Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
einander. Er wußte von mir allerlei Kleinigkeiten und ich ebenso von ihm; also schätzten wir uns gegenseitig. Kurz und gut, Rudolf, d'Artagnan reißt aus. Sag' deinem Vater, ich sei nach England.«
»Sie können nicht mehr fliehen, Chevalier,« sagte Rudolf mit einem Blick auf die Straße, »dort unten steht ein Offizier der Schweizergarde, der auf Sie wartet.« – »Ei, da geh ich einfach nicht auf die Straße, sondern schlüpfe zur Hintertür hinaus, und wenn ich vier Pferde totreite – ein Luxus, den ich mir jetzt leisten kann, so bin ich in elf Stunden in Boulogne.« – »Aber, lieber Chevalier, der König wird sagen, Sie fürchteten sich vor ihm.« – »Da wird er zum erstenmale in seinem Leben recht haben,« antwortete d'Artagnan ruhig. »Ich fürchte mich auch wirklich. Potzblitz, soll ich mich denn in die Bastille stecken lasten?« – »Der Graf de la Fère würde nicht fliehen,« sagte Rudolf mit Stolz.
D'Artagnan kaute an seinem Schnurrbart. – »Aber wenn ich nun in die Bastille gesteckt werde?« rief erpolternd. – »Dann holen wir Sie heraus,« sagte Rudolf ruhig. – »Potzblitz, Junge!« lachte d'Artagnan und drückte ihm die Hand. »Das nenne ich ein Manneswort. Gut! Mein Geld ist dir und deinem Vater vermacht. Meinetwegen laßt dafür Messen für mich lesen.« Damit schnallte er den Degen um, nahm den Federhut vom Nagel, umarmte Rudolf noch einmal und schritt auf die Straße hinaus. – »Hier bin ich, Herr,« sagte er zu dem Schweizer-Offizier. »Lassen Sie mich den Degen wenigstens bis zum Louvre tragen. Ich komme mir so dumm vor ohne Schwert, und Sie würden sich wohl noch dümmer vorkommen, wenn Sie zwei trügen.« – »Was denn?« antwortete der Offizier. »Davon hat der König nichts gesagt. Behalten Sie nur Ihre Plempe.«
Zur Verwunderung des Chevaliers wurde er in der Tat mit Degen in den Louvre geführt und auch alsbald beim Könige angemeldet und vorgelassen. Ludwig XIV. saß und schrieb. Er blickte nicht auf, als d'Artagnan eintrat. »Du willst mich demütigen,« dachte der Chevalier. »Na, warte, du sollst es gewahr werden, was ein Mann vermag, der dem Kardinal, und zwar dem wahren Kardinal, dem Richelieu, das Hugenottenlied ins Gesicht gepfiffen hat.« – In diesem Augenblick wandte der König sich um. »Sind Sie da, Chevalier?« – »Zu Befehl, Majestät.« – »Warten Sie – ich habe nur noch ein paar Zahlen zu addieren.« – D'Artagnan verneigte sich. »Immer noch ziemlich höflich,« dachte er. – Ludwig tat ein paar Federzüge, warf dann das Schreibzeug weg und stand auf, einen zugleich gebieterischen und wohlwollenden Blick auf den früheren Leutnant heftend.
»Der Kardinal ist tot, Chevalier, das wissen Sie wohl schon,« begann er. »Ich bin also jetzt mein eignerHerr.« – »Das ist nicht erst seit dem Tode des Kardinals der Fall,« antwortete d'Artagnan ruhig. »Man ist immer sein eigner Herr, wenn man nur will.« – »Aber nach Ihrer Meinung war ich es nicht. Wenigstens sagten Sie mir das in Blois ziemlich deutlich,« sprach der König. – »Aha!« dachte d'Artagnan, »jetzt geht's los. Ich habe doch eben eine ganz feine Nase.« – »Erinnern Sie sich dessen nicht mehr?« fragte Ludwig. – »O, doch wohl,« versetzte der Leutnant außer Dienst. »Aber es ist schon so lange her.« – »Ich habe es genau behalten,« sprach der junge König. »Fast Wort für Wort, Herr Chevalier.« – D'Artagnan strich mit der Hand über die Hutfeder und dann über den Schnurrbart und schwieg. –»Ja, Sie sagten mir die Wahrheit,« fuhr der Monarch fort, »und dann nahmen Sie den Abschied. Sie verurteilten zugleich den König und den Menschen. Doch genug! reden wir nicht mehr davon. Es würde Ihnen Reue und mir Schmerz verursachen. Was haben Sie gemacht, seit Sie verabschiedet sind?« – »Seit ich nicht mehr in Ihren Diensten bin, Majestät,« erwiderte d'Artagnan, »habe ich endlich mein Glück gemacht.« – »Ein hartes Wort, Mann! Sie haben eine glänzende Tat verrichtet – drüben in England – ich weiß. Tut mir nur leid, daß Sie Ihr Versprechen nicht hielten. Nun ja! Sie gaben mir doch Ihr Wort, keinem andern König zu dienen.« – »Das da drüben tat ich auch nur auf eigne Faust, halten zu Gnaden, Sire.« – »Und es ist Ihnen geglückt?« – »Es hat mir 100 000 Taler eingebracht.« – »Ganz nett und damit ist nun Ihr Ehrgeiz ein für alle Mal befriedigt? Wollen Sie untätig leben? Ihr Schwert endgültig an den Nagel hängen?« – »Das ist
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