Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
ergriff die welke Hand des Greises. – »Ein böses Fieber,« murmelte er. – »Herr Doktor,« versetzte der Franziskaner schroff, »keine Ausflüchte! Sie stehen vor einem Meister, vor einem Jesuit im elften Grade. Ich will wissen, wie es mit mir steht.« – »Nun denn, Ihr Zustand ist hoffnungslos,«war die Antwort des Arztes. »Sie haben noch zwei Stunden zu leben.«
»Zwei Stunden?« rief der Kranke. »In zwei Stunden läßt sich viel tun. Ich werde sie zum Ruhme des Ordens ausnützen und einen Würdigen zu meinem Nachfolger bestimmen. Gehen Sie, Herr Doktor, ich danke Ihnen. Schicken Sie mir den Wirt herein!« – Der Wirt kam. – »In Ihrem Hause weilen acht Personen, mit denen ich sprechen muß. Lassen Sie zuerst den deutschen Baron, Herrn von Wostpur, zu mir kommen. Sagen Sie ihm, der Erwartete sei angekommen.« – Gleich darauf hörte man schnelle Schritte auf dem Korridor. Der Baron trat ein, hocherhobenen Hauptes, als wenn er mit seinem Federbusch die Decke hätte einstoßen wollen. Er sah sich in dem kleinen, schmucklosen Zimmer um und fragte erstaunt: »Wer hat mich rufen lassen?«
»Ich,« antwortete der Franziskaner. – Der Baron näherte sich dem Platze des Greises und wollte sprechen. Der Mönch winkte mit der Hand. »Sie sind hierhergekommen,« sprach er, »einer Unterredung wegen. Sie hoffen, zum General des Jesuitenordens gewählt zu werden?« – »Ich hoffe es.« – »Und Sie wissen, was von dem Manne gefordert wird, der auf diese hohe Würde Anspruch macht, der durch diese Würde zum Herrn über die Könige der Erde, zum Bruder des Papstes werden will?« – »Wer sind Sie?« fragte der Baron mit einem hochmütigen Blick auf den armen Franziskaner. »Wie kommen Sie dazu, ein Verhör mit mir anzustellen?«
Statt aller Antwort drehte der unscheinbare Mönch einen Ring, den er am Finger trug, herum, so daß ein bis dahin verborgener Stein sichtbar wurde. Er zeigte ihn dem Deutschen, der erbleichte und zurücktrat. Erhatte das Merkzeichen des Jesuitengenerals erkannt, des Obersten dieses über die ganze Erde verbreiteten, damals allgewaltigen Ordens.
»Sie sind es, hochwürdiger Herr!« rief der Baron. »Und Sie wohnen in diesem erbärmlichen Zimmer? Und Sie sind hier, um selbst Ihren Nachfolger zu bestimmen?«
»Keine unnützen Worte, die Zeit ist kostbar,« antwortete der General. »Erfüllen Sie rasch die Hauptbedingung: offenbaren Sie dem Orden ein Geheimnis von solcher Tragweite, daß der Orden auf grund desselben sich einen der großen Höfe Europas für alle Zeit dienstbar machen kann. Sie haben in Ihrem schriftlichen Gesuch versichert, ein solches Geheimnis zu besitzen. Reden Sie!« – »Ich verfüge über eine Truppe von 50 000 Mann, die an der Donau lagert; meine Offiziere sind gewonnen. In acht Tagen kann ich den Kaiser von Oesterreich stürzen, der, wie Ihnen bekannt ist, gegen den Orden arbeitet, und kann einen dem Orden ergebenen Prinzen an seine Stelle setzen.« – »Ist das alles?« versetzte der Franziskaner. – »Mein Plan birgt eine Umwälzung ganz Europas in sich,« erwiderte der Deutsche. – »Herr Baron, Sie werden Antwort erhalten. Einstweilen haben Sie binnen einer Viertelstunde von Fontainebleau abzureisen.« – Wostpur verneigte sich und ging.
»Das ist ein Komplott, aber kein Geheimnis,« murmelte der Mönch. »Und Europas Zukunft hängt nicht mehr vom Hause Oesterreichs ab.« Mit diesen Worten nahm er einen Notstift und strich den Namen des Barons von der Liste der Kandidaten. Abermals wurde der Wirt gerufen. – »Ich möchte den Kardinal Herrebia sprechen,« sagte der Kranke, und der Wirt ging und holteden Spanier, der bleich und unruhig hereintrat. – »Ich werde hierher gebeten,« sprach er und raffte seinen Purpur zusammen, um mit der unscheinbaren Kutte des Franziskaners nicht in Berührung zu kommen. »Was kann ich für Euch tun, armer Bruder?«
Der Ring des Generals verfehlte auch bei ihm seine Wirkung nicht. – »Und nun erfüllen Sie die Bedingung,« sagte der Franziskaner. »Schnell, wir haben nicht viel Zeit, denn ich bin todkrank. Ihr Geheimnis! – Sie können spanisch sprechen.« – »Sie wissen, hochwürdiger Herr,« begann der Kardinal in reinstem Kastilianisch, »als der König von Frankreich die Infantin von Spanien heiratete, mußten Maria-Theresia und ihr Gemahl auf jede Apanage von seiten Spaniens ausdrücklich verzichten. Daraus folgt, daß der Friede und das freundschaftliche Zusammengehen beider Reiche von der Beobachtung
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