Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
wieviel Stellen am Hofe Monsieurs noch zu vergeben sind.« – »Warten Sie mal – ich glaube, die Stelle des Oberstallmeisters,« antwortete der junge Mann. – »O, so hoch versteigen sich meine Wünsche nicht,« warf Malicorne ein. – Von Wardes musterte ihn mit einem raschen, durchdringenden Blick. »Um diese Stelle bekleiden zu können,« sagte er, »muß man Herzog und Pair sein.« – »Ich trachte auch nur nach einem ganz bescheidenen Posten,« antwortete Malicorne. »Ich schätze mich nicht höher ein, als ich stehe.« – »Ohne Rang und Geburt,« fuhr Wardes fort, »kann man überhaupt nicht hoffen, eine Anstellung bei Monsieur zu erhalten.« – »Zum Teufel ja!« rief von Guiche, »die Etikette ist streng, daran hatte ich gar nicht gedacht.« – »O, das ist ja ein großes Malheur für mich,« sagte Malicorne. – »Dem aber hoffentlich abzuhelfen sein wird,« setzte Guiche hinzu. – »Sehr leicht, Herr,« rief Wardes, »man macht Sie einfach zum Edelmann. Kardinal Mazarin hat den ganzen Tag über nichts weiter gemacht.« – »Still, von Wardes,« unterbrach ihn der Graf. »Keinen unzeitigen Scherz! Allerdings istder Adel käuflich, aber das ist für uns, die wir ihm durch Geburt angehören, ein Unglück, und Edelleute sollten nicht darüber lachen.«
»Herr Graf von Bragelonne!« meldete ein Diener.
»Ah, willkommen, lieber Rudolf!« rief der Günstling Monsieurs. »Auch gestiefelt und gespornt. Also soll's auch nach Havre gehn?« – Bragelonne trat hinzu und grüßte die jungen Leute mit Anmut. Von Wardes erwiderte seinen Gruß mit auffallender Kälte. Von Guiche stellte vor, und die Herren wechselten eine steife Verbeugung. Bragelonne und von Wardes schienen einander vom ersten Augenblick an unsympathisch. – »Sei Schiedsrichter zwischen mir und von Wardes, Rudolf,« sagte von Guiche. »Er behauptet, es würde Mißbrauch mit Titeln getrieben, und ich erkläre, Titel sind ganz unnütz.« – »In diesem Falle hast du recht,« antwortete Bragelonne. – »Aber auch ich habe recht,« warf von Wardes ein. »Ich behaupte, man tut in Frankreich alles, um die Edelleute zu demütigen.« – »Wer täte das?« versetzte Rudolf. – »Der König selbst. Er umgibt sich mit Leuten, die nicht einmal auf vier Generationen zurück die Ahnenprobe aushalten. Soll ich ein Beispiel nennen? Weißt du, von Guiche, wer zum Generalkapitän der Musketiere ernannt worden ist? Wer diese Stelle erhalten hat, die mehr wert ist als die Pairswürde und Anspruch auf den Marschallstab verleiht? Diese Stelle, die der König einem Günstling seines Oheims verweigert hat, ist einem Gaskogner, einem gewissen Chevalier d'Artagnan verliehen worden, der dreißig Jahre lang sein Schwert in den Antichambres herumgeschleppt hat.«
Rudolf wurde blutrot. »Erlauben Sie, daß ich Sie unterbreche, Herr von Wardes,« sagte er, sich zur Ruhezwingend, »Sie scheinen den Mann, von dem Sie sprechen, nicht zu kennen.« – »Ich sollte den Chevalier d'Artagnan nicht kennen?« rief der junge Mann. »Mein Gott, wer kennt ihn nicht?« – »Nun, wer ihn kennt, mein Herr,« fuhr Rudolf fort, »der weiß, daß er an Mut und Edelsinn keinem König der Welt nachsteht, wenn er auch von Geburt kein so guter Edelmann ist wie der König. Doch das ist nicht sein Verschulden. Ich, mein Herr, kenne den Chevalier d'Artagnan seit meiner Geburt.« – Von Wardes wollte antworten, aber von Guiche unterbrach ihn, denn er merkte, daß das Gespräch auf dem Punkte stand, eine feindselige Wendung zu nehmen. – »Meine Herren,« sagte der Graf, »wir müssen uns jetzt trennen, denn ich muß zu Monsieur. Von Wardes, Sie kommen mit in den Louvre, Rudolf, du verwaltest inzwischen mein Haus und beaufsichtigst die Vorbereitungen zur Abreise. Ich vergaß,« setzte er hinzu, »mich nach dem Befinden des Grafen de la Fère zu erkundigen.« Bei diesen Worten beobachtete er scharf de Wardes Gesicht und sah in dessen Augen einen Blitz des Hasses aufflammen. – »Ich danke,« antwortete Rudolf, »der Graf befindet sich wohl.« – »Wir treffen uns also im Hofe des Palais-Royal,« sagte Guiche, Rudolf die Hand schüttelnd. »Folgen Sie mir, Malicorne!« – Bragelonne stutzte, als er diesen Namen hörte, doch konnte er sich nicht darauf besinnen, wo er ihn schon früher einmal vernommen habe.
Von Guiche begab sich mit seinen zwei Begleitern in das Palais-Royal, wo Monsieur wohnte. Malicorne blieb bescheiden zurück, er ahnte, daß die beiden Edelleute sich etwas zu sagen
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