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Die drei Schmiede ihres Schicksals

Die drei Schmiede ihres Schicksals

Titel: Die drei Schmiede ihres Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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aufführen, die unten im Park spazieren gehen, und dir auch die Stelle zeigen, wo sich der liebe Zufall ereignete, der mich mit Evelinen verbunden hat."
    "Lasse mich doch wenigstens aus deinem Munde nicht das Wort Zufall vernehmen", entgegnete Erwin, "es ist, als sei es unmöglich, daß du es solltest aussprechen können."
    "Noch viel mehr", sagte der andere, "ich will dich lehren, daß es einen Zufall gibt, und daß wir nur weise sind, wenn wir ihn beherrschen."
    Mit diesen Worten hatte er den Freund auf den Balkon hinausgeführt. Dort fuhr er fort: "Ja, wenn du nicht gar zu ungelehrig bist, so hoffe ich mit Zuversicht, daß ich bald so glücklich sein werde, bei dir einem gleichen Feste beizuwohnen, wie du heute bei mir."
    "Lasse doch um Himmelswillen die Weiber", sagte Erwin und zuckte ordentlich weg, als hätte ihn schon eine dieser Schlangen bei der Hand.
    Der andere aber fuhr hartnäckig fort. Entweder merkte er die Stimmung des Freundes nicht, oder wollte er sie nicht merken. "Da wäre die zarte Agnes Harrand, die dort neben dem Merkur steht, sie ist die schönste des Landes, und erst siebzehn Jahre alt. Oder jene rot gekleidete schlanke Figur neben der dicken Mutter, das ist die Gräfin Rosalie Steinheim, so gut und schön, wie eine Taube. Siehe da gerade über das Parterre geht eine Schmiedin ihres Schicksals, wie wir es einst waren. Unsere jungen Herren würden lieber ein glühendes Eisen anrühren, als diese Dame, so stolz ist sie. Sie bleibt unvermählt, weil sie keinem Zufalle, das heißt keinem Manne preis gegeben sein will. Es freit auch keiner mehr um sie. Der alte Mann, mit dem sie geht, ist ihr Vater, der Ritter Fargas, mein nächster Nachbar, sie heißt ebenfalls Rosalie, und wenn du reiten lernen willst, so nimm sie zum Stallmeister. Dort auf der Gartenbank sitzen gar drei auf einmal, doch nur die mittlere ist ausgezeichnet, die andern minder, aber jede trägt zwei Rittergüter in der Schürze. Sie sind die Baronessen Kralstein, Bertha, Emilie und Clarinda. Eine heißere Sonnenscheibe, als Emiliens schwarzaugige Blicke, gibt es nicht. Oder betrachte die, welche jetzt von Rosalie Fargas leichthin gegrüßt wird, sie ist viel gefeiert und einige sind über sie verrückt, sie ist die Gräfin Miris, eine einzige Erbin - und dann erst die, die wir nur von der Ferne sehen, oder erst die, so von den Gebüschen gedeckt sind, Johanna, Mathilde, Emerentia, Sibylla, Margaretha, Cajetana, und wie sie heißen mögen. Morgen wirst du sie alle neben alten Papas-, Mamas- und Onkelsgesichtern sitzen sehen, und kannst wählen. Dem Sohne deines Vaters und deinen ungeheuern Wäldern wird keine abgeschlagen. - Doch Scherz bei Seite, Erwin. Morgen wird Eveline kommen, und du wirst die ruhig schöne Tugend sehen aus klaren fleckenlosen, aufrichtigen Augen schauend, und ein solches Gut wünsche ich deinem Herzen, dem festesten und besten dieser Welt."
    Erwin aber bat mit düstern trüben Blicken, daß er ihn mit alle dem verschonen möge, daß man ihm lieber sein Zimmer anweise, und daß man ihm gestatte, für heute dort zurückgezogen bleiben zu dürfen. Wie er es morgen halten wolle, war ihm noch nicht recht klar, nur so viel ungefähr schwebte ihm vor: wenn nur diese Nacht überstanden sei, so werde er morgen bei der Zeremonie sein, und dann sogleich auf dem Wege nach Havre. Verstimmt, mürrisch und durchaus nicht mehr Herr seiner Stimmung, ließ er sich von Leander in das rote Gemach geleiten. Er schrieb alles dem Zufalle zu, dem er sich hingegeben, und dachte, es werde nicht eher gut, als bis er wieder auf der Straße nach Havre sei, niemanden Raum gebend und gehorchend, als sich selbst und seinen Entschlüssen. "Daher kommt alles", dachte er, "daß ich das Ding da nicht gelassen habe, wie es ist, und ruhig meines Weges weiter gegangen bin. Nun habe ich Reue, ein Ding, das früher nie da war, und nun schmiede ich vergebens an meinen Gedanken, daß sie ruhig und ebenmäßig sein sollen, und sie fahren widerspenstig im Kopfe gegen einander." Leander empfahl sich, der andere schloß hinter ihm seine Türe zu, und betrachtete sich trübselig die Behausung, in der er die Nacht zubringen sollte. Er war über sich ärgerlich, daß er nicht ruhig sei, daß so viele fremde Dinge kämen, und deshalb ging er an die Musterung des Zimmers, um sie abzuleiten. Es war nicht anders, als gewöhnliche Zimmer sind, nur da es in einem reichen Schlosse war, war es groß, ein reguläres Viereck und mit einem ungeheuren Kamine versehen, in

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