Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die drei Dämonischen

Die drei Dämonischen

Titel: Die drei Dämonischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
Vom Netzwerk:
aus dem Felsen gehauene Treppe gewesen. Jetzt war er mit Steintrümmern, Abfall, Pflanzenresten und Tierskeletten übersät. Immer wieder stolperten Luxon und Mythor, aber nach hundert oder mehr Stufen standen sie vor einem Gitter.
    Dicke Krusten von Rost wucherten aus den kantigen Stäben. Das Summen aus der Tiefe des Tempels hatte aufgehört. Ratlos glitten Luxons Finger über die wuchtigen Metallstücke, die zwischen den Felsquadern verschwanden. Das Gitter war nicht zu bewegen, es schien unverrückbar und fest.
    »Zur Seite!« sagte Mythor. Gegen das Licht einer bauchigen Öllampe, die keine zwanzig Schritt von ihnen entfernt in einer Nische des Korridors stand, hatte er etwas entdeckt. Er tastete eine Stelle des Gitters, dessen Stäbe etwa zwei Handbreit voneinander entfernt waren, ab. Hier war der Rost abgefallen, und es zeigte sich, dass das Eisen an dieser Stelle besonders dünn war. Mythor packte zu und stemmte sich mit dem Fuß gegen einen anderen Teil des Metalls.
    Knirschend bog sich der Eisenstab.
    Dann gab es ein knisterndes Geräusch. An der schwächsten Stelle brach der senkrechte Stab aus der Querverbindung. Eine Rostwolke rieselte vor den Eindringlingen zu Boden. Sie sprangen zurück in den Schutz der Dunkelheit, aber ein Stück des Gitters hatte sich um weniger als eine Elle bewegt.
    »Weiter. Es hat uns niemand gehört«, sagte Mythor, packte wieder das Ende des Stabes und bog ihn nach oben und zur Seite. Mit einem harten Knacken brach er ab und schlug gegen die Verstrebung. Es gab ein glockenartig hallendes Geräusch, nicht sehr laut, aber durchdringend.
    »Hinein!« ordnete Luxon an. »Im Tempel gibt es unzählige Räume und Gänge. Wir können uns leicht verstecken.«
    Mythor rannte, nachdem sie sich schnell durch die Öffnung gezwängt hatten, hinter ihm her. Zuerst liefen sie über den sauberen Steinboden des Korridors, in dem die Öllampe brannte. Ihre Stiefel hinterließen Spuren, die aus Feuchtigkeit, Sand und Rost bestanden. Aber nach fünfzig Schritten waren die Sohlen trocken.
    »Wohin?«
    »Nach rechts. Und dann aufwärts.«
    Mythor begann sich zu fragen, auf welche Art Luxon - nachdem sie eingedrungen waren und sich zu verstecken trachteten – etwas von den Großen erfahren wollte. Wollte er sie belauschen? Durchaus möglich, aber es schien vermessen, daran zu denken, dass ihre abendlichen »Gespräche« sich nur um den Sohn des Kometen und seine wahre Persönlichkeit drehen würden. Trotzdem folgte er Luxon und hoffte, dass er endlich aus Sarphand hinauskommen würde. Er begann, die Stadt und alles, was sie verkörperte, zu hassen.
    Je weiter sie eindrangen, je höher sie sich in den verwinkelten Gewölben unterhalb des Tempels hinaufwagten, desto häufiger wurden die Zeichen des seltsamen Lebens, das die Großen führten.
    Auf steinernen Sockeln an den wuchtigen Mauern prangten die gemeißelten Gesichter von Großen. Eine lange Reihe von scharfen, edel, fast schon knochig wirkenden Masken mit starren, in die Ferne gerichteten Augen und zugenähten Mündern. Die Einstiche und die Schnüre waren besonders deutlich und in ritueller Übertreibung dargestellt, ebenso die Wahrzeichen des Trancezustands. In vielen Ornamenten, die in breiten Bändern die Tordurchgänge verzierten, kamen die Blüten der Mondblume vor. Ebenso die merkwürdigen Gerätschaften, mit deren Hilfe sie den Rauch durch die Nase einsogen, dazu Abbildungen, die Mythor nicht genau erkannte.
    »Bist du sicher, dass du den Weg noch immer kennst?« fragte Mythor, als sie in einen Bereich vorgestoßen waren, in dem weitaus mehr Helligkeit herrschte. Die Zeichen, dass hier die Zimmer und Säle der Weisen waren, nahmen zu.
    »Sie werden sicher nicht ihren Großen Saal verlegt haben«, gab Luxon zurück. Sie bogen um eine Ecke, und plötzlich wimmelte es um sie von goldfarbenen Umhängen und Fäusten, in denen Dolche funkelten. Ruckartig blieben sie stehen.
    Die Tücher vor den Gesichtern bewegten sich, als etwa zwanzig Große ein durchdringendes Pfeifen ausstießen.
    Mythor hob abwehrend die Hände und lachte auf. Luxon fuhr herum und zischte wütend: »Warum lachst du?«
    »Weil wir uns den Umweg hätten ersparen können, König der Nacht«, sagte Mythor. Er wartete, bis die Stummen Großen ihren Kreis geschlossen hatten. Es war etwas Unheimliches an diesem schrillen Pfeifen, der Sprachlosigkeit und den ausdrucksvollen Gebärden, mit denen sich Hände und Dolche bewegten.
    Jetzt sahen sie auch, dass sie genau im Zentrum

Weitere Kostenlose Bücher