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Die drei Hellwang-Kinder

Die drei Hellwang-Kinder

Titel: Die drei Hellwang-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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flogen nach hinten. Einen Augenblick lang sah es ganz danach aus, als treffe sie noch Vorbereitungen für eine Schlußansprache — Hellwang duckte sich bereits — dann aber schob sie die Oberlippe empor, daß die blinkende Zahnreihe sichtbar wurde, preßte die Zungenspitze gegen die oberen Schneidezähne und gab einen Laut von sich, der wie der Ansatz zu einem verächtlichen Gelächter klang. Es war ein Zischlaut mit einem kurzen, knallenden T davor. Und in der nächsten Sekunde fegte sie mit starr geradeaus gerichtetem Blick an Hellwang und an Kathi vorüber, an deren Rock sich noch immer die Kinder wie Küken an die Henne drängten. Kurz drauf flog oben die Tür ihres Zimmers zu.
    Hellwang hob das Gesicht und stieß einen langen Seufzer aus: »Eine schöne Geschichte, die Sie da angerichtet haben, Kathi«, sagte er matt und hüllte sich enger in seinen blaurot gestreiften Bademantel. Es schien ihn zu frösteln.
    Kathi grinste flüchtig, es war ein geschmeicheltes Grinsen, daß er ihr die Urheberschaft an diesem Spitzbubenstreich zutraute; aber ehrlich, wie sie nun einmal war, wollte sie sich nicht mit fremden Federn schmücken, und sie wehrte mit einer Handbewegung ab, die Hellwang an die höfliche Gebärde eines umjubelten Dirigenten erinnerte, der einen Teil des Applauses seinem Orchester zukommen ließ.
    »Kinder — Kinder...!« murmelte er kopfschüttelnd. Er sah Britta und Lydia nacheinander mit langen, düsteren Blicken an — und schloß den Mund so fest, daß seine Wangenmuskeln dreieckig heraustraten. Das waren nun seine Töchter, die Luisa ihm geboren hatte...Lieber Gott im Himmel, was für eine heillose Rasselbrut. Vollerthun würde sich krank lachen, wenn er ihm die Geschichte erzählte. Vollerthun schon, der konnte leicht lachen. Und alle, die sie erfuhren, auch. Ihm war alles andere als nach Lachen zumute...
    Diese Bälger! Diese verflixten Bälger! — Es war schon ein tolles Stück, das sie da geliefert hatten. Er unterdrückte stirnrunzelnd ein aufkeimendes Gefühl der Bewunderung. Das fehlte ja noch gerade! Und er ärgerte sich über seinen lahmen Abgang. Pädagogisch betrachtet war das ein nie wieder gut zu machender Fehler. Die Kinder mußten ja annehmen, daß er mit ihrem frechen Streich geradezu einverstanden war. Und was sie sich überhaupt gedacht hatten...! Sieglinda Zögling — ihre zukünftige Mutter...Das ging wirklich über die Hutschnur, oder vielmehr, das war wahrhaftig das einzig Lächerliche an dieser peinlichen Geschichte. Wie mochten sie nur auf diese absurde Idee verfallen sein? Ob da nicht doch Kathi dahintersteckte? Unsinn! Wie sollte Kathi auf den wahnsinnigen Gedanken gekommen sein, er könne in Fräulein Zögling jemals etwas anderes gesucht und gesehen haben als eben seine Haushälterin, die Erzieherin seiner Kinder?
    Oder? —
    Hellwang starrte auf seine Strandschuhe, die er sich im vergangenen Jahr aus Finale Ligure mitgebracht hatte. Er hob die Zehen an und streckte sie wieder. Und langsam färbte sich sein braunes Gesicht dunkler. Es war eine Welle, die den ganzen Körper zu überfluten schien und vom Halse her über die Wangen zu seiner Stirn stieg.
    Sieglinda Zögling? Nein, nein, nein!
    Er schluckte trocken und spürte eine gallige Bitterkeit im Mund.

DER BRIEF

    Die Kinder hockten bei Kathi in der Küche. Auf der Resopalplatte des Tisches stand eine weiße Emailleschüssel mit blauem Rand, in der Schüssel befand sich Essigwasser, und in diesem sauren Bad schwamm ein Trumm von einem Kabeljau, um den Geruch der langen Reise von der Auktionshalle in Cuxhaven bis nach Greiffing zu verlieren.
    »Ja nun sagt’s nur amal, wie in aller Welt ihr auf diesen raffinierten Einfall gekommen seid«, sagte Kathi, und mit unverhohlener Bewunderung fügte sie hinzu: »Ich hab’ hin und her überlegt, was man ihr antun könnt’, aber nie im Leben waar ich auf dees mit dem Blondirol kemma. I muaß scho sagn — Reschbekt vorm Dampfschiff!«
    Lydia zuckte geheimnisvoll mit den Schultern. »Ja, mei’...!« antwortete sie und senkte den Kopf wie ein Künstler, der vor seinem gelungenen Werk nach dem Ursprung der Idee befragt, bescheiden schweigt und den neugierigen Frager Ehrfurcht vor jener Gnade lehrt, deren man entweder teilhaftig ist oder nicht, die man besitzt, die man aber nie zu erwerben vermag.
    »Meinst, Kathi, daß wir sie jetzt los sind?« fragte Britta und deutete mit dem Daumen nach oben.
    »Für ewige Zeiten!« antwortete Kathi feierlich. Ihre Worte fanden eine

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