Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die drei Musketiere 2

Die drei Musketiere 2

Titel: Die drei Musketiere 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
Vom Netzwerk:
da ihm der Schrecken neuen Mut gab,
    »ich gehe … ich gehe.«
    D’Artagnan nahm die Büchse des Soldaten, ließ ihn vor sich hergehen und trieb ihn seinem Gefährten zu, indem er ihn von Zeit zu Zeit mit der Spitze seines Degens in die Hüfte stach. Es war furchtbar mitanzusehen, wie sich der Unglückliche, der auf seinem Weg eine lange Blutspur zurückließ, in bleicher Todesfurcht ungesehen zu dem Leichnam seines Kameraden hinzuschleppen suchte, der zwanzig Schritte von ihm entfernt lag. Der Schrecken war so stark auf seinem mit kaltem Schweiß bedeckten Gesicht geprägt, daß d’Artagnan Mitleid bekam und ihn verächtlich anschaute.
    »Nun!« sagte er, »ich will dir zeigen, welch ein Unterschied zwischen einem Mann von Herz und einem Feigling deiner Art besteht. Bleibe, ich werde gehen!«
    Und schnellen Schrittes, mit lauerndem Auge jede Bewegung des Feindes beobachtend, gelangte d’Artagnan bis zu dem 94
    zweiten Soldaten. Seinen Zweck konnte er nur auf zweierlei Weise erreichen, entweder er mußte ihn auf der Stelle durchsuchen oder ihn, seinen Leib als Schild gebrauchend, nach dem Laufgraben tragen und ihn dort durchsuchen. D’Artagnan zog das zweite vor und lud den Mörder in dem Augenblick, wo der Feind Feuer gab, auf seine Schulter. Ein leichter Stoß, ein letzter Schrei, ein Beben des Todeskampfes bewiesen ihm, daß ihm der, der ihn hatte ermorden wollen, das Leben gerettet hatte.
    Er erreichte wieder den Laufgraben und warf den Leichnam neben den Verwundeten.
    Sogleich begann er die Untersuchung; eine lederne
    Brieftasche, eine Börse, worin sich offenbar ein Teil der Summe befand, die der Bandit erhalten hatte, ein Becher und Würfel bildeten die ganze Hinterlassenschaft des Toten. Er ließ den Becher und die Würfel, wo sie hingefallen waren, schleuderte die Börse dem Verwundeten zu und öffnete gierig die Brieftasche. Mitten unter unwichtigen Papieren fand sich folgender Brief:
    »Da Ihr die Spur dieser Frau verloren habt und sie nun im Kloster in Sicherheit ist, wohin Ihr sie nie durftet gelangen lassen, so hütet Euch, den Mann zu verfehlen. Ihr wißt, daß ich eine lange Hand habe, und Ihr würdet die hundert Louisdor, die Ihr von mir erhalten habt, teuer bezahlen müssen.« Keine Unterschrift.
    Zweifellos kam der Brief von Mylady. Er behielt ihn also, und fing an, den Verwundeten aus zufragen. Dieser gestand, daß er es mit seinem soeben getöteten Kameraden übernommen hatte, eine junge Frau, die von Paris durch das Tor de la Villette abreisen sollte, zu entführen, daß sie sich aber in einer Schenke, um zu trinken, zehn Minuten zu lange aufgehalten hätten, und der Wagen ihnen so entkommen sei.
    »Aber was hättet Ihr mit dieser Frau gemacht?« fragte d’Artagnan angstvoll.
    »Wir sollten sie in ein Hôtel an der Place Royale bringen.«

    95
    »Ja, ja«, murmelte d’Artagnan, »zu Mylady selbst.«
    Nun sah der junge Mann schaudernd, welch furchtbarer Rachedurst diese Frau antrieb, ihn und die ihm lieb waren, zugrunde zu richten. Dagegen sagte er sich mit einem Gefühl aufrichtiger Freude, daß die Königin endlich den Kerker erkundet, in dem die arme Constance ihre Ergebenheit büßen mußte, und daß sie sie daraus befreit hatte. Dieser Gedanke stimmte ihn vollends zur Milde. Er wandte sich zu dem Verwundeten um, der ängstlich den wechselnden Ausdruck in seinem Gesicht verfolgte, und reichte ihm den Arm.
    »Auf!« sagte er, »ich will dich nicht so verlassen. Stütze dich auf mich, und komm ins Lager zurück.«
    »Ja«, sagte der Verwundete, der kaum an so viel Großmut glauben konnte, »aber geschieht das nicht, um mich hängen zu lassen?«
    »Du hast mein Wort, und zum zweitenmal schenke ich dir das Leben.«
    Der Gardist, der bei dem ersten Feuer der Rocheller zurückgeeilt war, hatte den Tod seiner vier Gefährten gemeldet.
    Das Erstaunen und die Freude im Regiment war also groß, als man den jungen Mann wohlbehalten ankommen sah. Die ganze Armee sprach einen Tag lang von diesem Erkundungsgang, und Monsieur ließ ihm seine Zufriedenheit aussprechen.
    Wie übrigens jede schöne Handlung ihre Belohnung in sich trägt, so war die Folge der schönen Handlung d’Artagnans, daß sie ihm die verlorene Ruhe wiedergab. Der junge Mann glaubte in der Tat ruhig sein zu können, da von seinen beiden Feinden der eine tot, der andere seinen Interessen ergeben war.
    Daraus sieht man, daß d’Artagnan Mylady noch immer nicht kannte.
    Nach den Nachrichten über den fast verzweifelten Zustand des

Weitere Kostenlose Bücher