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Die drei Musketiere

Die drei Musketiere

Titel: Die drei Musketiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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minder. Daß Aramis nicht zu Hause sei, diese Ausflucht konnte er nicht benutzen, weil dessen Anwesenheit schon die Wirtin verraten hatte. Indessen suchte er dem Besucher auf alle mögliche Weise begreiflich zu machen, daß es unmöglich anginge, seinen Herrn in der frommen Übung zu stören, die schon am frühen Morgen begonnen habe und vor Abend
    schwerlich zu Ende sein werde.
    D'Artagnan war jedoch nicht der Mann, der sich mit solchen Worten abspeisen ließ; aber sich in einen langen Disput mit einem Pagen einzulassen, war seine Sache erst recht nicht. Er gab ihm einen Stoß mit der einen Hand, daß er beiseite flog, und mit der andern stieß er die Haustür auf, stürmte die Stiege hinauf und riß die durch eine Fünf bezifferte Zimmertür auf... Aramis saß im schwarzen Oberrock, das Haupt mit einem runden, flachen Käppchen bedeckt, das als Barett für einen Geistlichen gelten konnte, vor einem länglichen, über und über mit Folianten bedeckten Tisch.
    Rechts von ihm saß der Jesuitenpater, links der Pfarrer von Montdidier. Durch die halbgeschlossenen Vorhänge drang ein geheimnisvolles, träumerisches Licht. All die weltlichen Dinge, die man sonst im Zimmer eines jungen Mannes trifft, vor allem, wenn solcher zur Musketierkompanie gehört, waren streng verbannt. Man sah weder Degen noch Pistolen oder Federhut, auch von Litzen und Tressen keine Spur. Statt dessen meinte d'Artagnan in einem Winkel ein Ding zu sehen, das mit einer Geißel bedenkliche Ähnlichkeit hatte.
    Infolge des Geräusches, das d'Artagnans Eintritt verursachte, hob Aramis den Kopf. Er erkannte den Freund auf der Stelle, aber zu dessen Verwunderung verriet sein Gesicht keine Überraschung oder gar Freude, dermaßen hatte sein Geist sich bereits von allem Irdischen abgewandt. »Guten Tag, mein lieber d'Artagnan«, sprach Aramis. »Glauben Sie mir, daß ich mich glücklich preise, Sie zu sehen.« – »Ich nicht minder«, versetzte d'Artagnan, »wenn ich auch meiner Sache noch nicht recht
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    sicher bin, wirklich mit Aramis zu sprechen.« – »Mit niemand anderm als ihm! Wie konnten Sie auf solchen Zweifel stoßen?«
    – »Ich fürchtete, in ein falsches Zimmer und zu einem geistlichen Herrn geraten zu sein; nachher machte mir der Anblick der beiden Herren in anderer Weise bange; ich
    befürchtete nämlich, Sie seien ernstlich krank.«
    Die beiden geistlichen Herren warfen auf d'Artagnan, dessen Absichten sie durchschauten, einen fast drohenden Blick; dieser aber ließ sich dadurch nicht im geringsten einschüchtern.
    »Ich störe vielleicht, mein lieber Aramis«, fuhr er fort, »denn nach allem, was ich sehe, macht es mir den Eindruck, als wenn Sie vor den beiden Herren Beichte ablegen.« – Aramis wurde sichtlich rot. – »Sie und mich stören? Oh, ganz im Gegenteil, Freund!« – »Aha«, dachte d'Artagnan; »endlich taut er auf! So schlimm scheint's also mit ihm noch nicht zu stehen.«
    Aramis dagegen wandte sich gelassen zu seinen beiden
    Gästen und fuhr in salbungsvollem Ton fort: »Der Herr hier, ein guter Freund von mir, ist nämlich eben einer sehr schweren Gefahr entronnen.« – »Preisen Sie Gott dafür, Herr«, sprachen die beiden geistlichen Herren wie aus einem Munde. – »Daran habe ich es nicht fehlen lassen, ihr frommen Herren«, erwiderte der junge Mann, sie nun seinerseits begrüßend.
    »Sie kommen wie gerufen, lieber d'Artagnan«, nahm Aramis wieder das Wort. »Sie müssen an unserm Disput teilnehmen und ihn mit Ihrem Licht erleuchten. Wir beraten nämlich zu dritt über verschiedene theologische Fragen, mit denen wir uns schon eine Zeitlang befassen; es wäre mir wertvoll, Ihre Meinung darüber zu hören.« – »Die Meinung eines Kriegers entbehrt wohl jeglichen Gewichts«, versetzte d'Artagnan, der über die Wendung, die die Dinge nahmen, sich zu beunruhigen anfing.
    »Sie dürften wohl besser tun, sich an das Wissen dieser beiden Herren zu halten.« – Die beiden schwarzen Herren verneigten sich zum Zeichen ihres Dankes für solche Rede.
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    »Im Gegenteil«, erwiderte Aramis, »Ihre Meinung, lieber d'Artagnan, wird mir von Wert sein. Es handelt sich um folgendes: Der Herr Pater meint, die von mir aufgestellte These müsse vor allem dogmatisch und didaktisch sein.« – »Ihre These?« rief d'Artagnan, »Sie befassen sich mit Thesen?« –
    »Gewiß«, antwortete der Jesuit, »der Weihe muß die Prüfung vorausgehen, und dazu ist eine These unbedingt erforderlich.«
    »Der Weihe?« rief d'Artagnan, der

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