Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
dieser Klausel des Ehekontrakts abhängt. Ein Mann, der in die Zukunft zusehen vermag, könnte eine ungeheure Katastrophe verhüten und die kommenden Ereignisse zum größten Vorteil des Ordens ausnützen. Mir ist genau bekannt, daß der König von Frankreich beim ersten einigermaßen brauchbaren Anlaß, zum Beispiel beim Tode des Königs von Spanien oder des Bruders der Infantin mit den Waffen in der Hand das Erbteil der Maria-Theresia einfordern wird. Ludwigs XIV. Feldzugsplan befindet sich in meinen Händen.« – »Von wessen Hand geschrieben?« fragte der General. – »Von der meinen,« antwortete Herrebia.
»Haben Sie nichts mehr zu sagen?« fragte der General weiter. – »Ich glaube doch sehr viel gesagt zu haben,« erwiderte der Kardinal. – »Gewiß, Sie haben dem Orden einen Dienst erwiesen,« antwortete der Franziskaner.»Wie sind Sie in den Besitz der genauen Kunde gelangt?« – »Die untere Dienerschaft des Königs von Frankreich steht in meinem Solde,« versetzte der Kastilianer. – »Sehr sinnreich,« sagte der General, »Sie werden Antwort erhalten. Reisen Sie binnen einer Viertelstunde von Fontainebleau ab.«
Als der Kardinal gegangen war, machte der Franziskaner ein Kreuz vor seinen Namen und befahl dem Wirt, den venetianischen Kaufmann zu schicken. Sein Geheimnis war: der Papst fürchte, daß der Orden, der sich immer weiter ausdehnte, zu mächtig werden könne, und sänne infolgedessen darauf, alle Höfe Europas zur Austreibung des Jesuiten-Ordens aus ihren Reichen zu bestimmen. Der Venetianer nannte auch diejenigen Politiker, die dem Papst dabei am eifrigsten Hilfe leisteten, und er bezeichnete sogar sie Insel, die als Verbannungsort der Obersten des Ordens ins Auge gefaßt worden sei. Seine Mitteilung war kein geringer Dienst, doch schien der General auch ihr keine allzu weittragende Bedeutung beizumessen.
»Diese Leute,« sprach er bei sich selbst, als der Venetianer gegangen war, »sind allesamt Spione oder Sbirren, aber keiner eignet sich zum General, sie haben ein Komplott, aber kein Geheimnis entdeckt. Es ist uns nicht um Krieg und Vernichtung zu tun, sondern durch geheimnisvolles Wissen, durch geistige Ueberlegenheit wollen wir unsere Macht behaupten. Nein, noch ist der Mann nicht gefunden, der nach mir herrschen soll. Und mein Ende ist nahe – die zwei Stunden sind bald vorüber – die Uhr bald abgelaufen.«
Während er diesen Gedanken nachhing, öffnete sich die Tür, und Aramis trat ein, näherte sich dem Bett undbekreuzte sich. »Hochwürdiger Herr General,« begann er und zeigte sich damit als den ersten, der, ohne den Ring gesehen zu haben, die wahre Würde des armen Mönchs erkannte, »verzeihen Sie, daß ich unaufgefordert vor Sie trete. Ihr Zustand läßt mich befürchten, daß der Tod Sie ereilen möchte, ehe die Reihe an mich kommt, denn ich bin der letzte auf Ihrer Liste.« – »Sie sind der Chevalier d'Herblay, auch Aramis genannt, Bischof von Vannes?« – »Ja, hochwürdiger Vater.« – »Sie treten als Mitbewerber auf?« fuhr der General fort, »nun, was haben Sie mir zu sagen?«
»Ein Geheimnis von so großer Wichtigkeit teilt man nicht mündlich mit,« antwortete Aramis. »Wir sind allein, aber die Luft kann eine einzige kleine Schallwelle an ein aufmerksames Ohr tragen, und ein einmal mitgeteilter Gedanke ist nicht mehr Eigentum dessen, der ihn gefaßt hat. Ich habe mein Geheimnis niedergeschrieben.«
»Aber mich dünkt,« versetzte der Franziskaner, »die Schrift ist noch gefährlicher als die Sprache.« – »Hochwürdiger Herr, in diesem Umschlag,« antwortete der Bischof von Vannes, »werden Sie eine Schrift finden, die nur uns beiden verständlich ist. Es sind jene Zeichen, die Ihr verstorbener Sekretär Juan Jujan benützte.« – »Und die sind Ihnen bekannt?« fragte der General betroffen. – »Ihr Sekretär hatte sie von mir,« erwiderte Aramis und verneigte sich.
» Ecce homo,« murmelte der Franziskaner und öffnete das Kuvert, das d'Herblay ihm reichte. Er las mit fliegender Hast, dann ergriff er die Hand des Prälaten. – »Durch wen ist Ihnen dies Geheimnis zuteilgeworden?« fragte er. – »Durch Frau von Chevreuse, die Freundin der Königin-Mutter.« – »Und diese Frau von Chevreuse?« – »Ist tot.« – »Wußte sonst noch jemand darum?« – »Nur ein Mann und eine Frau aus dem Volke, die ihn aufgezogen hatten. Aber sie sind auch tot.« – »Und nun sind Sie der einzige, der darum weiß? Seit wie langer Zeit besitzen Sie das
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