Die drei Musketiere 2
d’Artagnan, »ich habe es für drei Taler verkauft, und den Preis habe ich sicher nur für die Haut bekommen, denn das Gerippe ist wahrlich keine achtzehn Livres wert. Aber wie kommt denn das Pferd in deine Hände, Mousqueton?«
»Ach«, versetzte der Diener, »sprecht mir nicht davon, Monsieur. Das ist ein böser Streich vom Gatten unserer Herzogin.«
»Was soll das heißen, Mousqueton?«
»Ja, wir sind von einer Dame von hohem Range gerne
gesehen, vo n einer Herzogin von … Verzeihung, mein Herr hat mir Verschwiegenheit anbefohlen. Diese Dame hatte uns gezwungen, ein kleines Andenken von ihr anzunehmen, bestehend aus einem prächtigen spanischen Pferd und einem andalusischen Maultier. Es war ein wunderbarer Anblick. Nun hat aber der Gatte die Geschichte erfahren, unterwegs die zwei prächtigen Tiere, die man uns zustellen wollte, weggenommen und sie durch diese abscheulichen Tiere ersetzt.«
»Die du ihm zurückführst?« sagte d’Artagnan.
»Freilich«, versetzte Mousqueton. »Ihr werdet einsehen, daß wir für die uns versprochenen Tiere keine solchen Mähren annehmen können.«
»Nein, bei Gott, obwohl ich Porthos gern auf meinem Pferd hätte sehen mögen, ich hätte mir dann doch vorstellen können, wie ich bei meiner Ank unft in Paris ausgesehen habe. Aber jetzt wollen wir dich nicht länger aufhalten, Mousqueton, gehe und führe den Auftrag deines Herrn aus. Ist er zu Hause?«
»Ja, Monsieur«, erwiderte Mousqueton, »aber bei schlechter Laune.«
Damit setzte er seinen Weg fort, während die beiden Freunde an der Türe des unglücklichen Porthos läuteten. Dieser hatte sie 41
über den Hof kommen sehen und hütete sich zu öffnen. Sie läuteten daher vergebens.
Unterdessen setzte Mousqueton seinen Weg fort, überschritt den Pont Neufund erreichte, seine beiden Mähren immer vor sich hertreibend, schließlich die Rue aux Ours. Hier angelangt, band er nach dem Auftrag seines Herrn Pferd und Maultier an den Türklopfer des Prokurators, dann ging er, ohne sich weiter um die Tiere zu kümmern, wieder zu Porthos zurück, um ihm zu melden, daß er seinen Auftrag ausgeführt habe.
Nach einiger Zeit machten die beiden unglücklichen Tiere, die seit dem Morgen nichts gefressen hatten, dadurch, daß sie den Türklopfer beständig aufhoben und wieder zurückfallen ließen, einen solchen Lärm, daß der Prokurator seinem Laufburschen befahl, sich in der Nachbarschaft zu erkundigen, wem das Pferd und das Maultier gehörten.
Madame Coquenard erkannte ihr Geschenk und konnte
anfänglich die Zurückweisung gar nicht verstehen, aber bald klärte der Besuch Porthos’ sie darüber auf. Der Zorn, der in den Augen des Musketiers aufleuchtete, setzte die gefühlvolle Geliebte trotz des Zwanges, den er sich auferlegte, in Angst.
Mousqueton hatte seinem Herrn nicht verheimlicht, daß er d’Artagnan und Aramis begegnet sei, und daß d’Artagnan in dem gelben Pferd den Klepper wiedererkannt habe, auf dem er nach Paris gekommen war und den er um drei Taler verkauft hatte.
Porthos ging fort, nachdem er mit der Prokuratorin eine Zusammenkunft im Kloster von Saint-Magloire verabredet hatte. Als der Prokurator Porthos fortgehen sah, lud er ihn zum Essen ein. Dieser aber lehnte die Einladung mit majestätischer Miene ab.
Madame Coquenard begab sich zitternd nach dem Kloster Saint-Magloire, denn sie sah die Vorwürfe Porthos’ voraus, die sie dort erwarteten. Dennoch brachte sie es nicht über sich fernzubleiben; sein vornehmes Auftreten hatte sie bezaubert.
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Alles, was ein in seiner Eigenliebe verletzter Mann an Vorwürfen und Verwünschungen auf das Haupt einer Frau ausschütten kann, goß Porthos nun auf das gebeugte Haupt seiner Prokuratorin aus.
»Ach«, sagte sie, »ich habe mein Bestes getan. Einer unserer Klienten ist Pferdehändler, er schuldete der Kanzlei einen Betrag und wollte nicht zahlen; ich nahm daher für das Geld das Pferd und das Maultier. Er hatte mir von zwei königlichen Tieren gesprochen.«
»Nun, Madame«, sagte Porthos, »wenn er Euch mehr als fünf Taler schuldete, so ist der Pferdehändler ein Schuft.«
»Es ist doch nicht verboten, billig einzukaufen, Monsieur Porthos«, sagte die Prokuratorin in dem Versuch, sich zu entschuldigen.
»Gewiß nicht, Madame, aber die, welche billig zu kaufen suchen, müssen anderen erlauben, sich freigebigere Freunde zu suchen.«
Und Porthos drehte sich um und machte einen Schritt, als wollte er sich entfernen.
»Monsieur Porthos! Monsieur
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