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Die drei Ehen der Grand Sophy

Die drei Ehen der Grand Sophy

Titel: Die drei Ehen der Grand Sophy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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unpünktlich zu Tisch. Vergiß nicht, das Papier zu verbrennen!«
    Sie verschwand in ihr Zimmer und zog damit seinen gestammelten Dankesworten eine Grenze; und da er am gleichen Abend keine Gelegenheit mehr fand, mit ihr allein zu sein, konnte er seinen Dank auch nicht mehr wiederholen. Er hatte Besuch, doch seine Freunde fanden ihn an diesem Abend recht ungesellig. Tatsächlich war er die Beute verwirrender Gefühle, und obwohl das Bewußtsein, die Schuld los zu sein, zunächst überwältigend war, folgte dann doch, als er sich einigermaßen gefaßt hatte, ein höchst unbehagliches Schuldgefühl. Sophy, alles in allem nur ein Frauenzimmer (und obendrein jünger als er), hatte nicht nur seine Schuld bezahlt, sondern um seinetwillen einen Menschen wie diesen Goldhanger aufgesucht und dazu gebracht, sich wie ein Wurm zu winden. Auch »Blue Ruin« klärte seine Gedanken nicht, und als die Nacht sich zum Morgen neigte, war er einer Lösung des neuen Problems nicht nähergekommen: der einzige zusammenhängende Gedanke, der sich in seinem Kopf formen wollte, war, daß er auf irgendeine, noch nicht näher erkennbare Weise der Kusine die fünfhundert Pfund zurückgeben mußte.
    Mr. Rivenhall kam am nächsten Tag aus Leicestershire zurück und traf in einem recht ungünstigen Augenblick auf dem Berkeley Square ein. Jane Storridge, deren Wachsamkeit Sophy nicht hoch genug in Rechnung gestellt hatte, war sogleich dahintergekommen, daß die Diamantenohrgehänge im Schmuckkästchen ihrer Herrin fehlten. Sie hatte darauf in den Bedientenzimmern ein solches Geschrei erhoben, daß Mrs. Ludstock, die Haushälterin, sich verpflichtet fühlte, Lady Ombersley zu erklären, man wisse zwar heutzutage nie, was für Dienstboten einem ins Haus geschneit würden, aber auf die Mädchen, die unter ihrer Aufsicht stünden, wolle sie gern einen Eid nehmen, daß keine Miss Sophys Ohrringe berührt hatte; auch wäre ihrer Ansicht nach eine Zofe, die ihren Titel verdiene, verhalten, besser auf die Juwelen ihrer Herrin aufzupassen, als Miss Storridge es wohl getan habe. Dassett seinerseits identifizierte sich im wesentlichen mit dieser Auffassung, und sein ganzes Gehaben zeigte so unverhohlene Gekränktheit, daß Lady Ombersley die Fassung verlor: offenbar stand man vor einer häuslichen Katastrophe. So schickte sie nach Jane Storridge, und Mr. Rivenhall kam gerade rechtzeitig, um das Ende einer mit eisiger Höflichkeit geführten Unterredung der drei Dienstboten mit anzuhören, die genug verschleierte Andeutungen enthielt, um die arme Lady Ombersley völlig aus der Fassung zu bringen. Bevor er fragen konnte, was das alles zu bedeuten habe, trat Sophy in ihrem Straßenkostüm ein und sagte, sie wolle mit Cecilia Besorgungen erledigen, und ob die Tante vielleicht Aufträge hätte? Lady Ombersley atmete auf und fragte, warum sie selbst nicht den Verlust ihrer Ohrgehänge gemeldet habe.
    Sophy erschrak nicht, nur eine ganz leichte Röte stieg in ihre Wangen. Mit vollendeter Fassung antwortete sie: »Mir sind keinerlei Ohrgehänge verlorengegangen, liebste Tante. Was soll das?«
    »Aber meine Gute, deine Zofe sagt, daß deine Diamantengehänge aus der Schatulle verschwunden sind, und so etwas kann doch unmöglich passiert sein!«
    Sophy beugte sich über sie und küßte sie auf die Wange. »Es tut mir leid, Tante Lizzie! Es ist natürlich meine Schuld, es war dumm, daß ich vergaß, Jane davon zu sagen. Die Gehänge sind gar nicht verloren: ich habe sie zur Säuberung und Neufassung zum Juwelier getragen. An einem war der Haken ein wenig lose. Wie töricht von dir, Jane, Ihre Ladyschaft zu beunruhigen! Du hättest mich erst fragen sollen!«
    »Säubern?« rief Miss Storridge. »Miss Sophy, Sie reden, als ob ich nicht selbst alle Ihre Juwelen zu Rundell & Bridge zum Säubern gebracht hätte, gleich nachdem wir angekommen waren.«
    »Ich fand sie bei unserem Ball ziemlich matt«, erwiderte Sophy. »Geh jetzt, Jane: du hast Ihre Ladyschaft genug geplagt!«
    Sie fühlte, daß die Blicke ihres Cousins auf ihr ruhten, und ein flüchtiger Seitenblick verriet ihr, daß ein unbehaglich forschender Ausdruck in seinen Augen war. Doch sagte er nichts, und so schickte sie ihre Zofe fort, nachdem sie festgestellt hatte, daß ihre Tante keine Aufträge für sie hatte; ihre Hoffnung war nun, daß weder die Tante noch Mr. Rivenhall darauf achten würden, wenn die Diamantengehänge nicht wieder auftauchten.
    Am nächsten Tag jedoch, als sie bei einem leichten Lunch

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