Die Drachenschwestern
kullernden
Stifte, Tampons, Taschentücher und Münzen zu kümmern, klaubte sie den kleinen
Zettel hervor, der unter ihrem Schlüsselbund hervor lugte. Genau, Superman77,
das musste es sein. Sie gab das Passwort ein und schloss die Augen, bevor sie
die Entertaste drückte. Als das erwartete „Pling“, welches
Zugriffsverweigerungen begleitete, nicht ertönte, öffnete sie vorsichtig die
Augen. Wunderbar, es hatte geklappt, freute sie sich und begann aufgeregt mit
den Fingern auf den Tisch zu trommeln. So weit so, so gut, und wie weiter? Sie
warf einen schnellen Blick auf ihre Uhr. Jetzt musste sie sich ein wenig
beeilen. Nicht, dass Frédéric plötzlich von seiner Mittagspause zurückkehrte
und sich ebenfalls beim System anzumelden versuchte. Doch ihr blieben
schätzungsweise noch mindestens zehn Minuten. Sie musste unbedingt überprüfen,
ob sein Passwort, das ihm den Zugang zum Testserver B sicherte, noch dasselbe
war. Die Chancen dafür standen relativ hoch, da diese Passwörter nicht so
häufig gewechselt werden mussten. Ja, geschafft, sie war auf dem Testserver.
Schnell meldete sie sich wieder ab. Erst vom Testserver, dann verließ sie das
System gänzlich und meldete sich erneut an, diesmal unter ihrer eigenen
Kennung.
Kaja nahm wieder ihre Wanderung durchs Büro auf. Das war ja alles
schön und gut, nur, was wollte sie jetzt eigentlich erreichen? Fehler einzubauen
wäre unsinnig. Die konnten schließlich relativ einfach behoben werden. Zudem
widerstrebte es ihr zutiefst, ihre eigene Programmierkunst zu verunstalten. Sie
blieb vor dem Fenster stehen und starrte ins Leere. Plötzlich kam ihr ein
Geistesblitz. Was wäre, wenn sie es nicht mit Fehlern spickte, sondern im
Gegenteil noch ein wenig aufmöbelte? Es war ja schließlich ein
Buchhaltungsprogramm und hatte mit Überweisungen zu tun. Fieberhaft ging sie im
Geist die schier unendlichen Möglichkeiten der Computertechnologie durch.
Genau, so könnte es klappen, beschloss sie. Allerdings musste sie jetzt noch
herausfinden, wo Klein-Freddys neues Büro lag. Sie wollte die ganze Sache
ungern von ihrer eigenen Maschine aus machen, selbst wenn sie nicht glaubte,
dass er dieses kleine Detail, welches sie einzubauen dachte, bemerken würde.
Geschweige denn, dass er sie beschuldigen würde, etwas damit zu tun zu haben.
Dafür stand für ihn zu viel auf dem Spiel. Nichtsdestotrotz wollte sie kein
unnötiges Risiko eingehen. Sie suchte im Intranet das Büro raus, es lag im
Gebäude nebenan im dritten Stock. Hinein kam sie da problemlos, da die beiden
Bürokomplexe über einen gemeinsamen Eingang verbunden waren. Aber sie hatte
keine Ahnung, wer dort drüben sonst noch arbeitete. Und vor allem, wann die anderen
jeweils nach Hause gingen. Frustriert kickte sie ein Stück zerknülltes Papier
durch den Raum. Zorro verstand das als Aufforderung zum Spielen und hechtete
hinterher, wobei er tollpatschig den Papierkorb rammte und diesen umstiess. Die
ganze Anspannung brach und Kaja musste angesichts des Tohuwabohus in dem
kleinen Raum lauthals lachen. Als sie sich ein wenig beruhigt hatte, bugsierte
sie ihren Hund zurück an seinen Platz und begann, das Durcheinander zu
beseitigen und ihre Tasche wieder einzuräumen. Als sie einigermaßen Ordnung
geschafft hatte, überlegte sie, was noch an Arbeit auf sie wartete. Eigentlich
hatte sie alles, was vor dem Wochenende fertig sein musste, bereits erledigt.
Sie könnte also genauso gut nach Hause gehen und dort in aller Ruhe ihren Plan
weiter ausarbeiten. Hier würde sie nur verrückt, in diesem engen kleinen Büro,
wo sie doch vor lauter Aufregung kaum stillsitzen konnte. Sie fasste einen
Entschluss und ging zu Max.
„Ja?“, fragte dieser, ohne von seinen Papieren aufzusehen, als sie
sachte klopfte und ihren Kopf durch die geöffnete Tür streckte.
„Ich bin’s, wollte
mich nur kurz abmelden, habe noch einen Arzttermin.“
Er blickte
überrascht hoch. „Bist du krank? Geht es dir nicht gut?“
„Nein, nein“,
beruhigte sie ihn, „nur eine Routineuntersuchung beim Frauenarzt.“
„Ach so, klar, geh
nur“, beeilte er sich verlegen zu sagen.
Als Kaja sein Büro wieder verließ, musste sie sich sehr anstrengen,
nicht laut heraus zu prusten. Sie hatte ihn nicht gerne angeschwindelt, aber
das war der einzige plausible Grund, der ihr eingefallen war, wo sie zudem
sicher sein konnte, dass er nicht nachfragen würde. In diesem Punkt reagierten
selbst in dieser angeblich so aufgeklärten Zeit alle Männer gleich. Kaum
Weitere Kostenlose Bücher