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Die drei Musketiere 2

Die drei Musketiere 2

Titel: Die drei Musketiere 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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stürzte darauf los und ergriff es. Aber es trat sogleich eine grausame Enttäuschung ein, die Klinge war rund und von biegsamem Silber. Ein schallendes Gelächter wurde an der Tür hörbar, und diese öffnete sich wieder.
    »Ah! Ah!« rief Lord Winter, »ah, ah! Siehst du wohl, mein braver Feiton, was ich dir gesagt habe? Dieses Messer war für dich bestimmt, mein Sohn, sie hätte dich umgebracht. Siehst du, das ist eine ihrer Sonderbarkeiten, daß sie sich der Leute, die ihr unangenehm sind, so oder so entledigt. Wenn ich auf dich gehört hätte, so wäre das Messer spitz und von Stahl gewesen, und dann gäbe es keinen Feiton mehr, sie hätte dich erstochen und nach dir alle anderen. Siehst du, John, wie sie das Messer gut zu halten weiß?«
    Mylady hielt die unschädliche Waffe in der Tat noch in ihrer Hand. Die letzte Beleidigung löste ihre Hände, ihre Kräfte und sogar ihren Willen auf, und das Messer fiel zu Boden.
    »Ihr habt recht, Mylord«, sagte Feiton mit einem Ausdruck 180
    tiefsten Ekels, der in dem Herzen Myladys widerhallte, »Ihr habt recht und ich hatte unrecht.«
    Hierauf entfernten sich beide. Aber diesmal horchte Mylady aufmerksamer als das erstemal, und sie hörte, wie die Schritte nach und nach im Hintergrund des Flurs erstarben.
    »Ich bin verloren«, murmelte sie, »ich befinde mich in der Gewalt von Leuten, auf die ich nicht mehr Einfluß ausüben werde als auf Bildsäulen von Erz und Granit. Sie kennen mich auswendig und sind gegen alle meine Waffen immun. Doch wie immer es sei, die Sache kann unmöglich das Ende nehmen, das sie im Sinne haben.«
    Furcht und Schwäche hatten, wie man sieht, in dieser Seele nicht viel Raum. Mylady setzte sich zu Tisch, aß von mehreren Gerichten, trank ein wenig spanischen Wein und fühlte ihre ganze Entschlossenheit wiedererwachen.
    Ehe sie sich schlafen legte, hatte sie die Worte, die Schritte, die Gebärden, die Zeichen und sogar das Schweigen ihrer Kerkermeister nach jeder Richtung hin erwogen und zerlegt und war zu dem Schluß gekommen, daß Feiton jedenfalls leichter verwundbar sei als Lord Winter. Besonders ein Wort tönte ihr immer wieder in den Ohren.
    »Wenn ich auf dich gehört hätte«, hatte Lord Winter zu Fei ton gesagt.
    Feiton hatte also zu ihren Gunsten gesprochen, da Lord Winter auf ihn nicht hören wollte.
    »Dieser Mensch«, sagte sie sich, »hat also einen Schimmer von Mitleid in seinem Herzen. Diesen Schimmer werde ich zu einem Brand anfachen, der ihn verzehren soll.«
    Am anderen Morgen, als man in ihr Zimmer kam, lag sie noch im Bett. Feiton blieb im Gang zurück. Er brachte die Frau, von der man tags zuvor gesprochen hatte und die soeben
    eingetroffen war. Diese Frau näherte sich dem Bett von Mylady und bot ihr ihre Dienste an.

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    Mylady war gewöhnlich bleich, ihre Gesichtsfarbe konnte also eine Person, die sie zum erstenmal sah, wohl irreführen.
    »Ich habe Fieber«, sagte sie, »ich habe während dieser ganzen langen Nacht nicht einen Augenblick geschlafen und leide unsäglich. Werdet Ihr menschlicher sein, als man es gestern gegen mich gewesen ist? Alles, was ich übrigens verlange, ist die Erlaubnis, im Bett bleiben zu dürfen.«
    »Wünscht Ihr, daß man einen Arzt ruft?« fragte die Frau.
    Feiton hörte dieses Zwiegespräch, ohne ein Wort zu sprechen.
    Mylady überlegte, daß sie, je mehr Leute um sie wären, desto mehr zum Mitleid zu bewegen hätte, und daß die Wachsamkeit Lord Winters dadurch nur verdoppelt würde, zudem konnte der Arzt erklären, daß die Krankheit nur geheuchelt war, und Mylady wollte, nachdem ihr erster Versuch fehlgeschlagen war, nicht auch den zweiten scheitern sehen.
    »Einen Arzt holen?« sagte sie, »wozu? Die Herren haben gestern erklärt, daß mein Leiden nur eine Komödie sei. Das würde heute ohne Zweifel wieder geschehen, und seit gestern abend hat man wohl Zeit gehabt, den Doktor zu
    benachrichtigen.«
    »Dann sagt selbst, Madame«, warf nun Feiton ein, der ungeduldig geworden war, »welche Kur Ihr gebrauchen wollt.«
    – »Ach, weiß ich es denn, guter Gott! Ich fühle nur, daß ich leide, das ist alles. Mag man mir geben, was man will, mir ist es gleichgültig.« – »Holt Lord Winter!« sagte Feiton, der dieser ewigen Klagen müde wurde. – »O, nein, nein!« rief Mylady,
    »ruft ihn nicht, ich beschwöre Euch, ich bin ganz wohl, ich brauche nichts, ruft ihn nicht!«
    Sie sprach diese Worte so wunderbar bewegt, mit so
    hinreißender Beredsamkeit, daß Feiton, lebhaft davon

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