Die drei Hellwang-Kinder
Sie studiert haben und Bücher schreiben und so...Dabei sind Sie in Wirklichkeit genau so blöd wie alle Mannsbilder, wenn eine Ihnen schöne Augen macht! Genau so blöd und — genau so treulos! Ihre Frau wird a rechte Freud an Ihnen haben, wenn sie jetzt von droben zuschaugn muß, wie diese Krampftrutschn bei Tisch an ihrem Platz sitzt, und Ihnen vorlegt und dabei wie eine Turteltaube gurrt, und droben im Arbeitszimmer bei Ihnen umeinanderhockt, grad wie die selige Frau, und sich abends auf der Terrasse vor Ihnen spreizen tut — wo ich nur sagen kann pfui Teifi, pfui Teifi...«
»Schützen Sie mich!« schrie das Fräulein mit irrer Stimme. Ihre Augäpfel rollten wie bei einem durchgehenden Pferd. Hellwang drang gegen Kathi vor.
»Raus!« keuchte er, sein Schädel glühte und er reckte den Arm gebieterisch zur Tür, »raus mit Ihnen! Packen Sie Ihre Koffer und verlassen Sie mein Haus! Auf der Stelle!!« Er schob Kathi unaufhaltsam mit der Kraft einer anfahrenden Lokomotive aus dem Badezimmer hinaus und in den Flur hinein und sah, daß die Kinder mit leichenblaßen Gesichtern und tellergroßen, entsetzten
Augen auf der Treppe standen, sich am Geländer festklammerten und der turbulenten Wahnsinnsszene als Zuschauer beiwohnten. Und plötzlich stürzte Britta vor und hängte sich an Kathis Rock.
»Nein, nein, die Kathi darf nicht gehen! Du darfst die Kathi nicht wegjagen! Sie hat ja gar nichts getan! Ich bin es ja gewesen! Ich habe den Lack in die Flasche getan!«
Und in der nächsten Sekunde umklammerte auch Lydia Kathis Knie: »Ich auch! Wir beide waren es! Wir haben den Lack in die Flasche hineingeschüttet, wir beide!«
»Von Kathi dazu angestiftet!« gellte das Fräulein Hellwang in die Ohren. Er preßte die Hände gegen die Schläfen. Ein Narrenhaus, dachte er verzweifelt, ein komplettes Narrenhaus!
»Nein, die Kathi hat von nix was g’wußt!« schrie Lydia, »auf Ehr und Seligkeit! Ich bin von ganz allein drauf gekommen! Von ganz allein...«
»Die Kathi ist unschuldig, ich kann’s beschwören, die Kathi hat von nichts was gewußt!« beteuerte auch Britta.
Kathi preßte die Kinder an sich. Wie eine gewaltige Glucke war sie anzusehen, die ihre Fittiche über die Küken breitete und sich aufplusterte und bereit war, sie bis zum letzten Blutstropfen zu verteidigen. Eine atemlose Stille entstand. Und dann ließ Hellwang die Arme sinken. Es sah aus, als rutsche er in sich zusammen. Seine Gestalt schien auf einmal nur noch die Hälfte von dem Raum auszufüllen, den sie noch vor wenigen Sekunden eingenommen hatte. »Um Himmels willen, Kinder«, fragte er kraftlos und wie gebrochen, »warum nur, warum habt ihr das getan?«
Britta lugte zaghaft zwischen Kathis Hüfte und Arm zu ihrem Vater hinauf. Sie faßte Mut, als sie sah, wie vermöbelt es aussah, und daß es von seiner Seite im Augenblick nichts zu befürchten gab.
»Ach Gott, Konni«, flüsterte sie und schluchzte ein bißchen, »weil wir doch gemeint haben, daß die Sieglinda unsere neue Mutter werden soll.«
»Und weil sie uns so arg z’wider is«, ergänzte Lydia und streckte, was aber von niemand bemerkt wurde, dem Fräulein die Zunge heraus.
Hellwang hörte eine Bewegung hinter sich, ein kurzes Rauschen, als träfe ein Windstoß einen halbentlaubten Baum.
»Unter diesen Umständen, Herr Doktor... « Die Stimme von Fräulein Zögling klang zerborsten und schien aus sehr großer Höhe zu kommen. Hellwang wagte nicht, sich umzudrehen. Es
war ihm alles scheußlich peinlich. Das Hemd klebte ihm am Rücken. Er nickte in unbestimmte Richtung und hüstelte nervös.
»Unter diesen Umständen, allerdings...« murmelte er und trat zur Seite, um Fräulein Zögling die Tür und den Weg zu ihrem Zimmer frei zu machen. Er drehte die Handflächen nach außen, es war eine Bewegung, mit der er wohl andeuten wollte, daß er persönlich von dieser Wendung so überrascht und vor den Kopf gestoßen worden sei wie sie selber — und daß er darin so etwas wie das Walten eines höheren Schicksals erblicke, gegen das sich aufzulehnen, er weder die Kraft noch den Willen besitze.
Kathis Blick wanderte von den Kindern zu Hellwang, und von ihm zu Fräulein Zögling. Es war kein triumphierender Blick.
»Die Flasche mit dem Brennspiritus stell ich Eahna vor die Tür«, sagte sie zu Fräulein Zögling und hob die Schultern, als hätte sie diese Wendung der Dinge auch nicht erwartet.
Fräulein Zögling warf den Kopf zurück. Die nassen Haare und die verklebten Strähnen
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