Die drei !!! Bd. 30 - Falsches Spiel im Internat
auf den Heimweg gemacht. Im Bus hatte Kim eine SMS an Michi geschrieben und sich mit ihm für den Nachmittag im Café Lomo verabredet.
Jetzt bereute sie diese Entscheidung. Sie hätte das Gespräch mit Michi gerne noch etwas aufgeschoben, aber dafür war es zu spät. Die Fassade des Lomo tauchte vor ihr auf. Kim atmete einmal tief durch, dann ging sie hinein. Michi war bereits da. Er saß an einem ruhigen Tisch in der Ecke und spielte mit einem Bierdeckel herum. Als Kim eintrat, sah er auf und lächelte. Sein Lächeln traf Kim mitten ins Herz. Es schmerzte tausendmal mehr als ein böser Blick oder eine beleidigte Miene. Warum war Michi nur immer so lieb? Warum war er nicht wenigstens ein kleines bisschen nachtragend?
»Hallo, Kim«, begrüßte er sie. »Schön, dich zu sehen. Soll ich dir einen Kakao Spezial bestellen?«
Kim setzte sich und schüttelte den Kopf. »Ich nehme nur ein Wasser.«
»Okay.« Michi winkte der Bedienung und gab die Bestellung auf.
Kim betrachtete sein Gesicht, während er sprach. Seine braunen, fransigen Haare, die ihm immer ins Gesicht fielen. Seine grünen Augen, in denen sie so oft versunken war. Und sein Mund mit diesen wunderschönen Lippen, die sie so oft geküsst hatte. Alles war ihr so vertraut. Und doch kam es ihr plötzlich vor, als sei Michi ganz weit weg. Als wäre nicht nur der alte, schäbige Holztisch zwischen ihnen, sondern ein ganzer Ozean voller unausgesprochener Vorwürfe, Missverständnisse und Schweigen. »Was ist?« Michi strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Hab ich einen Fleck auf der Stirn oder warum guckst du mich so an?«
»Nein, nein«, sagte Kim schnell. »Alles in Ordnung.« Michi griff über den Tisch und nahm Kims Hand. »Ich war so froh, als vorhin deine SMS kam. Bist du noch sauer wegen gestern? Es war übrigens sehr nett beim Chinesen, du hast was verpasst. Aber das können wir ja irgendwann mal nachholen.«
»Ja, vielleicht«, murmelte Kim. Michis Finger schlossen sich warm um ihre. Kim wusste, dass das seine Art war, sich mit ihr zu versöhnen. Es wäre so leicht, darauf einzugehen und den dummen Streit einfach zu vergessen. Wieder zur Tagesordnung überzugehen. Michi dabei zuzuhören, wie er von dem Abend mit seinen Freunden erzählte oder ihr seinen Vorbereitungsplan für die Ausbildung erklärte. Aber wollte sie das wirklich? Kim schloss kurz die Augen und sammelte Kraft für das, was nun kam. Dann entzog sie Michi ihre Hand und sagte klar und deutlich: »So geht es nicht weiter, Michi.« Michi sah sie an. In seinen grünen Augen erkannte Kim völlige Ratlosigkeit. Und einen winzigen Funken Angst. »Was meinst du damit?«, fragte er. »Was geht so nicht weiter?«
»Das mit uns.« Kim sah auf ihre Hände, die wie zum Gebet verschränkt auf der Tischplatte lagen. Sie konnte Michis Blick nicht mehr ertragen. Die Angst, die in seinen Augen lauerte, fuhr ihr wie ein Faustschlag in den Magen und nahm ihr die Luft. Ein Gedanke zuckte durch ihren Kopf. Was tust du hier eigentlich? Willst du das wirklich? Willst du hier und jetzt mit Michi Schluss machen?
Erst jetzt wurde ihr bewusst, was sie tief in ihrem Inneren schon lange geahnt hatte. Sie hatte es nicht wahrhaben wollen, hatte es verdrängt, aber nun ging es nicht mehr. Die verlorene Kette und die gefällte Linde waren Vorzeichen für etwas viel Schlimmeres gewesen: Sie würde sich von Michi trennen. Jetzt und hier. Denn wenn sie noch länger wartete, würde sie es vielleicht niemals schaffen.
Tränen schossen ihr in die Augen. Der Trennungsschmerz überrollte sie wie eine haushohe Welle und war so heftig, dass Kim beinahe laut aufgeschrien hätte.
»Weinst du etwa?« Michi hob die Hand, als wollte er Kim die Tränen aus den Augenwinkeln wischen. Aber dann ließ er die Hand wieder sinken. Vielleicht war es der abweisende Ausdruck in Kims Gesicht, der ihn zögern ließ. Stattdessen fragte er: »Willst du mir nicht endlich sagen, was los ist? Was quält dich so?«
Kim versuchte, die Tränen hinunterzuschlucken. Sie musste jetzt stark sein und die Sache zu Ende bringen. Je schneller, desto besser. »Es ist nicht mehr so wie früher zwischen uns«, begann sie heiser zu sprechen. »Ich weiß nicht, wann es angefangen hat und wie es genau passiert ist. Ich weiß nur, dass wir uns auseinandergelebt haben. Wir interessieren uns nicht mehr für dieselben Dinge. Wie lachen nicht mehr über dieselben Sachen. Wir reden ständig aneinander vorbei, streiten uns, machen einander Vorwürfe. Das muss
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