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Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später

Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später

Titel: Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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sich genau so wie der König und ging tatsächlich mit dem Gedanken um, Ludwig XIV. vom Throne zu verdrängen.« – »Der Unglückselige!« rief der Gouverneur. – »Und deshalb bringe ich ihn wieder,« fuhr Aramis fort. »Er darf mit niemand zusammenkommen und muß ganz abgesondert gehalten werden. Sein Wahnwitz ist dem König zu Ohren gekommen, und es steht jetzt – merken Sie sich das wohl, lieber Baisemeaux – die Todesstrafe darauf, jemand anders als mich und den König selbst zu ihm zu lassen. Bringen Sie ihn alsbald in seine Zelle zurück.«
    Baisemeaux ließ die Trommel rühren und die Wache ins Gewehr treten. Dann übernahm er den Gefangnen, dem Porthos noch immer das Gewehr vor die Brust hielt. – »Ja, er ist es, der Unglückliche!« murmelte Baisemeaux, als er ihn erblickte.
    So wurde Ludwig XIV. nach dem nördlichen Turm gebracht, in jene Zelle, die sein bedauernswerter Zwillingsbruder bis dahin innegehabt hatte. Er trat in den Kerker, ohne ein Wort zu sprechen. Er stand da, totenbleich, wie betäubt, und sah regungslos zu, wie die schwere Tür zugeschlossen wurde. Aramis schärfte dem Gouverneur noch einmal die Verhaltungsmaßregeln ein, dann wendete er sich an Porthos: »Auf, Freund, zurück nach Vaux!«
    »Man fühlt sich leicht wie eine Feder,« antwortete Porthos, »wenn man seinem König wacker gedient und durch diesen Dienst obendrein noch das Vaterland gerettethat.« – Die Kutsche rollte über die Zugbrücke, die hinter ihnen wieder in die Höhe stieg.
    Der junge König sah sich um. Ja, es war kein Zweifel, er befand sich in der Bastille – in jenem Gefängnis, das während seiner Regierung zu einer unheimlichen Bedeutung gelangte, zu einem Massengrabe für die Menschen wurde, in welchem sie lautlos und spurlos verschwanden. Doch was bedeutete das? Er war entthront, gefangengesetzt – er, der gestern noch allmächtige König von Frankreich! War es denn möglich? Oder war das alles vielleicht doch ein Traum, ein Alpdruck nach einer allzureichen Mahlzeit?
    Als er sich diese Frage vorlegte, schlug ein Geräusch an sein Ohr, und er wandte den Kopf. Da sah er am Kamin eine große Ratte, die den Rest einer Brotrinde benagte und den neuen Gast mit ihren kleinen Augen neugierig anguckte. Der Ekel stieg dem König zum Halse empor, er stieß einen Schrei aus und wich zur Tür zurück. Er wußte nun, es war kein Traum, es war furchtbare, krasse Wirklichkeit. Das widerliche Tier, der Genosse der Eingekerkerten, der Schmarotzer der Gefängnisse, war der lebende Beweis dafür.
    »Gefangen!« rief er aus. »Ich bin gefangen!« – Er sah sich um, ob nicht irgendwo eine Klingel wäre. – »Es gibt keine Klingeln in der Bastille, ich weiß es wohl,« sprach er vor sich hin. »Aber wie ist das gekommen? Durch ein Komplott des Herrn Fouquet, und sein Agent war jener d'Herblay, den er mir vorstellte. Ich habe diesen Menschen unter seiner Maske erkannt. Colbert hat recht gehabt! Doch was will Fouquet? Will er an meiner Stelle König werden? Das ist unmöglich! Dochwer weiß? Vielleicht handelt mein Bruder, der Herzog von Orléans, ebenso gegen mich, wie der alte Herzog von Orléans sein Leben lang gegen meinen Vater gehandelt hat? Aber meine Mutter? Aber die Lavallière? O, man wird sie der Herzogin auf Gnade und Ungnade ausliefern! Das arme Kind, man wird sie ins Gefängnis sperren wie mich. Wir sind auf immer getrennt!«
    Bei dem Gedanken an die Geliebte weinte er. Dann fuhr er grimmig empor. »Es ist ein Gouverneur hier,« dachte er. »Ich will mit ihm sprechen.« – Er rief, doch niemand antwortete ihm. Er packte einen Stuhl und schlug damit gegen die Tür. Ein dumpfer Widerhall durchklang die Gewölbe und Korridore. Aber keine menschliche Stimme war zu hören. Das war für den König ein neuer Beweis, wie gering man ihn in der Bastille achtete. Er begann zu schreien, so laut er konnte. Und er, der an augenblicklichen Gehorsam auf den leisesten Wink gewöhnt war, fürchtete wahnsinnig zu werden angesichts dieser Ohnmacht. Er zertrümmerte den Stuhl und hämmerte mit den Beinen so lange und so heftig gegen die Tür, daß ihm der Schweiß von der Stirn rann. Das Getöse war furchtbar und andauernd. Ringsum wurden undeutliche Stimmen laut.
    Ludwig XIV. lauschte. Ein Schauer ergriff ihn. Das waren die Stimmen der Gefangenen, die einst seine Opfer, jetzt seine Gefährten waren. Diese Stimmen klangen wie Seufzer durch die dicken Zellendecken und die undurchdringlichen Mauern. Sie schimpften nun über den

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