Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
hatten. – »Sind Sie denn nicht bei Sinnen, von Wardes?« begann der Graf von Guiche,sobald sie ein paar Schritte gegangen waren, »Sie lassen in Rudolfs Gegenwart beleidigende Worte gegen d'Artagnan fallen. Warum hassen Sie ihn? Was hat er Ihnen getan?« – »Fragen Sie den Schatten meines Vaters,« versetzte Wardes düster. – »Ich muß mich wundern, Freund,« sprach Guiche, »d'Artagnan ist kein Mensch, der eine Rechnung unausgeglichen läßt. Ihr Vater war, soweit ich gehört habe, ein tapferer Mann, und es gibt keine Feindschaft, die nicht durch einen biedern Schwertstreich abgetan werden könnte.« – »Mein Vater hat seinen Haß auf mich übertragen. Als ich noch Kind war, lehrte er mich diesen d'Artagnan hassen. Es ist ein besonderes Vermächtnis, das er mir neben meinem Erbteil hinterlassen hat.« – »Und beschränkt sich dieser Haß auf d'Artagnan allein?« – »Er ist mit seinen Freunden zu innig verbunden, als daß das Uebermaß nicht auch auf sie sich erstrecken sollte. Das Maß des Hasses ist voll, und die andern werden sich über ihren Anteil nicht zu beklagen haben.« Er sprach diese Worte mit einem kalten Lächeln, und von Guiche, ihn betrachtend, erbebte unwillkürlich, von dunkeln Ahnungen berührt. – »Gegen Herrn von Bragelonne persönlich habe ich nichts,« setzte von Wardes hinzu. »Ich kenne ihn noch kaum.« – »Jedenfalls werden Sie nicht vergessen,« antwortete der Graf, »Rudolf ist mein bester Freund.« – Von Wardes verneigte sich.
Sie hatten das Palais-Royal erreicht. Von Guiche ließ seine beiden Begleiter an der großen Treppe zurück und ging geradeswegs zu Monsieur hinauf. Er fand den jungen Prinzen in Gesellschaft des Chevaliers von Lorraine, mit welchem Guiche ein wenig auf gespanntem Fuße stand. Philipp war damit beschäftigt, sich zu schminken,während Lorraine im Hintergrunde des Zimmers auf einer Chaiselongue lag. – »Ah, du bist's, Guiche,« rief der Prinz. »Komm her und sage mir die Wahrheit. Denke dir, der Chevalier hat mir wehgetan. Er behauptet, Lady Henriette sei als Frau hübscher wie ich als Mann. Sieh mich aufmerksam an, Guiche, und dann betrachte hier ihr Porträt. Beeile dich nicht, Guiche – laß dir Zeit.«
Der Graf schaute lange auf das allerliebste Miniaturgemälde, das Monsieur ihm reichte. Dann sagte er: »In der Tat, ein ganz reizendes Antlitz, Königliche Hoheit.« – »Und nun sieh mich an – so sieh mich doch an!« rief der junge Prinz, die Locken schüttelnd. – »Wundervoll, wundervoll!« wiederholte Guiche, noch immer im Anschauen des Bildes versunken. – »Man könnte glauben, du hättest das kleine Mädel noch nie gesehen,« sagte Philipp ungehalten. – »Ich habe sie gesehen, Hoheit, aber es sind nun fünf Jahre her, und zwischen einem zwölfjährigen Kinde und einer siebzehnjährigen Jungfrau ist ein großer Unterschied.« – »So sage doch wenigstens deine Meinung!« – »Hoheit können sich glücklich schätzen, eine so schöne Braut zu haben,« sagte Guiche. – »Ich will doch deine Meinung über mich hören,« erwiderte Philipp mit fast weiblichem Schmollen. – »Meine Meinung ist, Sie sind für einen Mann viel zu schön,« antwortete Guiche.
Chevalier von Lorraine brach in ein lautes Lachen aus. Der Prinz runzelte die Stirn. »Ich habe recht ungalante Freunde,« sagte er verdrießlich und fuhr fort sich zu schminken. Als er fertig war, betrachtete er sich sehr selbstgefällig im Spiegel. Offenbar war er mit seinem Aussehen sehr zufrieden. »Ich fürchtete schon,« sagte erzu Guiche, »du würdest ohne Abschied reisen. Du hast gewiß noch ein Anliegen vor dem Aufbruch. Um was handelt es sich?« – »Um ein Patent für ein Ehrenfräulein.« – »Ei, Guiche, du bist mir ein sauberer Gönner,« lachte der Prinz. »Wirst du dich denn immer nur für Plaudertaschen bei mir verwenden?« – »Ich bin nicht unmittelbar der Gönner der betreffenden Dame,« antwortete von Guiche. »Ein Freund von mir bewirbt sich in ihrem Namen.« – »So? Wie heißt denn dieser Schützling deines Freundes?« – »Fräulein von Labaume-Leblanc und von Lavallière, bereits Ehrendame bei Ihrer Hoheit der Herzogin-Witwe.« – »O, die hinkt ja,« rief Lorraine dazwischen. – »Was? Sie hinkt?« sagte Philipp. »Madame sollte so etwas vor Augen haben? Das wäre gefährlich für ihre Schwangerschaften.« – Chevalier von Lorraine lachte abermals laut auf. – »Chevalier,« sagte Graf von Guiche, »Sie handeln nicht eben freundlich. Ich
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