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Die Drei Federn - Joshuas Reise (German Edition)

Die Drei Federn - Joshuas Reise (German Edition)

Titel: Die Drei Federn - Joshuas Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Bolz
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ihr. Außergewöhnliche Dinge geschehen, wenn das gewöhnliche Volk beginnt, sich das Undenkbare vorzustellen.“
    „Ich verstehe nicht. Wir sind nur hier gelandet, weil wir von einem Rudel Hyänen verfolgt wurden. Wir wären beinahe über den Abgrund gestürzt. Vor fünf Tagen wäre ich um ein Haar von meinen Besitzern getötet worden. Wir hatten einfach nur Glück, am Leben zu sein...“
    „Glück hat damit nichts zu tun, Krieg. So etwas gibt es nicht. Das haben wir nur erfunden, um die Macht unseres eigenen Verstandes von uns fernzuhalten. Es war kein Glück, das dich zu mir geführt hat. Es war kein Glück, dass das Leuchtfeuer aktiviert wurde. Ich weiß nicht, was mit deinen Freunden passiert ist, Krieg, aber ich werde es herauskriegen und wenn sie am Leben sind, werde ich sie finden.“
    Eine Pause entstand, in der sie ihn betrachtete.
    „Ich sollte jetzt gehen.“
    Damit wich sie einige Schritte zurück.
    „Jetzt?“, fragte Krieg.
    „Ich brauche hundert Meter“, sagte sie.
    „Wind, woher weißt du, dass du immer noch fliegen kannst?“, fragte Krieg.
    „Ich weiß es nicht“, antwortete sie. „Aber es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.“
    Sie vergrößerte den Abstand noch ein wenig.
    „Willst du nicht noch ein wenig warten? Nur um sicherzugehen?“ Krieg war klar, dass seine Sorge nicht nur ihr galt. Was war mit ihm? Was, wenn sie nicht zurückkam? Er hatte keine Chance, dort hinunterzukommen. Außerdem war er besorgt darüber, was sie dort unten finden mochte. Was immer von Joshua und dem Wolf übrig war, wenn überhaupt noch etwas zu finden war. Er fühlte sich, als sei er gefangen.
    Wind hatte sich beinahe hundert Meter von der Klippe entfernt, als sie sich umdrehte.
    „Sei vorsichtig“, sagte er.
    „Das werde ich. Wirst du hier warten, bis ich zurück bin?“
    „Ich weiß es nicht. Ich bin mir nicht sicher, was ich tun werde.“
    Sie sah ihn einen Moment lang an.
    „Ich glaube, du bist es“, antwortete sie.
    Und damit machte sie einen Satz nach vorne, beide Vorderhufe in der Luft, dann raste sie mit kraftvollen Sprüngen auf den Abgrund zu.
    „Deine Grenzen, Krieg“, hörte er sie in seinen Gedanken, als sie sich der Klippe näherte. „Sie existieren nur in deinem Kopf. Lass sie los und sei frei!“
    Sie sprang. Krieg folgte ihr und sah zu, wie sie verschwand. Als er den Abgrund erreichte, war sie bereits weit unten. Sein Herz setzte vor lauter Angst einen Moment lang aus, doch dann sah er, wie sie ihre Flügel ausbreitete und der Wind sie aufwärts trug, fast bis zu ihm hinauf. Sie schlug mit den Flügeln und flog an ihm vorbei, nur um wieder abzutauchen. Er konnte ihre unermessliche Freude spüren.
    „Ich erinnere mich!“, vernahm er ihre entzückten Gedanken. „Ich erinnere mich, Krieg!“
    Er stand am Rand der steilen Klippe, sah hinunter und fühlte etwas, das er seit den Tagen des Großen Krieges nur einmal gefühlt hatte. Es war Angst. Sie lähmte ihn, trocknete seinen Mund aus und ließ sein Herz gegen seine Brust klopfen.
    „Sei frei!“ Schwach erreichte ihn der Gedanke, während er zusah, wie sie in den Wolken verschwand. „Sei du selbst und sei frei...“
    Er sah noch eine Weile in den Abgrund hinunter und ließ zu, dass seine Gefühle ihn überwältigten. Dann trabte er ungefähr hundert Meter in die entgegengesetzte Richtung und drehte sich um. Das war es also. Er würde es tun oder dabei sterben. Der Gedanke an die Unausweichlichkeit seiner Wahl ließ alles um ihn herum verstummen. Ohne zu zögern machte er einen Satz und begann zu galoppieren, er konzentrierte sich nur auf seine Hufe, die über den Boden rasten und ihn in Richtung Abgrund trugen, zu Leben oder Tod. Noch dreißig Meter. Er hatte seine Höchstgeschwindigkeit erreicht. Seine kraftvollen Muskeln schoben ihn weiter und weiter vorwärts. Zwanzig Meter. Er konnte den Abgrund klar vor sich sehen, wie er näher und näher kam.
    Zehn Meter. Nun gab es kein Zurück mehr. Nichts konnte ihn mehr stoppen. Und mit diesem Gedanken sprang er.
    Er fiel viel schneller, als er es sich vorgestellt hatte. Einen Sturz aus solcher Höhe hatte er noch nie erlebt. Im Wasserfall hatte er eine leise Ahnung bekommen, doch dieser Felsen hier war zweitausend Meter hoch.
    „Lass es geschehen“, dachte er. „Lass es einfach geschehen.“
    Als er die maximale Geschwindigkeit von vierzig Metern pro Sekunde erreicht hatte, überkam ihn das seltsame Gefühl zu schweben, obwohl der Wind um ihn herum ohrenbetäubend

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