Die Drachenschwestern
Thea. „Auch wenn ich
verstehe, weshalb du den Ausdruck nicht magst. Es ist schließlich nie angenehm,
sich selbst als Opfer zu sehen.“
„Egal“, unterbrach sie Kaja ungeduldig. „Psychoanalyse können wir
später machen, z.B. wenn ich keinen Job mehr habe“, schob sie mit einem ironischen
Unterton in der Stimme dazwischen. „Also?“ Erwartungsvoll schaute sie Thea an.
„Gut. Bis auf zwei waren alles ehemalige Arbeitskollegen von uns. Dazu
kommt, dass komplett alle weiblichen Programmiererinnen dabei sind.“
„Jasmine auch? Und
Natasha?“
„Alle. Es hatte wohl schon seine Gründe, dass ihr einerseits mit
Arbeit eingedeckt wurdet und zusätzlich noch mit neuen von Qubus stammenden
Teamkollegen versehen wurdet.“
„Stimmt, so hatten
wir praktisch keinen Kontakt mehr miteinander.“
Kaja stöhnte genervt. „Ich dachte immer, mir könnte so was nie
passieren.“
„Sag niemals nie…“, ließ sich eine Stimme in ihrem Kopf vernehmen.
Kaja verdrehte die Augen. Typisch, dass er genau im passenden Moment
ausnahmsweise einmal ein korrektes Sprichwort zum Besten gab. Diskret blickte
sie sich um, ob Lance auch tatsächlich anwesend war, oder nur in ihrem Kopf
rumspukte. Nein, sie konnte keine Spur von ihm entdecken und wandte ihre
Aufmerksamkeit wieder Thea zu.
„Jetzt sei doch mal nicht so hart mit dir selber“, meinte diese gerade
fürsorglich, da sie das Augenrollen logischerweise auf Kaja selbst bezogen
hatte. „Gegen ein solches Komplott sind sozusagen alle machtlos.“ Sie dachte
einen Moment nach und musste dann grinsen. „Ich vermute sogar schwer, dass die
Männer noch schneller auf den ganzen Trick reingefallen sind, als die Frauen.
Die haben sie, wenn ich das richtig mitgekriegt habe, nämlich mit weiblichen
Gegenspielern zusammengetan. Jede einzelne davon jung, langhaarig und langbeinig,
verstehst du was ich meine?“
Jetzt musste Kaja doch Grinsen. „Tja, wenn man das Ganze mit ein
bisschen Abstand betrachtet, was zugegebenermaßen nicht ganz einfach ist, wenn
man selbst betroffen ist, ist es schon fast komisch.“
„Genau. Und da wir jetzt über den Jammerpart hinweg sind“, Thea
brachte sich vor Kajas spielerischem Boxhieb ans andere Ende der Sitzbank in
Sicherheit „ist doch wahr, dann können wir uns jetzt darum kümmern, was wir
dagegen unternehmen wollen.“
„Hm, ich habe
schon was unternommen“, antwortete Kaja.
„Ach, ja? Was
denn?“
Kaja erzählte ihr kurz von Simon, ließ Tim absichtlich so gut es ging
weg, schließlich hatte sie ihn während der letzten Tage recht erfolgreich aus
ihren Gedanken verbannt und wollte das auch so beibehalten. Als sie mit ihren
Ausführungen zu Ende war, wollte Thea wissen, was er denn bis jetzt
herausgefunden hat.
„Soviel ich weiß, noch nicht viel. Es ist auch erst ein paar Tage her,
dass ich ihn um Hilfe gebeten habe. Er hat mich allerdings heute Morgen kurz
angerufen, er schien ziemlich in Eile“, fügte sie hinzu und fuhr fort, „er
wollte wissen, ob ich einen vertrauenswürdigen Vorgesetzten habe, um mit diesem
ein paar dringende Fragen zu klären. Was mich auf das Thema Max zurückbringt.
Verständlicherweise war er der einzige, der mir auf Anhieb in den Sinn kam,
allerdings ist Max nach wie vor wie vom Erdboden verschluckt.“
„Das stimmt“, schaltete sich Thea ein. „Es ist mir nämlich trotz
meiner Verbindung zu unserer privaten Cyber-Unterwelt von PC-Lux-Solutions“,
sie musste selbst grinsen, als sie das sagte, „nicht gelungen, heraus zu finden,
wo er sich gerade weiterbilden soll“, schloss sie in einem bedauernden Tonfall.
„Findest du das nicht seltsam? Ich meine, im Allgemeinen werden
Weiterbildungen inklusive Kontaktmöglichkeiten im Intranet festgehalten. Na ja,
zumindest die der Chefetagen.“
„Genau. Also, wenn
du mich fragst, gibt es keine Weiterbildung.“
„Aber…“, Kaja
stockte. „Meinst du, er ist freigestellt worden?“
„Möglich“, meinte Thea zweifelnd. „Er ist allerdings auf der besagten
Kündigungsliste von der ich dir erzählt habe, nicht aufgetaucht.“
„Hm“, Kaja überlegte angestrengt. „Wenn ich doch bloß seine
Handynummer hätte. Oder zumindest wüsste, wo er wohnt.“ Es war schon seltsam.
Jetzt arbeitete sie doch schon seit einigen Jahren mit Max zusammen und wusste
eigentlich überhaupt nichts über ihn.
„Was das angeht, kann ich dir weiterhelfen“, unterbrach ihre Freundin
ihren Gedankengang. Kaja fuhr herum und sah sie mit großen Augen an. Mit
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