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Die drei Ehen der Grand Sophy

Die drei Ehen der Grand Sophy

Titel: Die drei Ehen der Grand Sophy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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Fesseln seines eigenen Gewissens, und da er, bei all seinen Fehlern, keineswegs der Mann war, vor klaren Folgerungen zurückzuschrecken, ging er nun auf ihre Gedanken nicht mehr ein. »Ich muß mir selber Vorwürfe machen«, sagte er. »Daß ich durch meine übereilten Worte Hubert so weit gebracht habe, in seinen Schwierigkeiten jedem anderen mehr zu vertrauen als mir, ist ein bitterer Vorwurf! Meiner Kusine schulde ich Dank dafür, daß sie mir die Augen geöffnet und meinen Irrtum gezeigt hat! Hoffentlich werde ich mich in Zukunft besser bewähren. Es war nicht meine Absicht, aber ich sehe jetzt selbst, wie widerwärtig ich ihm gewesen sein muß. Ich werde dafür sorgen, daß der arme kleine Theodore nicht auch in dem Glauben heranwächst, jede seiner kleinen Sünden unbedingt vor einem tyrannischen Bruder verbergen zu müssen!«
    »Mein lieber Charles, das ist übertriebene Empfindlichkeit! Niemand kann dich für das Betragen deiner Brüder verantwortlich machen.«
    »Da bist du vollkommen im Unrecht, Eugenia. Ich bin sechs Jahre älter als Hubert, und da ich nur zu gut weiß, daß mein Vater sich über keinen von uns Gedanken macht, ist es meine Pflicht, mich der Jüngeren anzunehmen! Das darf ich vor dir offen aussprechen, denn du weißt, unter welchen Verhältnissen wir leben.«
    Darauf erwiderte sie ohne Zögern: »Ich bin überzeugt, daß du immer deine Pflicht getan hast. Ich habe gesehen, wie du bestrebt warst, strengere Lebensregeln, ein höheres Maß von Disziplin und häuslicher Ordnung durchzusetzen. Hubert kann nie über deine Auffassungen im unklaren gewesen sein, und sein Verhalten, das ich höchst anstößig finde, durch Duldsamkeit zu ermutigen, wäre äußerst unziemlich. Miss Stanton-Lacys Eingreifen entsprang natürlich der freundlichsten Absicht, doch war es eher von einem augenblicklichen Impuls als von ihrem Gewissen diktiert. Es mag ihr noch so peinlich gewesen sein, ihre Pflicht war es, dir die volle Wahrheit zu sagen, und zwar sofort! Huberts Schulden auf diese Weise zu decken, hieß seine lästerliche Spielleidenschaft noch ermutigen. Ich bin überzeugt, daß selbst eine kurze Überlegung sie zu dieser Einsicht gebracht hätte, aber leider ist Miss Stanton-Lacy bei all ihren vortrefflichen Eigenschaften nicht geneigt, vernünftigen Erwägungen Raum zu geben!«
    Er starrte sie an, und in seinen Augen war ein sonderbarer Ausdruck, den sie nicht zu deuten verstand. »Wenn Hubert sich dir anvertraut hätte, Eugenia, wärst du sofort mit der Sache zu mir gekommen?«
    »Ohne Zweifel! Ich hätte nicht eine Sekunde gezögert.«
    »Nicht eine Sekunde gezögert?« wiederholte er. »Auch wenn das Geständnis in dem Glauben gemacht worden wäre, daß du das Vertrauen nicht täuschen würdest?«
    Sie lächelte. »Lieber Charles, das ist doch nichts als Unsinn! Vor so etwas zurückzuschrecken, wenn die Pflicht doch klar auf der Hand liegt – nein, dafür habe ich. kein Verständnis! Die Zukunft deines Bruders, seine weitere Laufbahn liegen mir so am Herzen, daß es für mich keine andere Wahl geben könnte, als dir seine Verfehlungen zu offenbaren. Solch verhängnisvolle Neigungen müssen eingedämmt werden, und da dein Vater, wie du ja selbst sagtest, sich über euch keine Gedanken macht –«
    Ohne sich zu entschuldigen, fiel er ihr ins Wort. »Solche Auffassungen erweisen deinem Verstand Ehre, aber nicht deinem Herzen, Eugenia. Du bist eine Frau, verstehst darum vielleicht nicht, daß Vertrauen, das man dir schenkt, unbedingt – unbedingt! – heilig sein muß! Ich habe gesagt, daß ich wünschte, sie hätte mir etwas gesagt, aber es war die Wahrheit nicht! Ich konnte nicht wirklich wünschen, daß jemand ein Vertrauen täuscht! Großer Gott, täte ich es denn selbst?«
    Diese rasch hervorgestoßenen Worte trieben ihr die Röte in die Wangen. Sie sagte scharf: »Demnach versteht Miss Stanton-Lacy – sie ist doch wohl auch eine Frau! – derlei besser?«
    »Ja, das tut sie. Vielleicht ist das eine Folge ihrer Erziehung. Eine ausgezeichnete Erziehung! Vielleicht wußte sie, welche Folgen ihr Verhalten haben mußte; vielleicht kam sie Hubert wirklich nur aus Großherzigkeit zu Hilfe: mag sein, ich weiß das nicht, hab sie auch nicht gefragt. Der Ausgang war jedenfalls weit besser, als er gewesen wäre, wenn sie sich an mich gewendet hätte! Hubert ist viel zu sehr ein Mann, um sich hinter dem Rock seiner Kusine zu verstecken: er hat mir alles selbst gestanden.«
    Sie lächelte. »Ich fürchte,

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