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Die drei Hellwang-Kinder

Die drei Hellwang-Kinder

Titel: Die drei Hellwang-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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wos spuin mir jetzt?« fragte er ungnädig.
    »Vatta und Muatta?« schlug Britta vor.
    »Geh! Immer das fade Gspui, wo ich owei ‘s Kind hergeben muß!« sagte Söhnchen empört und schüttelte energisch den Kopf.
    »Wißt ihr was«, flüsterte Lydia, »i kimm a z’euch ‘nüber und wir spielen, »Wer hat mein Bein<, gellja?«
    »Au ja, dös is guat, dös mach’ mir!« schrie Söhnchen begeistert. Lydia brachte ihre Steppdecke mit, und aus beiden Decken bauten sie >den Keller<, in den sie hineinkrochen. So hatte es ihnen Kathi beigebracht. Und dann hockten sie in rabenschwarzer Finsternis eng beieinander, und Britta begann die schaurige Geschichte mit Grabesstimme zu erzählen.
    »Ein armes, armes Dienstmädchen, welches weder Vater noch Mutter hatte und sich bei einem alten Feldscher sein bitteres Brot verdiente, mußte eines Tages Kartoffeln aus dem Keller holen. Und wie es so durch die dunklen, düsteren Kellergewölbe ging, hörte es mit einem Mal ein seltsames Geräusch aus großer Ferne auf sich zukommen, das machte immer bumm — klick — bumm — klick — bumm — klick. — Das arme Mädchen ließ die Unschlittkerze, die es in der Hand trug, vor Schrecken fallen. Das Licht erlosch — und nun stand es mit klopfendem Herzen in der schaurigen Rabenfinsternis. Und immer näher kamen die Schritte — bumm — klick — bumm — klick — und plötzlich hörte es eine tiefe, dumpfe Stimme und die Stimme fragte: >Wer hat mein Bein
    — wer hat mein Bein — wer hat mein Bein?< Und die Stimme und das Tappen kamen immer näher auf sie zu, und es hörte sich an, als käme da ein Mann mit einem hölzernen Fuß durch das dunkle Gewölbe — bumm — klick — bumm — klick. — Das Mädchen wollte schreien, aber die Kehle war ihm wie zugeschnürt, und immer näher, immer näher kam die grausige Stimme: >Wer hat mein Bein? Wör hat meun Beun?< — « Britta machte eine endlose Pause. Sie hockten alle drei atemlos und mit gesträubten Haaren im Finstern und warteten, heiße Angst im Herzen, was dem armen Dienstmädchen nun wohl geschehen würde. Und plötzlich packte Britta Söhnchens Bein und schrie mit furchtbarer Stimme: »DU HAST MEIN BEIN!«
    Lydia kreischte auf, Söhnchen schrie gellend los, die Bettdecken flogen empor, und da saßen sie nun, mit blassen Gesichtern und wildklopfenden Herzen. Es war wirklich eine wunderbare Gruselgeschichte und sogar Britta, die Erzählerin, atmete jedesmal auf, wenn sie damit fertig war.
    »Seid’s ihr denn ganz narrisch, solch einen Krach zu machen?« Es war Kathis Stimme. Sie trat zum Fenster und stieß die grünen Läden auf. Die Kinder blinzelten in das hereinflutende Sonnenlicht.
    »‘s san doch Ferien, Kathi!« rief Britta.
    »Koa Schui und nix lerna!« frohlockte Lydia.
    Kathi legte den Kopf mit dem straff gezurrten Dutt auf die Seite und kniff das linke Auge zu: »Ha, und die Ostervakanz habt’s scho ganz vergessen? Wo sie (Kathi schleuderte den Daumen nach oben) euch jeden Tag, den wo der Herrgott werden ließ, mit Rechenaufgaben gezwackt hat und mit Diktatschreiben und Haudujudu, ha?«
    Das war eine Erinnerung, die wie eine dunkle Regenwolke über die strahlende Feriensonne flog. »Ja, meinst denn, Kathi, daß sie auch dieses Mal wieder mit dem Krampf daherkommen tut?«
    »Und ob i dees moan!« verkündete Kathi düster prophetisch. Sie sah die Kinder dabei mit einem mitleidigen Blick an, als sähe sie sie rettungslos verloren in einem kleinen Boot treiben, auf hoher See, bei Windstärke zwölf und von haushohen Wellen bedroht.
    »Dann sag ich ihr ganz einfach«, erklärte Britta mit einem Faustschlag auf die Bettdecke, »daß wir früher in den Ferien niemals lernen mußten und daß die Luisa immer gesagt hat, die Ferien sind für Kinder zum Erholen da und nicht zum Lernen! Das sag ich ihr.«
    »Oder wir gehen zum Konni und beschwören uns!« setzte Lydia nicht weniger energisch hinzu. Aber Kathi schnaufte nur verächtlich.
    »Euer Pappa, o mei’, da seid’s schon angeschmiert — dem, wenn sie erzählen tut, daß ihr’s Lernen nötig habts, nachha is aus mit den Ferien, dös sag i!«
    Die Mädels machten lange und bekümmerte Gesichter. Sie sahen ein, daß Kathi leider recht hatte. Söhnchen war dem Gespräch schweigend, aber sehr interessiert gefolgt. Er wußte, daß auch er sich ruhig verhalten mußte, wenn die Schwestern bei ihren Aufgaben saßen. Aber jetzt wollte auch er etwas zur Unterhaltung beisteuern.
    »Gel, Kathi, das Fräulein, das is unsere

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