Die Drachenreiter von Pern 17 - Drachenwege
selig und nickte.
»Du hattest viele Geschwister, die allesamt älter waren als du, nicht wahr?«
Abermals nickte Kindan.
Meister Zist seufzte. »In meiner Familie war ich das älteste Kind. Deshalb kann ich mich schlecht in deine Situation hineinversetzen. Aber ich könnte mir vorstellen, dass du immer der Letzte warst, der sich eine zweite Portion holen durfte … oder den Nachtisch.«
»Ach, so schlimm war das gar nicht«, erwiderte Kindan. »Sis, meine große Schwester, sorgte schon dafür, dass ich nie hungrig vom Tisch aufstand.« Dann zog er eine Grimasse. »Aber mein Bruder Kaylek versuchte immer, meinen Nachtisch zu stibitzen - das heißt, falls wir einen hatten.« Sein Gesicht nahm einen ernsten, in sich gekehrten Ausdruck an.
»Mit Kaylek kamst du wohl nicht besonders gut aus, nicht wahr?«, hakte Meister Zist freundlich nach.
»Das stimmt«, räumte Kindan ein. »Aber dann er zählte mir mein Freund Zenor, dass Kaylek ihm bei dem Grubenunglück das Leben gerettet hat.« In Kindans Augen schimmerten Tränen. »Zu mir war Kaylek immer gemein, aber er opferte sein Leben, um Zenor zu retten.«
»Solche Dinge sind manchmal schwer zu verstehen«, meinte der Harfner. »Ich habe schon öfter derlei Überraschungen erlebt. Menschen, denen man nie etwas Gutes zutraute, haben sich dann in kritischen Situationen als wahre Helden entpuppt, indem sie selbstlos anderen halfen.«
Kindan nickte.
»Sag mal, Kindan«, fuhr Meister Zist fort, »ist dir überhaupt bewusst, welche Pflichten und Aufgaben ein Harfner erfüllen muss?«
»Ein Harfner gibt Schulunterricht, und bei festlichen Anlässen singt er Lieder. Die meisten Harfner beherrschen mehrere Musikinstrumente.« Erwartungsvoll sah Kindan Meister Zist an, denn er war sich nicht sicher, ob seine Antwort vollständig war.
Der Meister nickte. »Richtig. Aber das ist noch längst nicht alles. Außerdem sammeln die Harfner Informationen und geben sie weiter. Wir dienen als Bewahrer und Hüter von Wissen. Und wir helfen den Heilern.«
»Meine Schwester verstand sich aufs Heilen«, warf Kindan ein.
Zist nickte. »Obendrein versuchen wir, Probleme zu lösen.«
Kindan blickte verständnislos drein. Meister Zist seufzte. »Wir hören jedem zu, der uns etwas zu berichten hat, und wenn wir glauben, dieser Mensch benötigt Hilfe, greifen wir ein.«
Kindan versuchte, sich den Anschein zu geben, als verstünde er das Gesagte. Er hatte seinen Teller leergegessen, und nun lief ihm beim Gedanken an die Nachspeise das Wasser im Mund zusammen. Doch er wusste, dass Meister Zist weitersprechen und nicht eher Ruhe geben würde, bis er glaubte, Kindan hätte begriffen, was er meinte.
Nun deutete der Harfner ein Lächeln an. »Wir werden darauf geschult, gute Beobachter zu sein. Natürlich können wir keine Gedanken lesen, aber mit der Zeit lernt man, aus gewissen Zeichen zu erkennen, wo einen Menschen der Schuh drückt.« Unvermittelt stand er auf, räumte Kindans Teller ab und servierte dann die Leckereien, die die Bäckerin ihnen geschickt hatte.
»Ein Harfner muss nicht nur lernen, Wissen weiterzugeben und für eine musikalische Unterhaltung zu sorgen, sondern er wird auch darin ausgebildet, Menschen zu beobachten und sich ihre Sorgen und Kümmernisse anzuhören«, fuhr der Meister fort, nachdem er in ein Stück Gebäck gebissen hatte.
Kindan nickte nur, weil er mit vollem Mund nicht sprechen konnte.
»Aber da wäre noch etwas!«, ergänzte Meister Zist mit wichtiger Miene. »Ein Harfner wird regelrecht darauf getrimmt, ein Geheimnis für sich zu behalten.«
»Ich kann auch dicht halten«, sagte Kindan eifrig.
Der Harfner hob mahnend den Zeigefinger. »Das ist gut so. Doch nicht jeder schafft es, seine Neugier zu zügeln und nicht zu versuchen, die Geheimnisse anderer Menschen zu lüften. Und falls man dahinterkommt, dass irgendjemand ein Geheimnis hütet, darf man ihn um keinen Preis verraten. Meinst du, das schaffst du auch? Anderen Leuten ihre Geheimnisse zu lassen?«
Kindan setzte eine zweifelnde Miene auf.
»Wir werden ja sehen«, meinte Zist. »Vorerst erwarte ich von dir, dass du nie wieder versuchst, Gespräche zu belauschen, die ich in meinem Arbeitszimmer oder in irgendeinem anderen Raum dieses Hauses führe. Wenn du etwas hörst, worüber du mit mir reden möchtest, kommst du damit zu mir, und wir unterhalten uns. Ich werde entscheiden, ob es ein Geheimnis ist oder nicht. Bist du mit diesem Vorschlag einverstanden?«
Kindan nickte.
»Du bist ein braver
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