Die drei Hellwang-Kinder
begleiteten. Die Kinder schwatzten unentwegt, um so einsilbiger war Hellwang. Trix hatte das Gefühl, ihre Gegenwart belästige ihn.
»Mach’s gut, Konrad«, sagte sie, als der Zug einlief.
Die Mädels hingen an ihrem Hals. Er mußte sie ihr abnehmen.
»Ich will’s versuchen«, murmelte er.
»Und laß von dir hören, Konrad. Und ihr werdet mir auch schreiben, ihr beiden, gelt?«
»Ganz gewiß, Tante Trix, wo du uns doch zu Weihnachten das schöne Briefpapier geschenkt hast.«
»Bis jetzt habt ihr es aber noch nicht benutzt.«
»Ja mei, d’Schul’ — wo wir immer so sakrisch vui aufhaben!« murmelten die Mädels schuldbewußt.
Trix stieg ein, und Konrad Hellwang reichte ihr das Köfferchen zu. Die Fensterscheiben waren angelaufen. Trix verschwand hinter einem Schleier. Sie wischte ihn fort, und ihr Gesicht erschien den Kindern noch einmal. Sie winkte, und der Zug fuhr an. Konrad Hellwang ließ die halb erhobene Hand sinken und atmete tief durch. Er bemerkte, daß Britta ihn von unten herauf aufmerksam ansah...
»Komm schon«, sagte er ungeduldig, »es wird für euch höchste Zeit, in die Federn zu kriechen.«
»Hast du dich mit der Tante Trix zerkriegt, Konni?« fragte Britta.
»Blödsinn!« rief er unwillig, »wie kommst du auf diesen Unsinn?«
»Mei’«, murmelte Britta und zog die linke Schulter hoch, »weil du mit ihr fast nix g’redt hast...«
»Fast überhaupt nix«, bestätigte Lydia.
»Dafür habt ihr sie halb zerrissen«, knurrte er, »und nun gebt endlich Ruhe! Und ich habe mich mit Tante Trix nicht zerkriegt! Wie käme ich auch dazu?«
»Weiß man?« murmelte Britta, aber seine heftige Reaktion schien die Kinder darüber zu beruhigen, daß es zwischen ihm und Trix keine Trübung gegeben habe, und sie trabten neben ihm heimwärts.
Die Monatsmitte näherte sich rasch, und als Kathi morgens um neun den vierzehnten März vom Kalender zupfte, läutete es an der Haustür und Fräulein Zögling stand vor der Schwelle. Kathie ließ das Fräulein stehen und ging nach oben, um Hellwang die Ankunft der Hausdame zu melden. Sie sagte allerdings nur schlicht: »Die Neue ist da, Herr Doktor...«, und ging langsam hinter ihm die Treppe hinunter.
Fräulein Zögling keuchte ein wenig, und auf ihrer Stirn standen trotz der kühlen Außentemperatur kleine Schweißperlen, denn sie brachte zwei große Koffer mit. Sie hatte die schweren Stücke eigenhändig vom Bahnhof Greiffing bis zur Haustür geschleppt, da Greiffing weder mit Autotaxen noch mit Gepäckträgern auf Verkehr eingestellt war. Und immerhin ging man von der Station bis zur Mozartstraße gut und gern zehn Minuten.
»Oh, das tut mir aber leid«, rief Hellwang bedauernd, »ich rechnete bestimmt damit, daß Sie anläuten würden, ich hätte Sie natürlich von der Bahn abgeholt.« Er wandte sich an Kathi, die kühl und abwartend im Hintergrund stand, und ersuchte sie, das Gepäck aufzunehmen und in Fräulein Zöglings Zimmer zu schaffen. Kathi lupfte die beiden braunen Kunstlederkoffer an, murmelte verkniffen: »Schwer g’nug sans«, und ließ es offen zu erraten, im Hinblick worauf ihrer Meinung nach die Koffer schwer genug waren.
Söhnchen lugte aus der Tür des Kinderzimmers, aber er kam nicht hervor, sondern verdrückte sich lautlos nach hinten und zog die Tür hinter sich zu. Die beiden Mädels waren in der Schule und wurden erst zum Mittagessen zurückerwartet. Hellwang führte Fräulein Zögling zu ihrem Zimmer im ersten Stockwerk und blieb, nachdem er ihr sozusagen den Zimmerschlüssel überreicht hatte, vor der Schwelle stehen.
»Sie werden sich nach dem anstrengenden Weg sicherlich erfrischen wollen. Wenn ich Sie später durch das Haus führen und Ihnen das Notwendige erklären soll, so suchen Sie mich bitte in meinem Arbeitszimmer auf«, er deutete mit dem Kopf in die Richtung, »es liegt gerade gegenüber. Bis dahin also...«
»Nun, das Haus ist ja nicht so groß, daß man sich darin verirren könnte«, sagte Fräulein Zögling sanft; es war der erste längere Satz, den sie in der neuen Stellung sprach. Vielleicht sollte ihre Feststellung heiter klingen, vielleicht aber auch andeuten, daß sie sich in größeren Zimmerfluchten zurechtzufinden gewöhnt sei. Hellwang verabschiedete sich mit einer kleinen Verbeugung: »Wenn Ihnen Kathi beim Auspacken behilflich sein soll, so...« Er kam nicht dazu, sein höfliches Angebot zu vollenden, denn Kathi bemerkte kühl und bestimmt, daß sie das Gulasch auf den Herd gestellt habe und daß
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