nächtlichen Himmel aufstiegen, begleitet von Kapriolen schlagenden Feuerechsen, und wie auf ein stummes Kommando hin gleichzeitig aus dem Gesichtskreis verschwanden.
Es herrschte ein halb erlöstes, halb beklommenes Schweigen, als die Zeugen dieser unglaublichen Ereignisse den Hafen verließen oder
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