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Die drei Ehen der Grand Sophy

Die drei Ehen der Grand Sophy

Titel: Die drei Ehen der Grand Sophy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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Absicht, Sophy zu verlassen, sondern schien sich mit seinem Schicksal abgefunden zu haben.
    Lacy Manor, das etwas abseits von der großen Chaussee lag, war ein elisabethanischer Bau, zu dem spätere Generationen mancherlei beigetragen, der aber doch seine ursprüngliche Schönheit behalten hatte. Man gelangte durch eine schöne Allee edler Bäume zu der Auffahrt; früher war das Haus von wohlgepflegten Gärten umgeben gewesen. Durch den Umstand, daß Sir Horace abwesend und überdies ein recht unbekümmerter Besitzer war, hatte es geschehen können, daß diese Gärten in den letzten Jahren verwilderten, das Gesträuch war von wucherndem Buschwerk kaum zu unterscheiden, und unbeschnittene Rosenbüsche machten sich auf Blumenbeeten, in denen das Unkraut gedieh, breit. Der Himmel war den ganzen Tag über bedeckt gewesen, aber jetzt zeigte ein Sonnenstrahl, der durch die niedrigen Wolken brach, daß die altmodischen Fenster mit ihren Mittelpfosten seit langem nicht gereinigt worden waren. Ein dünner Faden Rauch stieg von einem Kamin auf, das einzige Zeichen, daß jemand im Hause wohnte. Sophy, die aus dem Wagen gestiegen war, sah sich kritisch um, während Charlbury an dem eisernen Glockenzug am Haupteingang zerrte.
    »Scheint ja alles in schändlicher Unordnung«, bemerkte sie. »Ich muß Sir Horace schreiben, daß es so nicht geht. Er dürfte das Haus nicht derartig vernachlässigen. Arbeit gäbe es hier für eine kleine Armee von Gärtnern! Er hat das Haus nie leiden mögen. Vielleicht, weil meine Mutter hier gestorben ist.« Lord Charlbury wollte etwas Mitfühlendes äußern, aber Sophy fuhr unbekümmert fort: »Ich glaube aber, nur seine schändliche Indolenz ist schuld. Läuten Sie noch einmal, Charlbury!«
    Nach einer geraumen Weile hörten sie schlurfende Schritte im Haus, dann wurden Riegel zurückgeschoben, und eine Türkette klirrte.
    »Bin schon halbwegs versöhnt, Sophy«, sagte Charlbury. »Hätte nie gehofft, eines Tages persönlich zwischen die Buchdeckel eines Romans zu geraten! Wird es hier Spinnweben geben? Liegt ein Skelett unter der Treppe?«
    »Ich fürchte, nein. Aber denken Sie nur, wie hübsch das wäre!« Und als die Tür jetzt aufging und ein erstauntes Gesicht sichtbar wurde, sagte sie: »Guten Tag, Clavering! Ja, ich bin es wirklich, ich bin gekommen, um nach Ihnen und Mathilda zu sehen.«
    Der Verwalter, ein gebrechlicher Mann mit ergrauten Locken und einem gebeugten Rücken, starrte sie einen Moment lang an, bevor er hervorbrachte: »Miss Sophy! Du lieber Gott, wenn wir geahnt hätten, daß Sie kommen –! Ich bin so erschrocken, als die Glocke läutete. Matty, komm! Matty! Es ist Miss Sophy!«
    Eine Frauengestalt, so beleibt wie er dürr, tauchte im Hintergrund auf, stammelte unverständliche Laute und suchte sich aus der Umschlingung einer schmutzigen Schürze zu befreien. Rot übergossen bat Mrs. Clavering ihre junge Herrin, einzutreten und die Unordnung, die ihr überall begegnete, zu entschuldigen. Niemand hatte ja ihr Kommen angekündigt; der Herr hatte ausdrücklich geschrieben, er würde sich anmelden, bevor er aus dem Auslande zurückkehrte: jetzt sei sie nicht einmal sicher, ob Tee im Hause wäre: und wenn sie nur geahnt, daß Miss Sophy auf den Gedanken kommen könnte, das Haus zu besuchen, so wäre der Kamin natürlich ausgeräumt, der beste Salon instand gesetzt und die Bezüge wären von den Möbeln genommen worden.
    Sophy beschwichtigte Mathildas Erregung, indem sie versicherte, sie wäre durchaus gefaßt gewesen, das Haus in diesem Zustand anzutreffen; damit betrat sie die Halle. Von dem getäfelten, niedrigen Raum führte eine hübsche Eichentreppe, bequem gestuft, in die oberen Stockwerke. Die Stühle staken in Leinenüberzügen, und eine dicke Staubschicht lag auf dem dünnbeinigen Tisch in der Mitte des Raumes. Die Luft, die ihnen entgegenschlug, war dumpf, und ein feuchter Fleck an der Wand trug dazu bei, die Muffigkeit der Atmosphäre verständlich zu machen.
    »Wir müssen alle Fenster öffnen und Feuer anmachen«, erklärte Sophy lebhaft. »Ist die Marquesa – hat eine spanische Dame sich hier gezeigt?«
    Man versicherte ihr, daß sich keine spanische Dame im Manor gezeigt hatte, ein Umstand, zu dem sich die Claverings zu beglückwünschen schienen.
    »Schön«, sagte Sophy, »dann muß sie jeden Augenblick eintreffen, und wir müssen uns beeilen, einige Behaglichkeit zu ihrem Empfang vorzubereiten. Sorgen Sie für Holz, Clavering, und machen Sie ein Feuer an; Sie

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