Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
es nicht. Seine Arme beugten sich, sein Kopf senkte sich tiefer und tiefer. Das stämmige Dach seiner Schultern gab nach. – »Porthos! Porthos!« rief Aramis. »So komm doch!« – »Noch warten!« keuchte der Herkules, »noch warten!« – Als d'Herblay die röchelnde Stimme vernahm, sprang er aus dem Kahnund eilte, aller Gefahr ungeachtet, seinem Freunde zu Hilfe. Die Fischer folgten ihm, und alle vier fielen nun über die Steinblöcke her, gegen die Porthos vergebens ankämpfte. Aber sie waren machtlos, sie konnten nicht einmal versuchen, ihn hervorzuziehen, denn beim ersten Ruck wäre der Steinkoloß vollends herniedergestürzt.
»Zu schwer!« stöhnte Porthos. Dann sah er mit traurigem Lächeln Aramis an und murmelte: »Die Beine! die Beine!« – Sein Kopf sank auf die Brust – Schaum trat ihm vor den Mund – man hörte ein knackendes Geräusch – dann sank der Steinblock über ihn und begrub ihn zur Hälfte unter sich. Ihm nach prasselten eine Masse von kleineren Steinen, die die ganze Gestalt des Toten bedeckten.
Aramis, an allen Gliedern bebend, beugte sich hernieder und horchte. Nichts – kein Röcheln mehr – der Riese schlief den Todesschlaf in dem Grab, das Gott ihm nach seiner Größe gemacht hatte.
Der Bischof kehrte mit seinen Freunden zum Boote zurück, langsamer, als er hergekommen. Sie griffen in die Ruder, und in schneller Fahrt flog die Barke über den glatten Meeresspiegel hin. Aramis sah noch immer nach der Stelle, wo die Grotte von Locmaria in ihrem Zusammenbruch die letzte Ruhestätte seines treuen Porthos gebildet hatte. Und so oft er auch versuchte, seine Gedanken auf den Ernst seiner Lage zu konzentrieren, sie kehrten immer wieder zu Porthos zurück, zu dem Stärksten und Einfältigsten der berühmten vier, welcher nun als erster hatte sterben müssen, zermalmt von einem blöden Stein.
Und ihm, dachte er bei sich, ihm, der an allem schuldwar, der diesen gutmütigen Freund hintergangen hatte, ihm war die Flucht geglückt – doch nein! sie glückte auch ihm nicht! Denn als er nun den Kopf hob, sah er, daß ein Schiff das Boot verfolgte!
»Monseigneur, man setzt uns nach,« sagte Yves, der Fischer. – Aramis sah nach dem weißen Punkte, den das Segel des feindlichen Kreuzers am Horizont bildete, und nickte düster vor sich hin. Er antwortete nichts und vergrub wieder das Gesicht zwischen den Händen.
»Monseigneur, wir sind verloren!« sprach nach einer Weile der Fischer wieder. »Barmherziger Himmel, sie schießen auf uns!«
Eine Dampfwolke zeigte sich unter den Segeln, breitete sich aus, wie eine Blume, die sich entfaltet, und verflog; dann sah man etwa hundert Meter vor dem Hinterteil des Bootes eine Kugel ins Meer sausen, eine Furche im Wasser aufwühlen und verschwinden, gleich einem Steine, den ein Knabe über einen Teich schwippt. –
»Monseigneur, sie bohren uns in Grund!« rief der Fischer und warf sich mit den andern vor Aramis auf die Knie. »Geben Sie uns Absolution, Herr Bischof!«
»Ihr vergeßt, sie können euch sehen,« sagte d'Herblay. – »Es ist wahr,« antworteten die Seemänner, sich ihrer Schwachheit schämend. »Befehlen Sie, Monseigneur, wir sind bereit, für Sie zu sterben!« – »Wir warten auf sie,« sagte Aramis ruhig. »Es bleibt uns nichts weiter übrig.« – Sie ließen die Ruder ruhen und zogen das Segel ein. Das feindliche Schiff kam mit Windeseile heran. Die ganze Mannschaft stand auf Deck, die Waffen in der Hand, die Kanoniere sah man an den Stücken, die brennenden Lunten bereithaltend. Man hätte meinen mögen, sie seien auf dem Punkte, eine Fregattezu entern, nicht aber ein Boot anzuhalten, in welchem sich nur vier Menschen befanden.
»Ergebt euch!« rief der Kapitän. – Aramis nickte nur mit dem Kopfe, und Yves, der Fischer, winkte mit seinem Taschentuche. – »Dreien von euch schenke ich das Leben!« rief der Kapitän. »Einem aber nicht, und das ist Chevalier d'Herblay.« – »Hören Sie, Monseigneur?« rief Yves. – »Ja,« antwortete der Bischof. – »Was sollen wir tun?« – »Annehmen!« Und Aramis spielte mit seinen weißen Fingern in dem grünlich schwarzen Wasser, als wenn er überlegte, ob er sich ergeben oder ertränken solle. – »Wir nehmen es an!« rief Yves. »Wer aber bürgt uns dafür, das Ihr Wort haltet?« – »Mein Name und mein Stand,« rief der Kommandant zurück. »Ich bin Leutnant der königlichen Fregatte Pomona und heiße Constant von Pressigny!«
Der Bischof hatte sich schon mit halbem Leibe
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