Die drei Leben der Tomomi Ishikawa (German Edition)
Butterfly, kostet es unglaublich viel Kraft, einen Menschen durch eine letale Erkrankung zu begleiten. Darüber habe ich mit Keiko ausführlich gesprochen. Es geht nicht um die effektive Verantwortung, sondern um die tiefgreifende emotionale Belastung.«
»Natürlich«, sagte ich, obwohl ich keine Ahnung hatte, wovon er redete.
»Die Klinik und ihr Personal werden auf unterschiedliche Arten finanziert. Der Löwenanteil unserer Mittel stammt direkt von den Versicherungsgesellschaften. Natürlich gibt es auch staatliche Subventionen, die, so gering sie auch sein mögen, eine große Hilfe sind. Außerdem werden wir von verschiedenen Wohlfahrtsverbänden und Stiftungen unterstützt, aber wir sind leider auch darauf angewiesen, unsere Patienten um einen kleinen Beitrag anzuhalten, selbstverständlich nur im Rahmen ihrer Mittel. Und um unsere Dienstleistungen auch in Zukunft gewähren zu können, sehen wir uns gezwungen, zusätzlich zu den Behandlungskosten eine Spende zu erheben.«
»Und das haben Sie mit Keiko besprochen?«
»Ja, mehrmals.«
Ich errötete. »Ich fürchte, Keiko hat über gar keine Mittel verfügt. Während ihrer Krankheit wurde sie seit Jahren von meinem Vater unterstützt. Ich … ich …«, ich wollte nicht, dass er mich unterbrach. »Ich könnte … Wenn Sie mir sagen, wie groß die Spende sein müsste, dann kann ich das Geld sicher irgendwie beschaffen und Sie bezahlen.«
»Danke, Butterfly. Das ist eine großzügige Geste, besonders in dieser schweren Zeit. Es tut mir leid, dass ich Sie damit überhaupt belästigen muss. Ich wünschte, ich wäre in der Lage, Ihnen einfach helfen zu können, als Freund. Denn als solchen sehe ich mich nach all den Jahren. Sowohl was Keiko betrifft als auch Sie.«
»Ich hatte auch den Eindruck, dass Sie zu einem Freund der Familie geworden sind, Dr. Bastide.« Ich dachte an die vielen Abende, an denen er uns besucht oder mit uns gegessen hatte. »Das Problem ist nur, dass ich lediglich über ein sehr begrenztes Einkommen verfüge. Ich versuche schon seit einiger Zeit, meinen Vater zu erreichen, um ihn um Hilfe zu bitten. Wäre es vielleicht möglich, dass ich den Betrag in Raten bei Ihnen abbezahle – vielleicht über ein Jahr oder sogar zwei? Wie hoch, meinen Sie, wäre denn eine angemessene Spende?«
»Oh, ich glaube nicht, dass wir Ihren Vater damit behelligen müssen.«
Woraus ich den Schluss zog, dass es hier nicht um einen Betrag ging, den eine Studentin nicht würde aufbringen können. »Ich bin nur ziemlich überrascht, weil Komori nie davon gesprochen hat. Dabei war sie in allem, was ihren Tod betraf, doch sonst so gut organisiert.«
»Sie war wirklich eine bemerkenswerte Frau. Aber ja, sie hat mir tatsächlich einmal ihre finanzielle Situation erläutert, mit derselben Hingabe zum Detail, die wir beide so an ihr bewundert haben. Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie diese Wohnung geerbt haben?«
»Die Wohnung?« Ich musste mich zusammenreißen, um nicht überzureagieren, aber plötzlich beschlich mich der Verdacht, dass dieser ach so verständnisvolle Freund der Familie mir nur Geld abnötigen wollte. »Was wollen Sie, Dr. Bastide?«
»Die Spende, über die ich mit Keiko gesprochen habe.«
»Dann würde ich gerne eine Rechnung sehen oder einen Vertrag oder so etwas.«
»Butterfly, bitte, ich glaube, Sie missverstehen mein Anliegen.«
»Bedauerlicherweise verstehe ich Sie ganz genau: Sie versuchen, mir ohne rechtskräftige Dokumente, die die Schulden belegen würden, Geld abzupressen. Wenn Sie gedacht haben, Sie könnten Ihre Position dazu missbrauchen, ein armes trauerndes Mädchen um sein Erbe zu bringen, dann haben Sie sich getäuscht. Ich werde gar nichts bezahlen. Ich denke, Sie sollten jetzt gehen, Dr. Bastide.«
»Butterfly, so ist das doch gar nicht. Keiko hat seit Jahren davon gesprochen, dass sie das Kapital, das in dieser Wohnung steckt, für eine Spende aufwenden will. Wenn Sie ihre Wünsche derart missachten, treten Sie ihr Andenken mit Füßen.«
»Was waren denn ihre Wünsche?«
»Der Klinik eine Spende zu vermachen.«
»Sie sind ein Lügner. Davon hätte sie mir erzählt.«
»Ich glaube, genau da liegt das Problem, Butterfly. Wie es aussieht, hat sie Ihnen und mir ganz unterschiedliche Dinge erzählt.«
»Ich möchte, dass Sie jetzt gehen, Dr. Bastide. Ich habe nicht vor, das Einzige, was mir von meinem Kindermädchen geblieben ist, zu verkaufen, damit Sie einen Teil des Geldes einsacken können.«
»Oh, es geht nicht
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