Die drei !!!, 14, Spuk am See
von Unkraut überwucherten Weg lag, und kratzte das Moos von einem Grabstein, um den Namen entziffern zu können.
»A…An…Anna«, buchstabierte sie. »Anna Harms. Geboren 1880, gestorben 1894. Sie ist nur vierzehn Jahre alt geworden.« Kim schluckte. Eine plötzliche Traurigkeit überkam sie. Sie musste an die unbekannte Anna denken, die viel zu früh gestorben war. Und an all die anderen Toten, die auf diesem Friedhof lagen. Irgendwann würde ihr eigener Name auch auf einem Grabstein stehen. Kim schauderte und wandte sich von Anna Harms’ Grab ab. Da ertönte eine Stimme in ihrem Rücken.
»Sucht ihr was Bestimmtes?«
Kim zuckte zusammen und schrie leise auf. Sie war so in Gedanken versunken gewesen, dass sie die dunkle Gestalt, die auf einer Bank unter einer alten Kastanie saß, gar nicht bemerkt hatte. Marie und Franzi machten ebenfalls überraschte Gesichter.
»Entschuldigt. Ich wollte euch nicht erschrecken.« Die Gestalt erhob sich. Jetzt sah Kim, dass es ein Mann war. Genauer gesagt ein älterer Herr mit weißen Haaren und beeindruckenden, sehr dichten Augenbrauen. Er trug einen dunklen Anzug mit weißem Kragen. Ein Pfarrer!
Kim entspannte sich wieder. »Ich … wir wollten uns die alten Gräber anschauen. Wir haben nicht damit gerechnet, hier jemandem zu begegnen.«
»Diese Bank ist mein Lieblingsplatz. Ich liebe die alten Gräber. Sie strahlen so viel Ruhe und Frieden aus.« Der Pfarrer lächelte den drei !!! zu. »Mein Name ist Heribert Wagner. Ich bin der Pfarrer hier im Ort.«
Die drei !!! reichten Pfarrer Wagner die Hand und stellten sich ebenfalls vor.
»Wir sind auf der Suche nach dem Grab einer Toten, die Antonia hieß«, erklärte Marie. »Können Sie uns sagen, ob sie irgendwo hier auf dem Friedhof liegt?«
Herr Wagner runzelte die Stirn. »Lasst mich nachdenken … ja, es gibt sogar mehrere Antonias. Toni Leberer ist erst letzte Woche gestorben. Sie war einundneunzig und ist sanft entschlafen. Dann gibt es noch Antonia Müller. Sie ist irgendwann in den Neunzigerjahren gestorben. Ein Autounfall. Tragische Sache.« Der Pfarrer seufzte. »Tja, und dann gibt es natürlich Antonia Schmidt. Aber die meint ihr sicherlich nicht …«
Maries Augen begannen zu funkeln. Sie warf Kim und Franzi einen triumphierenden Blick zu. »Doch, doch, genau die meinen wir! Liegt sie tatsächlich hier auf dem Friedhof?«
Pfarrer Wagner nickte. Er sah die drei !!! aufmerksam an, und Kim meinte, für den Bruchteil einer Sekunde so etwas wie Misstrauen in seinem Blick aufflackern zu sehen. Aber vielleicht war das auch nur Einbildung. Oder die Abendsonne, die durch die großen Blätter der Kastanie auf das Gesicht des Pfarrers fiel. »Antonia Müller ist vor mehreren Jahrhunderten gestorben. Ihr Grab ist dort drüben.« Er führte die drei !!! in die hinterste Ecke des Friedhofs. Direkt an der Hecke, die die Grenze des Friedhofs bildete, befand sich ein uraltes Grab. Es war völlig von Efeu überwuchert, und in der Mitte wuchs ein wunderschöner Rosenstrauch, der über und über mit dunkelroten Blüten bedeckt war. Der Grabstein war tief in die Erde eingesunken und neigte sich leicht nach hinten, als wäre er müde vom langen Stehen. Die Inschrift war besser zu lesen als bei den anderen Gräbern. Kim konnte sie ohne große Mühe entziffern.
»Hier ruht meine geliebte Tochter Antonia Müller«, las sie halblaut vor. Dann rechnete sie schnell nach. »Antonia ist mit neunzehn Jahren gestorben.«
»Warum ist ihr Grab so weit hinten?«, wollte Marie wissen. »Ohne Ihre Hilfe hätten wir es nie im Leben gefunden.«
»Hier wurden früher die Menschen bestattet, die als Sünder gestorben sind«, erklärte der Pfarrer. »Selbstmörder, Kriminelle, Ehebrecher und so weiter. Sie sollten nicht zwischen den anderen Gläubigen liegen.«
Marie machte ein erschrockenes Gesicht. »Hat sich Antonia etwa umgebracht?«
Pfarrer Wagner schüttelte den Kopf. »Nein, sie ist ertrunken. Im Teich bei der alten Mühle.«
Die drei !!! wechselten einen Blick. Kim sah, dass nun auch Franzis Interesse geweckt war. »Dort, wo früher der Gerichtsplatz war?«, fragte sie.
»Genau.« Der Pfarrer nickte. »Antonia wurde des Diebstahls angeklagt und verurteilt. Wie es damals üblich war, sollte sie ertränkt werden. Man sagt, sie sei wunderschön gewesen und klaglos ins Wasser gestiegen. Kurz bevor sie starb, beteuerte sie noch einmal ihre Unschuld.«
»Doch niemand hat ihr geglaubt«, murmelte Marie.
»Ja, so war es leider. Sie musste
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