Die drei Musketiere 2
zugleich. – »Und Ihr kommt?« fragte Mylady. – »Von La Rochelle. Und Ihr?« –
»Von England.« – »Buckingham?« – »Tot oder gefährlich verwundet. Als ich abreiste, ohne etwas von ihm erlangen zu können, ermordete ihn ein Fanatiker.« – »Ah«, sagte Rochefort 249
lächelnd, »das ist ein äußerst glücklicher Zufall, worüber sich Seine Eminenz ungemein freuen wird. Habt Ihr Ihn davon in Kenntnis gesetzt?« – »Ich habe von Boulogne aus geschrieben.
Aber wie kommt Ihr hierher?« – »Seine Eminenz war in Unruhe und schickte mich aus, um Euch zu suchen.« – »Ich bin erst gestern hier angekommen.« – »Und was habt Ihr gestern gemacht?« – »Ich habe meine Zeit nicht verloren.« – »Oh, das kann ich mir wohl denken.« – »Wißt Ihr, wen ich hier getroffen habe?« – »Nein.« – »Ratet!« – »Wie soll ich?« – »Die junge Frau, die die Königin aus dem Gefängnis befreit hat.« – »Die Geliebte des kleinen d’Artagnan?« – »Ja, Madame Bonacieux, deren Zufluchtsstätte der Kardinal nicht kannte.« – »Nun, das ist abermals ein glücklicher Zufall, der dem Kardinal sehr angenehm sein wird.« – »Könnt Ihr Euch mein Erstaunen denken, als ich mich dieser Frau gegenüberfand?« – »Kennt sie Euch?« – »Nein.« – »Dann hält sie Euch für eine Fremde?« –
Mylady lächelte. »Ich bin Ihre beste Freundin.« – »Bei meiner Ehre! Nur Ihr, Mylady, könnt solche Wunder wirken.« – »Es geschah zur rechten Zeit, Comte, denn wißt Ihr, was vorgeht?« –
»Nein.« – »Man will sie morgen oder übermorgen aufgrund eines Befehls der Königin holen.« – »Wirklich? Und wer?« –
»D’Artagnan und seine Freunde.« – »In der Tat? Sie treiben es so arg, daß wir sie in die Bastille schicken müssen.« – »Warum ist dies nicht bereits geschehen?« – »Was wollt Ihr? Der Kardinal hat für diese Menschen eine mir ganz unbegreifliche Vorliebe.« – »Wirklich? Nun so sagt ihm, Rochefort, daß unsere Unterredung in der Herberge ›Zum roten Taubenschlag‹ von diesen vier Menschen belauscht worden ist, sagt ihm, daß einer von ihnen nach seiner Entfernung heraufkam und mir mit Gewalt den Geleitbrief entriß, den er mir gegeben hatte, sagt ihm, daß Lord Winter von meiner Fahrt nach England
benachrichtigt wurde, daß sie auch diesmal beinahe meine Sendung vereitelt hätten, wie sie die mit den Nestelstiften vereitelten. Sagt ihm, daß von diesen vier Menschen nur zwei, 250
d’Artagnan und Athos, zu fürchten sind, sagt ihm, daß der dritte der Liebhaber von Madame Chevreuse ist. Man muß diesen leben lassen, man weiß sein Geheimnis, er kann von Nutzen sein, der vierte, Porthos, ist ein Einfaltspinsel, der keine Beachtung verdient.« – »Aber alle vier müssen jetzt vor La Rochelle sein.« – »Ich glaubte dies, wie Ihr, aber ein Brief, den Madame Bonacieux von Madame de Chevreuse erhalten und mir gezeigt hat, gibt mir die Überzeugung, daß sie sich aufgemacht haben, sie zu entführen.« – »Zum Teufel, was ist da zu machen?« – »Was hat Euch der Kardinal für mich
aufgetragen?« – »Eure geschriebenen oder mündlichen Depeschen in Empfang zu nehmen und mit Postpferden
zurückzukehren. Sobald er weiß, was Ihr getan habt, wird er Befehl geben, was Ihr tun sollt.« – »Ich muß also hierbleiben?«
– »Hier oder in der Umgebung.« – »Ihr könnt mich nicht mitnehmen?« – »Nein, der Befehl ist streng. In der Gegend des Lagers könntet Ihr erkannt werden, und Eure Gegenwart würde, wie Ihr wohl begreift, Seine Eminenz besonders nach dem, was da drüben vorgefallen ist, kompromittieren. Doch sagt mir, wo Ihr Nachrichten vom Kardinal erwarten wollt, damit ich stets weiß, wo ich Euch treffen kann.« – »Wahrscheinlich bin ich nicht imstande, hier zu bleiben.« – »Warum?« – »Ihr vergeßt, daß meine Feinde jeden Augenblick ankommen können.« –
»Das ist wahr, aber dann wird die Kleine Seiner Eminenz entschlüpfen.«
»Bah!« sagte Mylady mit einem eigentümlichen Lächeln. »Ihr vergeßt, daß ich ihre beste Freundin bin.« – »Ah! Das ist wahr.
Ich darf also dem Kardinal sagen, in Beziehung auf diese Frau
…« – »Könne er ruhig sein.« – »Was soll ich nun tun?« –
»Sogleich abreisen. Es scheint mir, die Nachrichten, die Ihr bringt, sind wert, daß man sich beeilt.« – »Mein Wagen ist gebrochen, als ich in Lilliers einfuhr.« – »Vortrefflich!« – »Wie, Ihr findet das vortrefflich?« – »Ja, denn ich
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