Die drei Frauen von Westport
hinzu.
»Verstehe«, erwiderte R oberts.
Nach dieser Begegnung traf sie R oberts morgens des Öfteren am Strand. Er schien auch gerne spazieren zu gehen, machte jedoch nie Anstalten, sich ihr anzuschließen, wofür Miranda dankbar war. R oberts kam ihr entgegen oder ging an ihr vorbei, wenn sie stehen geblieben war und sich der Betrachtung einer melancholischen Naturstimmung hingab, und nickte zum Gruß. Mehr nicht. Doch schon diese Geste empfand Miranda als aufdringlich und störend, und sie ging vorsätzlich zu anderen Zeiten spazieren, obwohl ihr durchaus bewusst war, dass sie übertrieben reagierte.
Es trug auch nicht zu ihrer Entspannung bei, dass R oberts gelegentlich bei ihnen zu Abend aß. Er hat sich ja hier schon regelrecht eingenistet, dachte sie, als sie eines Abends nach Hause kam und R oberts in der Küche vorfand, wo er Glühwein kochte.
»Riecht es hier nicht köstlich?«, sagte Betty.
Annie warf Miranda einen besorgten Blick zu und hoffte, dass ihre Schwester R oberts nicht schlecht behandeln würde. Er stand am Herd und schien so stolz zu sein auf seine Kreation. Annie trat zu ihm, als könne sie ihn durch ihre körperliche Nähe vor Mirandas kalter Gleichgültigkeit schützen.
Miranda sog den würzigen Duft ein und lächelte wider Willen.
Erleichtert nahm Annie den Becher Glühwein in Empfang, den R oberts ihr reichte, und fragte sich, weshalb Miranda R oberts immer als so alt empfunden hatte. Er konnte höchstens Mitte oder Ende sechzig sein, fiel ihr jetzt auf. Seine Haut war nicht vom Alter runzlig, sondern von Wind undWetter.Warum ihre Schwester ihn so nachhaltig ablehnte, blieb Annie unbegreiflich, und sie ärgerte sich auch darüber. R oberts hätte so viel besser zu Miranda gepasst als Kit Maybank. Es machte Annie wütend, dass Miranda so hemmungslos um jemanden trauerte, der sie so schlecht behandelt hatte.
» R oberts ist so ein reizender Mann. Und ich bin übrigens sehr enttäuscht von Kit Maybank«, sagte Betty an diesem Abend zu Annie, nachdem R oberts gegangen und Miranda zu einem weiteren einsamen Spaziergang aufgebrochen war. »Hat sie überhaupt irgendwas von ihm gehört?«
Annie zuckte die Achseln. Miranda sprach keinWort mit ihr darüber. »Vielleicht kommt er demnächst, um an Thanksgiving bei seinerTante zu sein. Aber ich meine, wir sollten diese Freundschaft nicht überbewerten, Mutter. Ich meine, Miranda ist ein schwärmerischer Mensch, so ist sie nun mal, aber sie wird bald fünfzig, um Himmels willen. Sie muss mal damit aufhören, für einen Typen zu schwärmen, der halb so alt ist wie sie.«
»Du bist so nüchtern, Miranda. Sie schwärmt nicht für Kit. Also wirklich! Sie ist ja schließlich keinTeenager.«
»Das habe ich doch gemeint. Genau das war meine Aussage.«
»Du mit deinen Aussagen«, erwiderte Betty geduldig. »Aber es geht ihr doch um das Kind. Sie will den kleinen Jungen, das arme Ding. Ich dachte, das sei offensichtlich.«
Und Annie staunte – nicht zum ersten Mal – über die scharfe Beobachtungsgabe ihrer Mutter. Und ihre eigene Blindheit.
Seit sie vor etwas über drei Monaten nachWestport gezogen waren, hatten Miranda und Annie versucht, Josies Anrufen auszuweichen. Zu Anfang, als sie noch bereit waren, mit ihm zu sprechen, hatten sie sich darum bemüht, ihn umzustimmen. Doch er hatte derart entschieden geantwortet, es gäbe nichts mehr zu ändern, als wolle er behaupten, es sei Gottes Wille.
»Das Dach ist undicht«, schrie Miranda damals in ihr Handy. »Im Wintergarten liegt Mäusedreck.«
»Du hast unsere Mutter, deine Frau, an den Bettelstab gebracht«, schrie Annie im Büro insTelefon. »Schämst du dich nicht?«
»Josie, du musst ihr helfen«, flehten beide Schwestern ihn an. »Wenn du begreifen würdest, was hier abläuft, würdest du dich anders verhalten. Bitte lass Mama nach Hause kommen.«
Nach einerWeile wurde beiden klar, dass Josie gar nicht begreifen wollte, was ablief. Sie riefen ihn nicht mehr an und reagierten auch nicht auf seine Anrufe. SeitWochen hatten sie seine Stimme nur noch auf dem Anrufbeantworter gehört.
Dann teilte Betty ihnen mit, es gäbe eine Stehlampe in derWohnung, die sie unbedingt haben müsse. Annie wies darauf hin, dass in dem kleinen vollgestellten Cottage kein Platz sei für eine weitere Lampe, und Miranda meinte, Josie habe die Lampe bestimmt längst verkauft. Aber ein paarTage später fanden sich Annie und Miranda unversehens im alten Auto ihrer Mutter wieder, auf demWeg in die Stadt, um die
Weitere Kostenlose Bücher