Die Drei Ausrufezeichen - Vampire in der Nacht
wenn der es offensichtlich nicht wollte. Denn sonst wäre er ja jetzt hier und würde etwas dagegen unternehmen, dass Marie Leonard schöne Augen machte.
Marie war verunsichert, als Leonard, der als Sensenmann verkleidet vor ihr stand, die Kapuze abnahm und ihr tief in die Augen schaute. Flirtet er etwa mit mir? Was soll’s? Jo hüllt sich seit einer Ewigkeit in Schweigen, keine Antwort ist auch eine Antwort, dachte Marie ein wenig beleidigt.
Und sollte sie deshalb etwa versauern und zur einsamsten Seele dieser Party werden? Marie war unschlüssig. Dann dachte sie: Versauern, ich? Im Leben nicht! Kokett neigte sie den Kopf leicht zur Seite und spielte mit ihrer Perlenkette. Leonard sprang sofort darauf an. Er konnte kaum den Blick von ihrem Hals lassen. »Ich hol uns schnell was zu trinken«, hauchte er und stahl sich aus der Situation. Mit zwei alkoholfreien Cocktails in den Händen kehrte er zurück und wollte den Flirt offensichtlich vertiefen. Doch bei Marie hielt die kurzfristige Flirtlaune nicht lange an. Sie schlürfte ihren Cocktail und hörte Leonard gespielt aufmerksam zu, als er ihren Flirt im Camp und ihr letztes Treffen Revue passieren ließ. Was gar nicht so leicht war, denn die Musik wurde mit jeder Minute lauter. Auch das Stimmengewirr um sie herum nahm minütlich zu.
Ihr Interesse an Leonard hingegen nahm sekündlich ab. Irgendwie fühlte sich das Ganze hier schal an. Marie beschloss, erst einmal solo zu bleiben. Sie hatte für dieses Jahr genügend Achterbahnfahrten in ihrem Gefühlsleben gehabt.
Sie ließ Leonard kurz darauf mit einer faulen Ausrede stehen und Jo verbannte sie in die hinterste Ecke ihres Herzens. Vielleicht kramte sie ihn da ja irgendwann mal wieder draus hervor. Sie war nicht sicher, ob sie sich das wünschte oder es befürchtete. Maries Gedanken sprangen munter durcheinander. Sicher wünschte sie jetzt gerade nur eines: ein eisernes Herz! Immun gegen Angriffe des anderen Geschlechts. Nicht für immer, aber vorläufig.
Zur Ablenkung stürzte sie sich ins Getümmel! »Amüsieren kann man sich auch ohne Flirt! Also los, Marie Grevenbroich, amüsiere dich!«, befahl sie sich selbst streng.
Sie suchte nach Franzi und Kim. In dem Gedränge auf der Tanzfläche konnte sie sie nicht erspähen. Nachdem ihr das fünfte Mal jemand gegen den ausladenden Rock gestoßen war und sie anpampte, ob es auch etwas dezenter gegangen wäre, merkte sie, dass sie sich überhaupt nicht amüsierte. Ganz im Gegenteil. Irgendwie war ihr die Partylaune vergangen. Als dann auch noch Corinna vor ihr stand und ihr zuraunte: »Dein Kleid ist eine Zumutung! Du brauchst viel zu viel Platz! Das gibt bestimmt Punkteabzug. Die Jury hat eben ganz schön angenervt zu dir rübergeschaut und sich Notizen gemacht«, trat Marie die Flucht an. Doch nicht ohne vorher Corinnas Kostüm genauer zu betrachten. Ihr alberner Taftrock war viel zu kurz. Und das Rosa ihres Tops tat Marie in den Augen weh und biss sich ganz fürchterlich mit dem Purpurrot ihrer Ringelstrümpfe. Aber am grauenhaftesten fand Marie den albernen Feenstab mit dem glitzernden Stern, den Corinna bei jedem Wort vor Marie fast schon drohend hin und her schwenkte. Die bissige Bemerkung, die ihr auf der Zunge lag, runterzuschlucken gelang Marie beim besten Willen nicht. »Dass die Zahnfee nachts kommt, ist mir auch klar. Damit hast du zwar das Motto der Party getroffen, aber ist dir das Kostüm nicht doch zu kindisch? Du siehst aus wie eine Vierjährige!«, zischte sie. Das hatte gesessen! Zufrieden registrierte Marie, wie sie Corinnas Stolz für einen Moment ins Wanken gebracht hatte. Lässig raunte sie Corinna zu: »Man sieht sich!« Dann drehte sie sich weg und ging Franzi und Kim suchen, doch sie konnte sie zwischen all den Partygästen nicht erspähen. Selbst Michi war wie vom Erdboden verschluckt.
Marie brauchte dringend frische Luft! Egal wie kalt es da draußen war! Sie hoffte darauf, dass sich ihre Laune verbessern würde, wenn der kalte Wind ihre Gedanken ein bisschen wegwehen würde. Sie stolperte zum Ausgang. Auf dem Parkplatz vor dem Jugendzentrum sah sie ihre Freundinnen. Sie waren in ein Gespräch mit einem wirklich runden Kürbis vertieft. Kein Wunder, dachte Marie, als sie Kommissar Peters erkannte, der in dem Kostüm steckte. Kim konnte wohl niemals abschalten. Kommissar Peters war nicht nur Polizeibeamter, sondern mittlerweile auch ein guter Freund der drei!!!. Auch wenn er es nicht gerne sah, dass Franzi, Marie und Kim sich bei ihren
Weitere Kostenlose Bücher