Die drei Frauen von Westport
nicht im Geringsten, Josie.«
»Aber eure Mutter hat eingewilligt«, erwiderte Joseph. »Ich habe es mit ihr besprochen.«
»Wie bitte?«, fragte Annie fassungslos. Betty hatte das mit keinemWort erwähnt.
»Wie konnte sie sich denn darauf einlassen?«, fragte Miranda. »Und wieso wolltest du überhaupt neue Türschlösser haben? Wir hatten nicht vor, die Bude zu plündern. Die im Übrigen Moms Zuhause ist.«
»Oh«, antwortete Joseph vage. »Das ist nur eine Formalität. Außerdem wohne ich ja dort, und ich brauche meine Privatsphäre. Darauf habe ich schließlich ein R echt, oder nicht?« Er sah gekränkt aus.
»Du glaubst ja sowieso, auf alles ein R echt zu haben«, murmelte Miranda.
»Ich wollte einfach nett mit euch zu Abend essen«, sagte er. »Mehr nicht.«
Seit Annies zehntem und Mirandas achtem Geburtstag hatten sie in diesem Lokal alle Familienfeste gefeiert, und die Mädchen durften dann immer ein SchlückchenWein trinken.
»Eine Flasche?«, fragte Josie. »Weiß, oder?«
Ja,Weißwein, Josie, dachte Annie. Sie waren immer zuerst mit ihrer Mutter hergekommen, hatten ihre Plätze eingenommen und die Kinder-Cocktails bestellt, die mit lustigen roten Kirschen garniert waren. Dann flog die Tür des R estaurants auf, und Josie kam herein, mit Mantel und Aktentasche, R equisiten aus diesem fernen, erhabenen R eich, dem Büro. Annie bekam zu ihrem Geburtstag einen Strauß Anemonen von ihm, Miranda weiße R osen. Der Kellner brachte einen KrugWasser, und die Blumen wurden mit großemTrara auf dem Tisch platziert.
Was würde Josie dieses Jahr machen? Ihnen Blumen schicken lassen?Vergessen, dass er ihnen jemals Anemonen und R osen geschenkt hatte? Es würde so oder so wehtun.
Miranda seufzte und wischte sich eineTräne aus dem Auge. »Scheiße«, sagte sie leise.
Das Essen kam, und die beiden Frauen stocherten in ihren moules frites herum.
»Das ist euer Lieblingsessen«, betonte Josie. Ihm war übel, und er rührte sein Steak kaum an. Stattdessen bestellte er noch eine FlascheWein und fragte sich, was er tun könnte, um sich den Mädchen begreiflich zu machen. Es war eben einfach passiert. Am einenTag hatte er über eine Bemerkung von Betty gelacht, als sie gemeinsam zur Columbus Avenue spazierten, um dort ein Softeis zu essen, und am nächstenTag war er so verliebt in Felicity, dass ihm kaum mehr einWort über die Lippen kam. Er hatte sich so heftig verliebt, dass er es selbst kaum begreifen konnte – hoffnungslos und bis über beide Ohren.Wenn sie ihn wirklich liebten, seine Töchter, dann würden sie sich für ihn und mit ihm freuen. Ich bin wie neugeboren, hätte er gerne ausgerufen. Er wollte Champagner trinken und feiern. Er wollte mit Miranda und Annie anstoßen. EinenToast aufs Leben ausbringen. Auf sein Leben.
Doch als er die beiden ansah, wusste er, dass er alleine trinken musste. Sie liebten ihre Mutter, die er verletzt hatte. Aber er liebte ihre Mutter auch, und das verstanden die beiden eben nicht. Er merkte, dass es ihm viel leichter fiel, zu sagen und zu denken, dass er »ihre Mutter« liebte, als dabei Bettys Namen im Sinn zu haben. Er würde ihre Mutter immer lieben. Aber es gab nun malVeränderungen im Leben.
Er seufzte, und beide starrten ihn wütend an. Nun, er rechnete nicht wirklich damit, dass sie ihm vergeben würden. Nicht in diesem Leben. Sie waren verletzt, und sie waren zornig. Nun gut. Er hatte es verstanden.
»Ich verstehe, dass ihr wütend seid«, sagte er. »Ich bin ja kein Idiot. Und ich bin auch nicht perfekt. Das ist mir durchaus bewusst. Aber ich liebe euch beide, und ich werde immer für euch da sein.«
Seine Stimme zitterte, undTränen traten ihm in die Augen.
Annie schüttelte aufgebracht den Kopf.War das sein Ernst? »Du hast unsere Mutter auf die Straße gesetzt«, sagte sie laut. »Mittellos. Ohne Geld. Ist dir das auch bewusst?«
Joseph blickte sich nervös um.
»Schau«, sagte er mit gesenkter Stimme. »Man macht bestimmte Schritte. Ihr wisst schon … bei einer« – er sprach noch leiser – »Scheidung.«
»Du schaffst es nicht mal, dasWort auszusprechen? Scheidung. Scheidung, Scheidung. Abscheuliche, grausame, niederträchtige Scheidung. So. Alles klar jetzt?«
Annie sah hart und böse aus. Joseph schaute sie aufgebracht an. Sie war immer so vernunftbetont, ruhig und realistisch gewesen – wie er selbst. Aber vielleicht konnte man auch kalt sein, wenn man vernunftbetont war.
An Miranda dagegen war nie etwas vernunftbetont oder kalt gewesen.
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