Die drei Schmiede ihres Schicksals
welchem trotz des nicht kühlen Maiabends ungeschlachte Scheite loderten. Die Fenster gingen gegen Osten,an dem bereits, da die Sonne schon untergegangen, ein riesengroßer blutroter Vollmond stand, und matt durch die Gläser hereinschien. Erwin, dem die Hitze zuwider war, da er stets in ungeheizten Zimmern schlief, öffnete die Flügel des einen Fensters und sah nun, daß es das letzte einer langen Fronte sei, und daß daneben rechtwinklig eine andere noch längere Fronte wegspringe mit unzähligen riesenhaft wegstehenden Dachrinnen, welche große kupferne Rachen aufrissen. Darüber hinaus standen Wirtschaftsgebäude in allen Richtungen verschoben, und über sie blickten die Wipfel des Parkes herein, gegen den Vollmond emporstehend. Da er dieses betrachtet hatte, ging er an den Tisch, nahm sich Brot und Wasser und hielt Abendmahl. Der Braten und Wein blieb unangerührt stehen. Da es indessen ganz finster geworden, zündete er die auf dem Nachttische stehenden Kerzen an und bemerkte, daß ein modernes Buch da liege, welches etwa der Haushofmeister zur Zerstreuung des Gastes hergelegt. Damit keine Kohle auf den Teppich herausfalle, schürte er noch das Feuer in dem Kamine zurück, schob den Holzkorb ein wenig weiter hinweg, dann nahm er alle Dunen und anderes Zeug aus dem Bette bis auf den Strohsack und eine Decke, packte alles auf einen Kasten, dann legte er die Oberkleider ab, versuchte noch einmal die Güte des Türschlosses, da er große Summen im grauen Rock führte, und legte sich endlich auf sein Stroh nieder. Die durch das offene Fenster hereinströmende Mailuft tat ihm sehr wohl, da es ihm von dem unvernünftigen Heizen unerträglich warm schien. Eine Weile las er in dem Buche, es stand von nichts als lauter überschwenglicher Liebe in überschwenglichen Versen darinnen, dann legte er es weg, löschte die Lichter aus und starrte noch eine Zeit in die zusammensinkende Glut des Kamines, die um so düsterer rot war, als daneben das weiße Silber des Mondes in breiten Scheiben auf dem Fußboden lag. Dann mit einem flüchtigen Gedanken an die weiße Frau und mit verwirrten Träumen von Emilie, Emerentia, Cajetana entschlummerte er fest und ruhig.
Wie lange er mochte geschlafen haben, wußte er nicht, aber es durfte schon Mitternacht vorüber sein, da war es ihm, als streife ein eiskalter Hauch über sein Gesicht. - War es nun, daß er über die Sagen des Zimmers doch nicht ganz gleichgültig war, oder war es seine angewohnte Entschlossenheit, er weckte sich aus dem halb träumenden Zustande, in den ihn der Luftzug versetzt hatte, vollends auf, und öffnete seine Augen. Aber wer beschreibt sein Erstaunen, in das er geriet, als er die Veränderung erblickte, die in seinem Zimmer vorgegangen war: im Kamine, wo er nur ein Häufchen verglimmender Kohlen gelassen hatte, loderte nun ein helles Feuer, vor demselben, die Fußsohlen gegen die Wärme haltend, und ihm den Rücken zugekehrt, saß eine Gestalt, über und über mit weißem Zeuge, wie mit Nebelhüllen, angetan, vorne durch das Kaminfeuer blaß rosenrot angeleuchtet, hinten mit bleichen, fast blauen Scheine des Mondes belegt. Er getraute sich keinen Atemzug zu tun, so war er erschrocken. Er glaubte noch zu träumen und redete sich innerlich zu, zu erwachen, aber er antwortete sich, daß er ja wache; denn auf dem Tische stehen die Flaschen, und ganz deutlich die Teller mit den Speisen, da stehen neben ihm die zwei ausgelöschten Kerzen, da liegt das Buch, und dort auf dem Kasten das herausgeräumte Bettzeug, von dem Feuer sanft rot gesäumt - und es ist ja so heller Mondschein, daß man einen Strohhalm auf dem Zimmer liegen sähe. Die Gestalt saß unbeweglich in derselben Stellung dort. "Das ist meine rechte Hand", sagte er sich, "das ist die linke, jetzt rühre ich den Daumen, jetzt den Fuß -" das alles sagte und tat er, um sich zu überzeugen, und um sich von jenem Zustande empor zu raffen, der sich bleischwer und alpartig auf ihn zu legen drohte und seine Sinne zu benebeln begann. Aber es half nichts, das Bild blieb unbeweglich dasselbe, und es war, als scheine der Mond nur immer greller darauf. Erwin war bis an die Wand gerückt, dort drückte er sich an, zog die Decke bis an die Augen, und über seine Glieder ging es fast wie ein Fieberfrost. Er schloß ein um das andere Mal die Augen, aber es half nichts, er mußte sie wieder öffnen, und sie saß immer wieder dort. Einmal nur hatte sie wie traumartig den Arm gehoben und ihn wie einen Bogen über das Haupt
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