Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
komme mit einer Bitte, und Sie verderben es mir.« – »Pardon, Graf!« versetzte Lorraine, betroffen über den Ton, in dem Guiche diese Worte gesprochen hatte. »Ich kann mich ja auch irren. Jedenfalls verwechsle ich diese Dame mit einer andern.« – »Das ist auch in der Tat so,« sagte der Graf. – »Liegt dir denn sehr viel daran, lieber Guiche?« fragte Orléans. – »Sehr viel, gnädigster Prinz.« – »Dann ist es bewilligt – doch nun suche auch kein Patent mehr nach, es ist keine Stelle mehr frei.« – Er unterzeichnete das Papier, das der Graf vor ihn hinlegte.
Draußen eilte Malicorne erfreut auf den Grafen zu und nahm das Patent mit Worten des Dankes in Empfang. Allein er schien noch etwas zu erwarten. – »Geduld, Herr Malicorne,« sagte Guiche. »Der Chevaliervon Lorraine war da, und ich hätte alles verdorben, wenn ich zuviel auf einmal verlangt hätte. Es muß für später bleiben. Schicken Sie mir Manicamp her! Uebrigens, ist es wahr, daß Fräulein von Lavallière hinkt?« – Als er diese Worte sprach, machte hinter ihm ein Pferd mit jähem Ruck halt. Guiche drehte sich um und erblickte Rudolf von Bragelonne, der die letzte Frage gehört hatte, und erblaßte. – »Warum wird hier von Luise gesprochen?« dachte der Vicomte bei sich. »Von Wardes lächelt spöttisch. Er soll sich nicht einfallen lassen, in meiner Gegenwart ein herabwürdigendes Wort über sie zu sagen.«
Ein Zug von Reitern, Wagen und Dienern war Rudolf gefolgt, und die mit flatternden Bändern, Schärpen und Federbüschen reich geschmückte Schar zog jetzt an den Fenstern des jungen Prinzen vorüber. Philipp erschien und wurde mit Jubel begrüßt. Gleich darauf war der Zug am Palais vorüber.
2. Kapitel. Der Empfang
Vier Tage später kam die glänzende Gesellschaft in Havre an. Es war fünf Uhr nachmittags, und man wußte noch nichts Genaues über die Ankunft der englischen Prinzessin. Manicamp aber war da und wartete auf Herrn von Guiche, der eben seine Dienerschaft auf die Suche nach Wohnungen ausschicken wollte, als sein lockerer Freund, ein rechter Hans-Dampf-in-allen-Gassen, zu ihm heranritt mit den Worten: »Gib dir keine Mühe, Guiche. Ich habe bereits ausgekundschaftet, daß sämtlicheHäuser von Havre schon im voraus mit Beschlag belegt sind. Jedes einzelne Zimmer ist vermietet.« – »Alle Wetter! Wer hat sie gemietet?« – »Der Quartiermacher der Prinzessin, Lord Buckingham.« – »Vielleicht zehn, zwölf Häuser,« rief Guiche, »aber Havre hat deren hundert.« – »Und sie sind alle hundert vermietet,« antwortete Manicamp.
Es war Nacht geworden. Am Stadttore und auf dem Marktplatze wimmelte es von Fackeln, Pagen, Lakaien, Stallknechten, Pferden und Kutschen. Das Wasser des Kanals schimmerte rot von dem vielfältigen Fackellicht, und auf der anderen Seite des Hafendamms sah man Matrosen und Einwohner der Stadt, die sich nichts von dem Schauspiel entgehen lassen wollten.
»Was kann Lord Buckingham dazu bewogen haben,« fragte von Guiche, »eine solche Menge von Wohnungen zu mieten?« – Manicamp warf einen Blick auf Bragelonne und von Wardes, die neben Guiche hielten, neigte sich zum Ohre des Grafen und flüsterte: »Die Liebe.« – »Das verstehe ich nicht,« sagte der Graf achselzuckend. – »Man hält es für ausgemacht, Monsieur werde der unglücklichste Ehemann sein.« – »Wie, Herzog von Buckingham–?« – »Dieser Name bringt den Prinzen des Hauses Frankreich Unglück. Buckingham soll wahnsinnig in die junge Prinzessin verliebt sein. Er will nicht dulden, daß jemand anderes als er sich ihr nähere.« – »Ich danke dir, Manicamp,« antwortete Guiche. »Sorge dafür, daß diese Handlungsweise Buckinghams nicht ruchbar wird, während wir fort sind, sonst können vielleicht die Schwerter die Empfangsmusik spielen.« – »Jenun, was kümmert es uns,« meinte Manicamp, »ob es Monsieur ebenso ergehen wird wie dem verstorbenen König?Buckingham-Vater für die Königin, Buckingham-Sohn für die Prinzessin, Gott für uns alle.« – »Still!« rief der Graf.
»Warum still?« fiel von Wardes ein. »Wir haben es gehört. Und es ist eine für die französische Nation sehr ehrenvolle Tatsache. Sind Sie nicht auch dieser Meinung, Graf von Bragelonne?« – »Was soll eine ehrenvolle Tatsache sein?« fragte Rudolf zerstreut. – »Daß die Engländer der Schönheit unserer Königinnen und Prinzessinnen in dieser Weise huldigen,« sagte von Wardes. – »Ich weiß nicht, wovon die Rede ist.«
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