Die drei Ehen der Grand Sophy
dein Papa nicht heiraten, bevor du nicht verheiratet bist, Sophy?«
»Eben wegen Sancia«, erwiderte Sophy schlagfertig. »Sancia will absolut nicht meine Stiefmutter werden.«
Dieses Geständnis schnitt Lady Ombersley ins Herz. »O du armes Kind!« sagte sie und legte eine Hand auf Sophys Knie. »Du bist tapfer und brav, aber mir kannst du vertrauen! Die ist eifersüchtig auf dich: dem Vernehmen nach haben alle Spanier ein abscheulich eifersüchtiges Temperament! Wie gräßlich von Horace! Wenn ich das geahnt hätte – ist sie unfreundlich zu dir, Sophy? Mag sie dich nicht?«
Sophy brach in ein schallendes Gelächter aus. »Aber nein doch, nein, nein, nein! Sie hat überhaupt in ihrem Leben noch nie jemanden gehaßt! Aber wenn sie Sir Horace heiratet, solange ich im Hause bin, wird alle Welt erwarten, daß sie die Mama spielt, und dazu ist sie viel zu faul! Außerdem, beim besten Willen, werde ich mir nicht abgewöhnen können, Sir Horace und sein Haus in Ordnung zu halten, wie ich es seit jeher gewöhnt bin. Wir haben das besprochen, und ich muß wirklich einsehen, daß etwas daran ist, was sie sagt. Aber Eifersucht? Keine Spur! Sie ist viel zu hübsch, um auf mich eifersüchtig zu sein, und überdies viel zu gutmütig. Sie sagt, daß sie die denkbar größte Zuneigung zu mir hegt, aber das Haus mit mir teilen will sie nicht. Ich nehme es ihr nicht übel: bitte, glaube nur nicht, daß ich es ihr übelnehme.«
»Scheint eine höchst sonderbare Frau zu sein«, bemerkte Lady Ombersley mißbilligend. »Aber was veranlaßt sie, in Merton zu leben?«
»Oh, Sir Horace hat dort eine allerliebste Villa für sie gemietet! Dort will sie ganz zurückgezogen leben, bis er nach England heimkommt. Weißt du«, fügte Sophy auflachend hinzu, »sie ist eben so entsetzlich faul. Sie wird im Bett liegen, bis der Morgen halb vorüber ist, dann eine Menge Süßigkeiten naschen, eine Unmenge Romane lesen und völlig zufrieden sein, irgendwelche Bekannte zu sehen, die die Mühe auf sich nehmen, zu ihr zu kommen. Sir Horace sagt, daß sie die ruhevollste Frau ist, die er je gesehen.« Sie beugte sich zu ihrem kleinen Hund Hinab, der sich zu ihren Füßen niedergelegt hatte, und tätschelte ihn. »Mit Ausnahme von Tina, natürlich! Ich hoffe, du hast doch nichts gegen Hunde? Tina ist sehr brav, das kann ich versprechen, und ich könnte mich nicht von ihr trennen.«
Lady Ombersley erklärte, gegen Hunde hätte sie nichts, aber eine Vorliebe für Affen sei ihr fremd. Darüber lachte Sophy. »Ach, Liebste, war es falsch von mir, daß ich ihn für die Kinder mitbrachte? Als ich ihn in Bristol sah, dachte ich, das wäre gerade das Richtige! Und jetzt, nachdem die Kinder ihn haben, wird es schwer sein, ihnen den Affen wieder auszureden.«
Lady Ombersley war sogar der Meinung, dies würde ganz unmöglich sein, und da zu diesem Gegenstand kaum mehr etwas zu sagen war, sie sich auch durch die mannigfachen Mitteilungen ihrer Nichte arg durcheinandergebracht fühlte, schlug sie vor, Cecilia solle Sophy auf ihr Zimmer bringen, wo sie ohne Zweifel gern einen Moment lang er Ruhe pflegen werde, bevor sie sich fürs Dinner umkleidete.
Cecilia erhob sich munter, bereit, dem Zuspruch der Mutter ihren hinzuzufügen, falls es notwendig würde. Daß Sophy der Ruhe bedürftig wäre, schien ihr bereits nach dem wenigen, was sie von ihrer Kusine gesehen, kaum wahrscheinlich, denn ein Geschöpf so voll Lebendigkeit konnte wohl nicht der Rast bedürfen. Sie fühlte sich seltsam zu Sophy hingezogen und verlangte danach, sie so rasch wie möglich zu ihrer Freundin zu machen. Und als sich herausstellte, daß Sophys Magd gerade im Schlafzimmer die Koffer auspackte, bat sie Sophy, zu einem Plausch in ihr Zimmer zu kommen. Selina zog zwar ein Mäulchen, als sie sich von diesem Tête-à-Tête ausgeschlossen sah, verschwand aber und tröstete sich einigermaßen damit, daß ihr nun die angenehme Aufgabe zufiel, Miss Adderbury alle Einzelheiten von Sophys Gespräch im blauen Salon zu berichten.
Cecilia war von scheuem Wesen, und obwohl ihrem Betragen die zurückweisende Reserviertheit fehlte, die dem älteren Bruder eigentümlich war, hatte sie doch nichts Zutrauliches. Dennoch ertappte sie sich schon nach wenigen Minuten darüber, wie sie ihrer Kusine wenigstens einige der Mißlichkeiten ihrer Lage ins Ohr flüsterte. Sophy hörte ihr mit Interesse und Sympathie zu, schien sich aber darüber zu wundern, daß Mr. Rivenhalls Name immer wieder auftauchte, und
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