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Die drei Hellwang-Kinder

Die drei Hellwang-Kinder

Titel: Die drei Hellwang-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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wissen, wie sie’ darauf kimmt! Sowas Ausgschamt’s, so was Ausgschamtes!« Sie bemerkte leider nicht, daß Hellwang in einem Ton sprach, der nicht den geringsten Zweifel daran ließ, daß er in der Schuldfrage völlig einer Meinung mit Fräulein Zögling sei und nur noch eine letzte Bestätigung brauchte, um sein Urteil zu fällen.
    »Sie räumt doch mein Zimmer auf, und ich habe sie schon mehrmals im Verdacht gehabt, daß sie in meinen Sachen herumschnüffelt. Ich habe mir, um ganz sicher zu gehen, immer Zeichen gemacht...«
    »Danke, Fräulein Zögling, das genügt!« Er drehte sich scharf um und starrte Kathi aus schmalen Augen an: »So, Kathi, und jetzt sagen Sie mir doch einmal, wie Sie sich diese Geschichte erklären, und ob Sie vielleicht der Meinung sind, daß hier die Heinzelmännchen am Werk waren?«
    Dieses Mal war es Fräulein Zögling, die ein böses Kichern hören ließ.
    Kathi kniff die Augen zusammen, als ob sie plötzlich kurzsichtig geworden sei. Sie brauchte ein paar Sekunden, um zu begreifen, daß sie auf verlorenem Posten stand. Links von ihr wartete Hellwang auf ihre Antwort und überlegte wahrscheinlich schon, was er ihr ins Zeugnis schreiben sollte, und rechts sah sie den blanken Haß im Gesicht der Neuen und die helle Genugtuung darüber, daß sie nun sogleich erreicht haben würde, was sie sich vom ersten Tag an gewünscht hatte. Kampflos das Feld räumen?
    — Kathi war es, als ob ein paar verklemmte Zahnräder in ihrem Innern den Fremdkörper, der das Getriebe zum Stillstand gebracht hatte, knirschend zermalmten und mit einem jähen Ruck weiterliefen. Sie stemmte die Fäuste in die Hüften und pumpte die Lungen voll Luft. Ihr Busen hob sich und schwoll an. Hellwang hatte die Empfindung, die Atmosphäre verdichte sich und er atme plötzlich unter erhöhtem Druck.
    »Also ich soll das angestellt haben...« Kathi flüsterte es beinahe. Sie ließ ihren Grimm ganz vorsichtig ab, wie man die Luft aus einem prall auf gepumpten Fahrradschlauch abläßt, wo man ja auch das Ventil zuerst nur ein wenig lockert, ehe man es vollends herauszieht und den Druck zischend entströmen läßt. Sie faßte Fräulein Zögling ins Auge: »Jetzt werd ich Ihnen mal was sagen...« Und dann kam der Ruck und das Ventil flog heraus: »Sie selber haben das Zeug in die Flasche getan! Jawohl, Sie selbst und neamand anders! Und warum ham’s dös do, warumma? Damit Sie endlich einen Grund haben, mich aus dem Hause zu beißen! Und warum wollen Sie mich aus dem Haus beißen? Darum, weswegen Sie sich auch die Haare färben und Locken eindrehen und sich pudern und Hormonen in die Haut schmiern und die Lippen färben und die Fingernägel lackieren! Hergekommen, wie sie ist, hats ausgschaut wie eine vom Patzlwanger Jungfrauenverein und als ob sie nicht bis drei zählen könnt — aber nach vier Wochen ist es schon angegangen mit der Verwandlung! Und jetzt? Schaun’s Eahna die Jungfrau nur an, Herr Doktor...«
    »Herr Doktor!« stammelte das Fräulein und flatterte mit den Armen, als wolle sie sich in die Luft erheben, um diesen Anschuldigungen zu entgehen.
    »Herr Doktor«, höhnte Kathi, »jawohl, Herr Doktor, und vorne Herr Doktor und hinten Herr Doktor und nix als Herr Doktor, das ist alles, was Sie können und worauf Sie’s abgesehen haben! Und was Ihnen fehlt, ist nur noch das eine, daß der Herr Doktor ‘s Aufgebot bestellt, Sie Schlampen, Sie grauslicher!« Sie rückte gegen das Fräulein vor, mit weitgeöffneten Händen, als hätte sie die Absicht, dem Fräulein wie einer Gans den Kragen abzudrehen.
    »Herr Doktor!« schrie das Fräulein gellend und klammerte sich an Hellwangs Arm, »schützen Sie mich vor diesen infamen Verdächtigungen!«
    »Verdächtigungen — hahahha! Die reine Wahrheit ist es, das wissen Sie ganz genau!«
    Hellwang riß sich wie aus einer Betäubung empor. Er sah aus, als hätte er einen Schlag über den Schädel bekommen. Sein Gesicht glühte. »Schluß!!« brüllte er Kathi an, »jetzt ist es aber genug! Noch ein Wort, und ich schmeiße Sie eigenhändig hinaus!«
    »Sie werden mir das Reden nicht verbieten!« brüllte Kathi zurück. »Jawohl, ich bin entlassen, das brauchen Sie mir nicht erst zu sagen, das weiß ich schon selber, und weil ich entlassen bin, deshalb red’ ich erst recht! Und versuchen Sie ja nicht, mich anzurühren, sonst geb’ ich für nix mehr eine Garantie! Ich hab’ keine Angst vor Ihnen, Herr Doktor — nämlich, daß Sie sich weiß Gott wie gescheit Vorkommen, weil

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