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Die drei Leben der Tomomi Ishikawa (German Edition)

Die drei Leben der Tomomi Ishikawa (German Edition)

Titel: Die drei Leben der Tomomi Ishikawa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benjamin Constable
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kauft dort Blaubeerjoghurt, dann geht in den Albert’s Garden auf der East 2nd Street, esst den Blaubeerjoghurt mit den beiliegenden Löffeln, setzt euch auf eine Bank und genießt die Einfachheit dieses unscheinbaren Schatzes.
    B. X O X O X
    Ich reichte Beatrice den gelben Zettel, die ihn kurz überflog und dann umdrehte, um zu sehen, ob noch etwas auf der Rückseite stand.
    »Wie kommt sie darauf, dass du ein Mädchen bei dir haben könntest?«
    »Keine Ahnung.«
    »Kennst du viele Mädchen?«
    »Ein paar«, meinte ich.
    »Lass uns nicht da hingehen«, sagte Beatrice.
    »Wieso nicht?«, fragte ich.
    »Wir wollten doch in den Central Park. Ich kenne einen Laden in Midtown, da gibt es auch ziemlich leckeren Joghurt.«
    »Aber vielleicht ist der Joghurt ja gar nicht der Schatz. Vielleicht hat irgendwer in dem Feinkostladen noch etwas anderes für mich.«
    »Ja, Gift wahrscheinlich. Lass uns nicht da hingehen, Ben. Komm schon. Du bist doch ein großer Junge. Du musst nicht alles machen, was deine tote Butterfly von dir verlangt.«
    Ich erwiderte nichts.
    »Du meintest doch, du bräuchtest mal eine Pause von ihr. Das hat sie ja sogar selbst gesagt. Ich will eigentlich gar nichts mehr mit deiner Schatzsuche zu tun haben. Komm. Lass uns was anderes machen.«
    Ich lächelte.
    Also stiegen wir an der Station auf der 2nd Avenue, an der ich vier Tage zuvor in Manhattan angekommen war, in die Linie F. Auf Höhe der 42nd Street griff Beatrice mich beim Arm.
    »Los, lass uns aussteigen«, sagte sie und ich folgte ihr. »Es ist so ein schöner Tag und es gibt so viel zu sehen. Wir sollten lieber laufen. Für heute bin ich deine Stadtführerin.«
    Und so schlenderten wir plaudernd die 5th Avenue hinauf, während Beatrice mich immer wieder auf irgendetwas hinwies. »Guck mal, da ist eine französische Buchhandlung«; »Das da ist das Rockefeller Center«; »Ein Stück da runter steht das Seagram Building – da drin gibt es ein Restaurant, das diese großen Gemälde von Mark Rothko in Auftrag gegeben hat, die heute bei euch in London im Tate Museum hängen.«
    Als wir den Central Park erreichten, liefen wir ein Stück am Zoo entlang und spähten über den Zaun. Dann erklommen wir einen kleinen steinigen Hügel mit einem Pavillon, setzten uns hin und rauchten. Im Süden wirkte die Skyline wie das Gemälde einer riesigen Stadt, das durch die Bäume schimmerte, Richtung Norden schien sich der Park im Dunst der Ewigkeit zu verlieren.
    »Hast du vor, irgendwann ein Buch über Butterfly zu schreiben?«, fragte Beatrice.
    »Nein, das würde dann nämlich nur von Mord und Selbstmord und anderen schrecklichen Sachen handeln. Über so was will ich nicht schreiben. Obwohl mir das alles manchmal schon ziemlich wie ein Roman vorkommt. Wer weiß, vielleicht schreibe ich ihn ja doch eines Tages.« Ich holte mein Notizbuch aus der Tasche und blätterte für Beatrice die Seiten durch. »Ich habe schon angefangen, mir Notizen zu machen.«
    Sie lehnte sich zu mir und warf einen Blick hinein. »Wow, du hast ja eine irre Handschrift.«
    »Danke.«
    »Aber wenn du wirklich über Butterfly schreiben willst, musst du die Schatzsuche wohl zu Ende bringen.«
    »Ich weiß.« Ich nickte.
    »Die Sache ist nur, wenn du wirklich glaubst, dass sie diese Morde begangen hat, solltest du vielleicht zur Polizei gehen.«
    »Das weiß ich auch.«
    »Und dann ist da noch etwas anderes, was bisher keiner von uns ausgesprochen hat, aber ich vermute zumindest, dass du darüber nachgedacht hast, auch wenn du dir nicht ganz sicher bist, und ich denke dasselbe wie du.«
    Mein Herz begann schneller zu schlagen und mir wurde mulmig zumute, aber ich ließ mir nichts anmerken. »Was?«
    »Du überlegst, ob Butterfly vielleicht gar nicht tot ist.«
    »Warum wird eigentlich immer alles ein kleines bisschen komplizierter, wenn ich mit dir rede?«
    »Es stimmt doch, oder?«, hakte sie nach. »Das muss dir doch in den Sinn gekommen sein.«
    »Diese Frage kann ich nicht beantworten. Ich kann noch nicht mal daran denken.«
    »Wieso nicht? Du bekommst regelmäßig E-Mails von ihr. Sie weiß, wo du bist und was du machst. Sie weiß sogar, wer mit dir zusammen ist. Für eine Tote ist das ein ziemlich ungewöhnliches Verhalten.«
    »Aber seinen Tod täuscht man doch nicht einfach so vor, um seine Freunde zu unterhalten. Wenn ich anfange, das alles infrage zu stellen, werde ich verrückt. Sie ist tot. Sie muss es einfach sein. Alles andere würde bedeuten, dass da irgendeine verrückte

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