Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
Geheimnis?« – »Seit fünfzehn Jahren.« – »Und haben es bewahrt?« – »Es hätte mich das Leben gekostet.« – »Und Sie vertrauen es nun dem Orden an, ohne auf Belohnung zu rechnen, ohne ehrgeizige Absichten?« – »Nein, mit ehrgeizigen Absichten und mit der Hoffnung auf Belohnung,« erwiderte Aramis. »Sie kennen mich jetzt, hochwürdiger Vater. Werden Sie mich zu dem machen, was ich sein, was ich werden muß?« – »Ja, ich mache dich zu meinem Nachfolger!« rief der Franziskaner, und mit diesen Worten zog er den Ring ab und schob ihn dem Bischof auf den Finger. »Krank an Körper, aber gesund an Geist, gebe ich freiwillig und aus eigenem Antrieb und aufrichtigster Ueberzeugung diesen Ring, das Zeichen der Allgewalt, Ihnen, Herr d'Herblay, Bischof von Vannes, und ernenne Sie zu meinem Nachfolger, zum General des Ordens Jesu.«
Aramis erblaßte; sein höchster Ehrgeiz war befriedigt. – »Mit diesem Zeichen,« fuhr der Franziskaner fort, »stürzen Sie um und bauen Sie auf. In hoc signo vinces! Hören Sie, noch vieles ist zu sagen, und meine Kraft erlischt. Der Papst hat gegen den Orden konspiriert, er muß sterben.« – »Er wird sterben,« antwortete Aramis. – »Sechs Malteserritter – ihreNamen finden Sie unter diesen Papieren – haben durch Indiskretion eines Jüngers des elften Grades die dritten Mysterien entdeckt. Es muß ermittelt werden, in welcher Weise diese Leute ihre Mitwisserschaft ausgebeutet haben. Der Unbesonnene erhält eine Rüge.« – »Es soll geschehen.« – »Drei unzuverlässige Jünger sind verurteilt zur Verbannung nach Tibet, wo sie sterben sollen. Hier sind ihre Namen.« – »Das Urteil wird vollzogen werden.« – »In Antwerpen lebt eine Nichte Ravaillacs, die gewisse, den Orden kompromittierende Papiere besitzt. Sie erhält seit Jahren ein Schweigegeld von fünfzigtausend Livres. Das ist eine lästige Ausgabe – der Orden ist nicht reich. Man soll die Papiere gegen eine einmalige Abfindungssumme sich herausgeben lassen, oder das Schweigegeld einfach nicht mehr zahlen.« – »Ich werde das Nötige anordnen.« – »Von Lima wird ein Schiff erwartet. Es ist angeblich mit Schokolade, in Wahrheit aber mit Gold befrachtet. Jeder Goldbarren ist unter einer Schicht Schokolade verborgen. Das Schiff ist Eigentum des Ordens und 17 Millionen wert. Hier sind die Ladungsbriefe. Lassen Sie es in den Hafen von Bayonne einlaufen.«
Der Franziskaner hielt inne. Er konnte nicht mehr sprechen. Das Blut drang ihm aus Mund und Nase. Er sank zurück und war tot. Der Arzt eilte herbei. – »Herr Grisart,« sagte Aramis, auf ein Glas deutend, »Ihre Medizin hat gewirkt. Reinigen Sie das Glas. Von dem, was Sie auf Befehl des Großen Rats hineingetan haben, darf keine Spur zurückbleiben.« Dann steckte er die Papiere des Toten zu sich und entfernte sich rasch.
Er begab sich in den Palast Fouquets. DerMinister arbeitete am Schreibtisch. Er legte die Feder nieder und wandte dem Bischof ein trauriges Antlitz zu.
»Schon wieder schwermütig, Herr Oberintendant?« rief Aramis. – »Es geht doch alles, wie wir es wünschen.« – »Das könnte ich nicht behaupten,« antwortete der Minister, »aber Ihr nimmer rastender Geist, Herr d'Herblay, findet immer neue Mittel und Wege, den Zusammenbruch aufzuhalten. Nur fürchte ich, er ist nicht mehr lange aufzuhalten.« – »Immer neue Mittel und Wege, sehr richtig,« sagte der Bischof zuversichtlich, »und ich habe auch jetzt wieder ein neues. Haben Sie schon einmal an die kleine Lavallière gedacht?« – Fouquet sah mit skeptischem Lächeln auf. – »Im Ernst, Herr Oberintendant,« fuhr Aramis fort, »das kleine Fräulein ist sehr gern gesehen beim König, wie man sagt. Sie müssen sich um ihre Gunst bewerben. Sie wissen doch ganz genau, wieviel es wert ist, bei Frauen gut angeschrieben zu sein.«
»Und Sie meinen – –?« fragte Fouquet. – »Ich meine, rundheraus gesagt, Sie müssen der Kleinen eine richtige Liebeserklärung machen. Schreiben Sie ihr! Nach meiner Meinung ist das Interesse des Königs für die Lavallière nur ein Deckmantel, hinter dem er seine Liebe zu Madame verbergen will. Aber eben darum muß die Lavallière in das Geheimnis dieser beiden Liebenden eingeweiht sein, und ich brauche Ihnen nicht zu sagen, was ein gescheiter Mann mit einem solchen kompromittierenden Geheimnis anfangen kann. Die Lavallière ist arm, sie hat noch keine große Stellung bei Hofe – nun, Sie werden ihr Geld und Stellung verschaffen und
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