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Die drei Ehen der Grand Sophy

Die drei Ehen der Grand Sophy

Titel: Die drei Ehen der Grand Sophy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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war offenkundig ihr aufmerksamster Besucher. Major Quinten war dort gewesen, Lord Francis Wolvey und sogar Mr. Fawnhope. Seine Gegenwart war allerdings leicht zu erklären: er trug sich mit dem Gedanken einer Tragödie, in deren Mittelpunkt Don Juan d’Austria stand, dessen meteorhaft kurze und glorreiche Lebensbahn für ein lyrisches Drama besonders geeignet schien. Schon waren einige ergreifende Verse fertig, die der Held fiebergeschüttelt auf dem Totenbett sprechen sollte, und da war es nur zu naheliegend, daß die Marquesa interessante Einzelheiten über Leben und Bräuche in Spanien beibringen konnte, die ihm bei der Vollendung seines Meisterwerks von Nutzen waren. Es ergab sich allerdings, daß die Kenntnisse der Marquesa über die Sittengeschichte des sechzehnten Jahrhunderts weit hinter seinen eigenen zurückblieben, doch mochte sie einen so hübschen jungen Menschen nicht entmutigen, bei ihr vorzusprechen, und so lud sie ihn mit müdem Lächeln ein, wiederzukommen und mit ihr über Spanien zu plaudern, wenn er sich keine bessere Gesellschaft wüßte.
    Sophy, die Mr. Fawnhope nie in männlichen Tugenden brillieren gesehen, mußte zu ihrem Erstaunen entdecken, daß er auf einem Vollblutpferd zum Besuch der Marquesa ritt, das zu besitzen auch sie nicht verschmäht hätte. Er folgte ihrem Phaeton auf der Rückfahrt nach London zu Pferd und behandelte das schöne, verspielte Tier durchaus sachkundig. Lord Charlbury gegenüber bemerkte sie, daß es für ihn nur von Vorteil war, wenn Cecilia ihren Poeten nie zu Pferd sah. Er seufzte. »Sie müssen nicht denken, liebste Sophy, daß ich an Ihrer Gesellschaft kein Vergnügen finde, aber wohin führt das alles? Wissen Sie es? Ich weiß es nicht.«
    »Es führt Sie genau dorthin, wohin Sie zu gelangen wünschen«, antwortete sie ernst. »Vertrauen Sie mir doch! Cecilia sieht die Aufmerksamkeit, die Sie mir widmen, gar nicht gern, das mögen Sie mir glauben!«
    Doch war Cecilia keineswegs die einzige Person, die an diesem Schauspiel keine Freude fand. Mr. Rivenhall, der vielleicht noch immer Hoffnungen hegte, daß zwischen Charlbury und seiner Schwester eine Verbindung zustande käme, zeigte tiefes Mißbehagen; und Lord Bromford, der sich zurückgesetzt sah, entwickelte ein solches Maß von Gehässigkeit gegen seinen Nebenbuhler, daß er kaum noch den Schein gesellschaftlicher Höflichkeit wahrte.
    »Mir scheint das wirklich sonderbar«, äußerte er gegenüber Miss Wraxton, deren Sympathie ihm sicher war, »daß ein Mann, der länger, als ich sagen kann, um eine Frau geworben hat – so lautet doch die übliche Redensart –, daß solch ein Mann so wetterwendisch sein sollte, binnen kurzer Frist seine Aufmerksamkeit einer anderen zuzuwenden! Ich muß zugeben, daß ich für solch ein Gehaben kein Verständnis aufbringe. Wäre ich, meine teuerste Miss Wraxton, nicht ein wenig in der Welt herumgekommen und hätte dabei einigen Einblick in die Gebrechlichkeit und Unzulänglichkeit menschlichen Wesens gewonnen, so stünde ich jetzt verständnislos da! Doch nehme ich nicht Anstand, Ihnen offen zu sagen, daß Charlbury mir nie sympathisch war. Sein Benehmen setzt mich nicht in Verwunderung. Ich bin nur traurig und, wenn ich das hinzufügen darf, überrascht, daß Miss Stanton-Lacy darauf eingeht.«
    »Ohne Zweifel«, erwiderte Miss Wraxton darauf freundlich, »sieht eine Lady, die immer auf dem Kontinent gelebt hat, solche Dinge in anderem Licht als eine arme Daheimhockerin wie ich. Wie ich höre, ist solches Flirten bei den Damen auf dem Kontinent weiter nichts als ein Zeitvertreib.«
    »Dazu muß ich Ihnen sagen, Verehrteste«, entgegnete Seine Lordschaft, »daß ich keineswegs ein Fürsprecher des Reisens für Damen bin. Für die Erziehung des schwachen Geschlechts scheinen mir Reisen keineswegs nötig, während sie für die geistige Entwicklung eines Mannes wohl unerläßlich sind. Es sollte mich nicht wundern, wenn ich hörte, daß Charlbury unsere Insel nie verlassen hat. Anderseits ist gerade das ein Umstand, der mir Miss Stanton-Lacys Vergnügen an seiner Gesellschaft erst recht unverständlich macht.«
    Lord Bromfords Feindseligkeit war dem Manne, der ihre Zielscheibe war, keineswegs unbekannt. Einmal äußerte Charlbury zu Sophy, als er an ihrer Seite über die Row ritt: »Wenn ich mit heiler Haut aus diesem Maskenball heimkomme, kann ich mir selber gratulieren. Haben Sie es darauf abgesehen, daß ich erschlagen werde, Sophy, Sie Hexe?«
    Sie lachte.

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