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Die drei Musketiere

Die drei Musketiere

Titel: Die drei Musketiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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merkte er bald, daß es eine Frau war.
    Zudem sah sich die Gestalt, als ob sie über das Haus, das sie suchte, nicht sicher sei, wiederholt um, blieb stehen, ging ein Stück zurück und kam noch einmal wieder. D'Artagnan wurde neugierig. »Wenn ich ihr meine Dienste anböte?« dachte er,
    »ihre Haltung und Weise verrät, daß sie jung ist; vielleicht ist sie auch hübsch? Oh, sicher! Aber eine Frau, die zu solcher Zeit sich auf der Straße befindet, verfolgt doch kaum einen andern Zweck, als den Geliebten aufzusuchen. Teufel! Sie bei einem Stelldichein zu stören, wäre kein guter Anfang, mit ihr anzuknüpfen. Aber komisch wäre es, wenn dieses verspätete Täubchen auf der Suche von unseres Freundes Hause wäre! Alle Wetter, fast sieht es so aus! Ei, ei, diesmal will ich klar sehen!«
    D'Artagnan schmiegte sich so dicht wie möglich in eine Nische, in der eine steinerne Bank stand. Die Frau, die noch immer vor den drei Häusern, in deren einem Aramis wohnte, auf und ab schritt, hüstelte jetzt; aber so matt der Ton war, so ließ er doch erkennen, daß die Frau eine recht frische Stimme haben mußte. Es kam d'Artagnan so vor, als ob dieses Hüsteln ein
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    Signal sei. Ob nun eine Antwort darauf erfolgt war, die der Unschlüssigkeit der Frau ein Ende machte, oder ob sie selbst das Ziel gefunden hatte, das sie verfolgte, kurz: sie trat auf einmal an den Fensterladen von Aramis' Haus und klopfte mit dem gekrümmten Finger dreimal daran... »Also doch bei Aramis!«
    murmelte d'Artagnan. »Warte, du Heuchler, dich will ich mal auf deinen Pfaffenzahn fühlen!« – Kaum hatte der Finger zum drittenmal geklopft, so wurde der Laden geöffnet, und ein Lichtschimmer wurde sichtbar. – »Ei, ei!« murmelte der Lauscher, »nicht an der Haustür, sondern am Fenster? Der Besuch wurde also erwartet? Hm, sollte der Laden aufgehen und die Dame einsteigen? Das wäre ja großartig!« – Aber zu seiner großen Verwunderung blieb der Laden geschlossen, und auch das Licht, das einen Augenblick sichtbar gewesen war,
    verschwand, so daß wieder alles in Finsternis sank. D'Artagnan meinte aber, lange könnte das nicht dauern, und hielt nach wie vor Augen und Ohren gespannt. Er hatte recht, denn nach wenigen Sekunden hallten zwei dumpfe Schläge im Hausinnern, und die Frau antwortete durch ein einmaliges Klopfen; darauf lupfte sich der Fensterladen wieder. D'Artagnan suchte mit den Augen die Finsternis zu durchdringen; leider wurde das Licht in ein anderes Zimmer getragen, aber d'Artagnans Augen hatten sich an das Dunkel gewöhnt; zudem sollen Gascogner ja auch Katzenaugen haben, das heißt, im Finstern sehen können. Er sah jetzt, daß die Frau einen weißen Gegenstand aus der Tasche nahm und auseinanderfaltete, daß der Gegenstand Ähnlichkeit mit einem Taschentuch hatte, daß die Frau eine bestimmte Ecke desselben suchte und der im Hause befindlichen Person zeigte.
    D'Artagnan fiel das Taschentuch ein, das er zu Füßen von Frau Bonacieux gefunden und das ihn an dasjenige erinnert hatte, das er seinerzeit Aramis unter den Füßen hervorgezogen hatte.
    Was, zum Teufel, mochte dies Taschentuch bedeuten?... Da, wo er stand, konnte er Aramis' Gesicht sehen, denn daß es sein Freund sei, der mit der Frau draußen von seiner Stube aus
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    Zwiesprache hielt, stand für ihn außer Zweifel. Die Neugierde besiegte die Klugheit, und, die Beschäftigung der beiden Personen mit dem Taschentuch wahrnehmend, huschte er aus der Nische vor und duckte sich blitzschnell, aber leise wie eine Katze, in einen Mauerwinkel, von wo er das Innere von Aramis'
    Wohnung deutlich übersehen konnte. Aber wenig fehlte, so hätte er sich durch einen Schrei verraten, denn die Person, die mit der nächtlichen Besucherin sprach, war nicht Aramis, sondern eine Frau. Doch wenn er auch soviel sah, daß er die Kleiderform erkennen konnte, so nicht genug, um das Gesicht zu unterscheiden!
    Jetzt nahm die Frau im Hause ein zweites Taschentuch aus ihrer Tasche und tauschte es gegen das um, das ihr gezeigt worden war. Dann wurden ein paar Worte zwischen den beiden Frauen gewechselt; der Fensterladen schloß sich wieder, die Frau draußen machte kehrt und kam, die Kapuze über das Gesicht ziehend, knapp vier Schritte weit an d'Artagnan vorüber.
    Die Vorsichtsmaßregel war jedoch zu spät, denn d'Artagnan hatte bereits... Frau Bonacieux erkannt!
    Der Argwohn, daß sie es sei, war ihm schon aufgestiegen, als er das Taschentuch erblickte. War es aber möglich, daß die Frau,

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