Die drei !!! Bd. 35 - Diebe in der Lagune
einer formlosen Masse. Aus den Augenwinkeln sah sie noch, dass ein Paar sich sehr schnell auf sie zu bewegte. Viel zu schnell ... »Passt doch auf!«, rief Marie.
Zu spät. Das Paar stieß frontal mit ihnen zusammen. Marie bekam einen schmerzhaften Stoß gegen die Rippen. Sie hörte Luca leise fluchen und stolpern, den Aufschrei der anderen Partnerin und danach Alessandros näselnde Stimme: »Haben wir euch wehgetan? Das tut mir leid! Es war allein meine Schuld.«
»Allerdings«, sagte Marie. »Du hättest wirklich besser aufpassen sollen.« Verärgert zupfte sie an ihrem Kleid, das durch den Zusammenstoß leicht verrutscht war. »Scusi, entschuldige bitte, Marie!«, sagte Alessandro. Lucas Augen verengten sich. »Ihr kennt euch?« Alessandro nickte nur. Er sah immer noch Marie an. Erst jetzt fiel ihr auf, dass seine Augen blau waren. Verwaschen blau wie das Wasser im Canal Grande. Alessandro sagte ein paar Worte auf Italienisch zu seiner Tanzpartnerin. Anschließend deutete er eine knappe Verbeugung vor Marie an. »Ich möchte meinen Fehler wieder gutmachen. Darf ich dich um den nächsten Tanz bitten?«
Marie war so sprachlos, dass sie nicht sofort reagieren konnte. Alessandro interpretierte ihr Schweigen als Ja. Wie selbstverständlich legte er den Arm um ihre Taille und tanzte mit ihr los.
»Aber ich ...«, fing Marie an und drehte sich suchend nach Luca um. Doch der wurde bereits von anderen Tänzern verdeckt.
Alessandro schüttelte lächelnd den Kopf. »Nicht sprechen! Beim Tango darf man nicht reden.«
Marie wollte protestieren, aber da war sie schon verzaubert. Alessandro führte sie in einer einzigen, leidenschaftlichen, fließenden Bewegung. Er war ein begnadeter Tangotänzer und schwebte scheinbar schwerelos übers Parkett. Marie schloss die Augen und gab sich ganz dem Tango hin. Sie machte die Augen erst wieder auf, als die Musik verstummte und Alessandro sie mit seinem Siegerblick betrachtete. »Ich hatte recht, oder?«, fragte er. »Den Tango muss man spüren. Komm, ruhen wir uns kurz aus.« Er ging mit ihr zu einem freien Bistrotisch und holte zwei große Gläser mit Mineralwasser. Sogar beim Trinken konnte er es nicht lassen, den blasierten Adligen zu spielen. Er spreizte seine Finger seltsam verkrümmt um das Glas. »Ich hab dich noch gar nicht gefragt, wo du wohnst, ob du Geschwister hast und was du in deiner Freizeit gerne machst. Erzähl mir ein bisschen von dir!« Nach der Leidenschaft des Tanzes kehrte Marie schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Sie wollte den Abend nicht mit Alessandro verbringen. Sie wollte mit Luca zusammen sein. Nur aus Höflichkeit beantwortete sie Alessandro Fragen, allerdings so knapp wie möglich. Leider war Alessandro ziemlich hartnäckig und hakte nach. Er ließ nicht locker, bis er erfahren hatte, dass Maries Vater ein berühmter Schauspieler war und die Patchworkfamilie seit Kurzem in einer Villa wohnte.
Plötzlich fing er an zu strahlen. »Das ist ja großartig! Ich meine, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie erleichtert ich bin. Lass es mich erklären: Ich war unhöflich zu dir heute Morgen, dafür möchte ich mich entschuldigen. Ich war nur deshalb so distanziert, weil ich schlechte Erfahrungen gemacht habe. Viele Mädchen sind nämlich nur auf meinen Adelstitel und mein Geld aus.« Er seufzte und sah auf einmal richtig traurig aus. »Ich will aber um meiner selbst willen geliebt werden.« Mit diesem ehrlichen Geständnis hatte Marie am allerwenigsten gerechnet. War Alessandro gar nicht so eingebildet, wie er sich nach außen hin gab? Steckte ein sensibler, verletzlicher Junge hinter seiner arroganten Fassade? Auf jeden Fall hatte sie sich mit der ersten Einschätzung über ihn getäuscht. Marie kam nicht mehr dazu, weiter darüber nachzudenken, da auf einmal Luca vor ihr stand. Er warf Alessandro einen vernichtenden Blick zu und sagte dann zu Marie: »Wollen wir uns Nachschub vom Büfett holen?«
»Super Idee!« Marie lächelte Alessandro unverbindlich an und verabschiedete sich mit einem Kopfnicken. Als sie Luca folgte, fing ihr Herz sofort wieder an, Tango zu tanzen. Beim Büfett trafen Marie und Luca auf Kim und Franzi, die sich gerade eisgekühlte Colaflaschen und eine Chipstüte geschnappt hatten.
»Drüben im Nebenraum ist ein Kickertisch«, erzählte Franzi. »Wer hat Lust auf ein Spiel mit Kim und mir?« »Ich!«, riefen Marie und Luca gleichzeitig.
Den restlichen Abend verbrachten die vier beim Kickern. Es wurde ein heißer
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