Die drei Musketiere
angeklagt worden, ihren Liebhaber in den Louvre gebracht zu haben; damit wäre die Affäre erledigt gewesen; sie hätte solche Schuld auf sich genommen; freilich hätte ihr Ruf dadurch gelitten, aber welchen Wert hat denn schließlich in der Welt der Ruf einer
Kleinkrämersfrau.
Im inneren Hof gingen sie etwa zwanzig Schritte an einer Mauer entlang. Dann stieß Frau Bonacieux eine kleine
Dienstpforte auf, die tagsüber offen stand, nachts aber in der Regel geschlossen wurde. Die Tür ging auf, und sie traten in den stockfinsteren Raum, in den die Tür führte. Frau Bonacieux kannte jedoch in diesem Teil des Louvre, der für die
Hofdienerschaft bestimmt war, alle Wege und Schliche. Sie schloß die Türen wieder hinter sich ab, nahm den Herzog bei der Hand, tastete sich ein Stück weiter bis zu einer Rampe, setzte den Fuß auf eine Stufe und stieg dann eine Treppe hinauf. Der Herzog zählte zwei Stockwerke. Dann wandte sie sich rechts, ging einen langen Korridor entlang, dann ein Stockwerk wieder hinunter, machte noch ein paar Schritte, steckte einen Schlüssel in ein Schloß, drückte eine Tür auf und schob den Herzog in ein nur durch eine Nachtlampe erhelltes Gemach. »Bleiben Sie hier, Mylord Herzog! Man wird kommen!« Sodann ging sie zur
nämlichen Tür hinaus und verschloß sie hinter sich, so daß der Herzog buchstäblich gefangen war. Nichtsdestoweniger hatte er keinen Augenblick Angst; ein hervorspringender Charakterzug von ihm war seine Vorliebe für Abenteuer und für romantische Händel. Er war tapfer, kühn, unternehmend und wagte sein
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Leben hier nicht zum erstenmal. Er hatte wohl in Erfahrung gebracht, daß die vermeintliche Botschaft Anna von Österreichs, auf die hin er nach Paris gekommen, eine Falle war. Statt aber nach England zurückzukehren, mißbrauchte er die Lage und ließ der Königin sagen, daß er nicht eher Frankreich verlassen werde, als bis er sie gesehen habe. Zuerst hatte sich die Königin beharrlich geweigert, diesem Verlangen nachzukommen; dann aber befürchtet, der Herzog möchte sich in seiner Aufregung zu irgendeiner Torheit hinreißen lassen. Schon war sie willens, ihm Audienz zu gewähren und ihn zur sofortigen Abreise aus Frankreich aufzufordern, als Frau Bonacieux, der sie den Auftrag erteilte, den Herzog in den Louvre zu geleiten, festgenommen wurde. Zwei Tage lang wußte kein Mensch im Louvre, was mit ihr geschehen war, und alles blieb in der Schwebe. Kaum aber war die kleine Frau wieder in Freiheit und mit de la Porte in Verbindung, so gerieten die Dinge auch wieder in Fluß, und sie unternahm es, den gefährlichen Auftrag zu erfüllen, den sie, wäre sie nicht verhaftet worden, schon drei Tage früher erledigt hätte. Buckingham trat, sobald er allein war, vor einen Spiegel. Die Musketieruniform stand ihm prächtig. Er war Mitte Dreißig und galt mit Recht für den stattlichsten Edelmann Frankreichs und Englands. Als Günstling zweier Könige, im Besitz eines ungeheuren Vermögens,
allmächtig in einem Reich, das er, je nach seiner Laune, bald in Ruhe hielt, bald in Unruhe stürzte, hatte George Villiers, Herzog von Buckingham, eine jener fabelhaften Laufbahnen
eingeschlagen, die noch nach Jahrhunderten Staunen und Bewunderung der Nachwelt erregen.
So pflegte er, seiner selbst sicher und fest überzeugt von der Macht, über die er gebot, frei von jedem Zweifel, daß die Gesetze, die für die übrige Menschheit gelten, ihn je erreichen könnten, direkt auf das Ziel loszugehen. Auf diese Weise war es ihm geglückt, sich mehrmals der schönen stolzen Anna von Österreich zu nähern und durch die Gewalt seiner blendenden
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Eigenschaften sich bei ihr in Gunst zu setzen.
George Villiers stellte sich also vor den Spiegel, brachte sein schönes, blondes Haar wieder in die durch die Last des Hutes zerstörte Wellenform, zwirbelte den Schnurrbart und lächelte, freudigen Herzens, glücklich, dem lange heißersehnten
Augenblick nahe zu sein. In diesem Augenblick ging eine in der Tapete verborgene Tür auf, und eine Frau erschien. Buckingham sah diese Erscheinung im Spiegel. Er stieß einen Schrei aus. Es war die Königin.
Anna von Österreich war sechs- oder siebenundzwanzig,
stand also im vollen Glanz ihrer Schönheit. Ihre Haltung war die einer Königin oder Göttin; ihre Augen, die wie Smaragde funkelten, waren von erhabener Schönheit und zugleich voll Milde und Majestät. Ihr Mund war klein und von tiefem Rot und, obgleich die Unterlippe, wie bei jedem
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