Die drei Musketiere
es so eilig, ihrer Herrin die herrliche Kunde von der glücklichen Rückkehr ihres Sendboten zu überbringen, daß den beiden Liebenden bloß Zeit zum Austausch weniger flüchtiger Worte blieb. Von einem doppelten Gefühl, Liebe wie Neugierde, getrieben, folgte jetzt d'Artagnan seiner kleinen Führerin.
Unterwegs, und je einsamer die Korridore wurden, durch die sie ihr Weg führte, fühlte d'Artagnan mehr als einmal das
Verlangen, die junge Frau zu umfassen und zu küssen, und wäre es auch nur für einen einzigen kurzen Augenblick gewesen.
Aber, flink wie ein Vögelein, huschte sie immer zwischen den Händen durch, und, wenn er Miene verriet, sprechen zu wollen, legte sich ihr zierlicher Finger mit so süßem, gebieterischem Ausdruck auf den kleinen Mund, daß ihm die Macht, der er blindlings gehorchen mußte, die Zunge bannte. Endlich, nachdem sie ein paar Minuten durch Gänge hin und her gelaufen waren, öffnete Frau Bonacieux eine Tür und schob ihren jungen Freund in ein stockfinsteres Kabinett. Dort winkte sie ihm, sich stumm zu verhalten, und, eine Tapetentür öffnend, durch die jähes Licht hereinfloß, war sie, schnell wie der Blitz, verschwunden... Einen Augenblick stand d'Artagnan wie
versteinert. Bald aber erkannte er aus einem weiteren
Lichtstrahl, der aus dem Raum schoß, in der seine Führerin verschwunden war, aus der warmen, wohlriechenden Luft, die seine Nase zu fächeln anfing, und aus dem Wort Majestät, das wiederholt an seine Ohren drang, daß er sich in einem Kabinett befand, das unmittelbar zu den von der Königin bewohnten Gemächern gehörte.
Der junge Mann hielt sich im Schatten und wartete. Heiter und glücklich, zur nicht geringen Verwunderung ihrer
Umgebung, die sie kaum anders als traurig kannte, erschien die
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Königin, plauderte von dem schönen Fest, von dem Vergnügen, das ihr das Ballett bereitet hatte, und, da es sich nicht schickt, einer Königin zu widersprechen, mag sie nun lächeln oder weinen, überbot sich alles im Lobe der Stadtschöffen von Paris.
D'Artagnan kannte die Königin zwar noch nicht; er erkannte sie aber an der Stimme, die sich von allen andern unterschied; er hörte, wie sie sich der halboffenen Tür näherte und wieder davon entfernte; er sah, wie sich der Schatten eines Körpers ein paarmal vor das Licht stellte... Endlich glitten eine Hand und ein Arm von wunderbar schöner Form und schneeigem Weiß durch die Öffnung der Tapete; d'Artagnan verstand, daß dies sein Lohn war! Er stürzte auf die Knie, ergriff die Hand und drückte respektvoll die Lippen darauf. Dann verschwand die Hand langsam wieder, in seinen Fingern einen Gegenstand
zurücklassend, den er als einen Ring erkannte. Dann schloß sich die Tür, und d'Artagnan befand sich wieder in der tiefsten Finsternis. Er schob den Ring an seinen Finger und wartete von neuem; es war sichtlich noch nicht alles vorüber. Auf die Belohnung seiner Ergebenheit folgte der Lohn für seine Liebe.
Zudem war das Ballett wohl vorüber, aber das Fest hatte kaum begonnen; um drei Uhr wurde das Souper eingenommen, und die Uhr von Saint-Jean hatte schon vor einer Weile das dritte Viertel nach zwei verkündet. Das Stimmengeräusch in dem anstoßenden Gemach verringerte sich nach und nach; dann hörte man Schritte sich entfernen; dann öffnete sich die Tür des kleinen Kabinetts, worin d'Artagnan weilte, von neuem, und Frau Bonacieux schoß herein.
»Endlich, endlich!« rief d'Artagnan. – »Still!« sagte die junge Frau, dem Jüngling die Hand auf die Lippen legend; »still!
Gehen Sie auf dem nämlichen Weg wieder, den ich Sie
hergeführt!« – »Aber wo und wann werde ich Sie sehen?« rief d'Artagnan. – »Sie werden zu Hause ein Briefchen finden, das es Ihnen meldet!« – Mit diesen Worten öffnete sie die Gangtür und schob d'Artagnan zum Kabinett hinaus. Er gehorchte wie ein
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folgsames Kind, ohne Widerstand, ohne Einwand – das ist wohl ein ausreichender Beweis für seine Verliebtheit.
D'Artagnan eilte im Laufschritt nach Hause, und ob es gleich weit über drei Uhr war, und sein Weg durch berüchtigte Stadtviertel führte, so stieß ihm doch kein schlimmes Abenteuer zu. Betrunkene und Verliebte stehen ja unter dem besonderen Schutz der Götter. Die Tür zu dem Gang, in dem seine Stube lag, stand ha lb offen; er stieg die Treppe hinauf und klopfte leise, auf eine nur ihm und seinem Pagen bekannte Weise.
Planchet, den er vor zwei Stunden aus dem Stadthaus
heimgeschickt hatte, öffnete
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